Sonntagsgedanken: Der Weg ist das Ziel!

Ein Sommerhaus auf Hiddensee! Ein Freund von mir hat eins geerbt. Beneidenswert!? Weit oben im Norden liegt diese Insel, in der Nachbarschaft von Rügen. Dort gibt es keine Autos, nur Fahrräder und Pferdekutschen. Zwei Minuten sind es vom Haus bis zum Strand. Breite Sanddünen, heller warmer Sand und dazu das Rauschen des Meeres. Wenn man hier eine Bleibe hätte…

Ja dann, dann wäre ich wie mein Freund seit fünf Jahren damit beschäftigt, das Haus zu sanieren. Böden rauszureißen, Elektrik zu erneuern, Toiletten einzubauen, das Reetdach zu reparieren und Holzfenster zu streichen. Das dauert. „Seid Ihr denn irgendwann mal damit fertig?“ frage ich ihn. „Und dann?“ fragt er zurück. „Der Weg ist das Ziel.“ Das sei seine Devise. Das hätte er hier verstanden. So kann er auch mal eine Pause einlegen und die Schönheit der Insel jetzt schon genießen. Das Haus bleibt noch lange eine Baustelle.

Noch knapp fünf Wochen, dann fangen die ersehnten Sommerferien an. Die Zeit davor gilt vielen als Endspurt. Die letzten Klassenarbeiten werden geschrieben, Prüfungen werden abgelegt und Arbeitstermine häufen sich. Festivals und Feiern sind endlich wieder möglich. Es sind viele schöne Dinge dabei. Die Fülle ist wunderbar. Und doch ertappe ich mich bei dem bei dem Gedanken: „Durchhalten. Ein Ende ist in Sicht“. Ich kenne einige Leute, die die Tage und Wochen vor dem Urlaub im Turbomodus arbeiten, um dann völlig erschöpft und mit hängender Zunge in die freien Tage starten. Und dann, wenn das Ziel erreicht ist? Manche werden krank. Andere kommen mit dem „Nichtstun“ nicht klar.

In der Bibel wird am Anfang erzählt, wie Gott den Menschen einen heilsamen Rhythmus ans Herz legt. Tag und Nacht, Arbeit und Ruhe soll es geben. Dass in diesen Rhythmen, die uns tief in den Körper eingeschrieben sind, große göttliche Weisheit liegt, weiß ich. Nichts gegen eine begrenzte Zeit mit mehr Arbeit oder ein paar laue Sommernächte, in denen es mit Freund*innen spät wird. Aber Maß zu halten und auf meine Kräfte zu achten – das ist ein gutes Ziel. Ich glaube, Gott ist mit mir auch zufrieden, wenn manche Baustellen vor dem Sommerurlaub nicht fertig werden.

Pfarrerin Annett Comtesse

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