Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Bätzing,
sehr irritiert war ich von einer Nachricht, die gestern von katholisch.de verbreitet wurde. Weniger von dem, was in Ihrem Bistum passiert ist, vielmehr von dem, wie sich Bischof Dr. Fürst zu den Nachrichten über die Beförderung eines übergriffigen Priesters in Ihrem Bistum positioniert hat. „Ich würde in meiner Diözese so etwas niemals tun“ – das hört sich nach völlig weißer Weste an.
Diese kann ich im nunmehr 22–jährigen Wirken von Dr. Fürst als Bischof in Rottenburg–Stuttgart nicht erkennen:
• 2004 hat er einen beschuldigten Pfarrer ins Ausland versetzt (vermutlich ohne Wissen um die Beschuldigungen auf Seiten der Pfarrei und der DBK),
• 2005 hat sich der Priester zum sexuellen Missbrauch schuldig bekannt und wurde
• 2007 in eine andere ausländische Pfarrei versetzt (sicher ohne Wissen der DBK um sein Tätersein und vermutlich ohne Wissen der Pfarrei),
• 2009 in eine Pfarrstelle in der Diözese eingesetzt (auch hier ohne die Gemeinde über das Tätersein zu informieren),
• um ihn dann 2010 zu suspendieren.
Die Vorsitzende der Kommission sexueller Missbrauch in der Diözese Rottenburg–Stuttgart, Frau Dr. Monika Stolz, sprach davon, dass „man“ heute so nicht mehr handeln würde.
• Ebenfalls 2010 wurde ein mit dem Täter befreundeter Pfarrer suspendiert, der zusammen mit dem oben genannten Pfarrer in den späten 80–er Jahren den Missbrauch begangen hatte. Er wurde beschuldigt, später gemeinsam und immer wieder mit einem Jungen im pfarrlichen Schlafzimmer übernachtet zu haben.
Der damalige Vorermittler sprach davon, dass die Diözese „geschlafen“ hätte. Dies könnte man auch mit „weggesehen“ übersetzen. Soweit zur Vergangenheit.
Aktuell versucht Ihr Mitbruder, eine Aufarbeitung dieser und aller anderen Fälle mit einer gezielten Besetzungspolitik zu behindern:
• Drei der sieben Mitglieder der Aufarbeitungskommission sind in kirchlicher Anstellung,
• ein Mitglied in großer Nähe zum Bischof,
• zwei Mitglieder sind in der Kommission sexueller Missbrauch tätig und müssen damit das eigene Wirken und das der Vorgänger:innen aufklären,
• ein Betroffenenrat wurde jetzt „bestimmt“, es gab keine öffentliche Ausschreibung,
• Bischof Dr. Fürst hat die Akteneinsicht an die persönliche Zustimmung gekoppelt.
Sehr geehrter Herr Bischof,
ich weiß zu wenig um die Vorgänge in Limburg, als dass ich mir ein Bild machen könnte. Ich bitte Sie aber dringend, wirklich konsequent Ihr eigenes Tun zu hinterfragen. Nur so können wir wieder ein wenig Vertrauen zurückgewinnen. Die Betroffenen sind mittlerweile „waidwund“, was eine mögliche neue Verschleierung betrifft.
Und noch eine Bitte: sprechen Sie Ihren Mitbruder Gebhard an, dass auch er in sich geht und seine Entscheidungen von damals und heute reflektiert.
Vielleicht bekommen Sie auch Frau Stetter–Karp mit ins Boot, die oft Vorgänge in anderen Diözesen kommentiert aber die eigene Diözese außen vorlässt.
Wissend, dass wir um ein Gemeinsames ringen, grüße ich Sie herzlich
Karlheinz Heiss,
Vorsitzender des Familienbundes der Diözese Rottenburg–Stuttgart
stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Baden–Württemberg des Familienbundes der Katholiken
Der Diözesanverband des Familienbundes setzt sich seit Jahren mit dem Thema sexueller Missbrauch auseinander. Er war Impulsgeber für den Würzburger Appell des Familienbundes. Insbesondere die Folgen für die Familien von Betroffenen stehen im Fokus der Beschäftigung mit dem Thema sexueller Missbrauch und Gewalterfahrungen in der Diözese Rottenburg–Stuttgart.
PM Familienbund der Diözese Rottenburg-Stuttgart