Die Geschichte der Heiligenverehrung begann mit der Märtyrerverehrung, deren frühestes Zeugnis das Martyrium des Bischofs Polycarp um 160 ist. Seit dieser Zeit gab und gibt es Menschen, die durch ihr Lebenszeugnis aus dem Alltag herausragen und die Glückseligpreisungen Jesu, wie sie in der Bergpredigt beschrieben sind, im Alltag leben. Ihr Todestag wurde zum Gedenktag.
Nun sind im Laufe der Zeit so viele Menschen zu Heiligen erklärt worden, so dass nicht jeder Heilige seinen Gedenktag hat und deshalb durch Papst Gregor III. (731-741) der 1. November in Rom als Gedenktag für alle Heiligen bestimmt wurde: „Allerheiligen“. Was verstehen wir heute unter einem Heiligen? „Heilig“ ist „heil werden“ und bedeutet Teil einer ganzheitlichen Schöpfung zu sein. Dazu gehört eben auch der Mensch. Diese Ganzheit besteht aus Geist und Materie, aus Licht und Dunkel, aus Gut und Böse. Das trifft auf die gesamte Menschheit zu; auch auf die Heiligen mit ihren guten und verwerflichen Eigenschaften. All der vielen Frauen und Männer, deren wir heute gedenken, einschließlich der Namenlosen, die Gott bei ihrem Namen ruft – Jes 45: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst zu mir“ – haben sich bemüht den Weisungen der Bergpredigt zumindest ansatzweise gerecht zu werden. Wenn wir davon ausgehen, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind, dann wird es möglich sein, das Heilige in uns und bei anderen wahr zu nehmen. Salopp gesagt mit einem Wort aus der Wirtschaft: der Umgang miteinander würde daraus „profitieren“. Das „Heilige“ im Alltag suchen und finden erfordert Offensein für Positives, ein Bereitsein für das Annehmen von Beispielhaftem, das zum Nachahmen anregt. Es braucht Wagemut, um davon zu erzählen und ganz viel Kreativität, um dem Guten, das täglich geschieht, auch eine Plattform zu geben.
Für viele von uns gehören der Allerheiligentag und der Besuch der Gräber unserer Verstorbenen zusammen. Wir wollen die Erinnerung an sie wachhalten und ehren sie durch das schmücken der Gräber. Was habe ich mit meinen Eltern, Geschwistern, Partnern und Großeltern erlebt. Da kommen die kleinen Erlebnisse wieder hoch, die uns lächeln lassen. Momente der Geborgenheit kommen wieder hoch, die wir mit ihnen erlebt haben. Für uns waren sie große und wertvolle Menschen. Wir sollten die Tradition weitertragen, damit unsere Nachfahren auch die Möglichkeit haben über uns zu sagen: „sie bzw. er war für mich ein wertvoller Mensch.“
Diakon Uwe Bähr, Bruder Klaus Jebenhausen.