Derzeit werden unsere innergesellschaftlichen und zuweilen innerfamiliären Debatten schärfer und unversöhnlicher. Leider stilisieren auch die orthodoxen Kirchenführer in Russland wie in der Ukraine diesen Krieg zum Kampf „Gut gegen Böse“ hoch, mit jeweils umgekehrten Vorzeichen. Christen ermorden Christen im Namen Gottes.
Wie wäre es, wenn man die friedensethischen Fragen, vor die wir gestellt sind, gemeinsam mit den ukrainischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren entwickelt, die auf internationale Unterstützung hoffen und in ihrer Erklärung schreiben: „Die Ukrainische Pazifistische Bewegung verurteilt alle militärischen Aktionen auf Seiten Russlands und der Ukraine im Rahmen des aktuellen Konflikts. Wir verurteilen die militärische Mobilisierung und Eskalation innerhalb und außerhalb der Ukraine, einschließlich der Androhung eines Atomkrieges. Wir fordern die Führungen beider Staaten und die militärischen Kräfte auf, einen Schritt zurückzutreten und sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Frieden in der Ukraine und in der ganzen Welt kann nur auf gewaltfreiem Wege erreicht werden. Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Deshalb sind wir entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und uns für die Beseitigung aller Kriegsursachen einzusetzen.“
Hafenarbeiter in Italien haben dies gehört und weigern sich, Schiffe mit Waffen für die Ukraine zu beladen. Der 1. Mai ist auch der historische Tag der ArbeiterInnen-Bewegung, dieses Jahr steht er unter dem Motto „GeMAInsam Zukunft gestalten“. Eine Zukunft, die wir alle gerne erleben lässt sich nur gestalten, wenn „Gerechtigkeit und Friede sich küssen“, wie es Psalm 85 formuliert. Jesus hat uns gelehrt, auch unsere Feinde zu „lieben“, auch in ihnen Menschen und Geschöpfe Gottes zu sehen, ihre Geschichte, Erfahrungen und Bedürfnisse wahrzunehmen wie unsere eigenen. Der Weg zu Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit erfordert Mut und manchmal, „einen Schritt zurückzutreten“.
Pfr. Reinhard Hauff, Heiningen