Sonntagsgedanken: Goldener Herbst

Goldener Herbst und spätsommerliche Tage lassen erahnen, dass bald die vermeintlich dunkle und kalte Jahreszeit beginnt. Jeder Sonnenstrahl, der wärmt, lässt den Energie- und Vitaminspeicher auffüllen und die Menschen zehren im Winter davon. Es gibt ein wunderbares Bilderbuch für Kinder über die Maus „Frederick“ von Leo Lionni. Darin heißt es, dass im Herbst die Mäuse emsig und geschäftig Vorräte für den Winter sammeln. Die Maus Frederik aber sammelt mit seinen Gedanken und in seinen Träumen mit seinem vermeintlichen Nichtstun die Sonnenstrahlen und Farben als Vorrat  für die tristen Wintertage.

Für viele Menschen ist der Herbst die wohl schönste Jahreszeit. In Nordamerika und Kanada auch „Indian Summer“ genannt, erstrahlen die Farben der Natur intensiver und leuchtender als sonst.

Wer den Herbst bewusst erlebt und wahrnimmt, erfährt, wie sich die Natur zurückzieht, die Bäume kahl, die Tage kürzer werden und eine Zeit des Übergangs beginnt. Es geht nicht um Aufbruch, sondern um Abschied, nicht um Wachstum, sondern um Weniger.

So unterschiedlich wie die Jahreszeiten, so unterschiedlich sind auch die Menschen und jede und jeder erlebt es unterschiedlich. Der Herbst ist die vorletzte Jahreszeit im Kalenderjahr und so bezeichnet man ab einem gewissen Alter auch die vorangeschrittenen Lebensjahre als den Herbst des Lebens. Herbst heißt also auch, Veränderungen und Wandel anzunehmen, und sich in den Kreislauf der Natur einzufügen. Vielleicht nicht immer nur 150 Prozent Leistung bringen zu müssen, sondern die Balance finden. Vielleicht nicht unbedingt nur dem Trend „Jung und Schön“ nachzueifern, sondern auch Einschränkungen annehmen können. Die Schöpfung hat den Wechsel der Jahreszeiten klug eingefädelt, die Natur lebt vom ständigen Wechsel, voneinander profitierend und aufeinander aufbauend. Und genau das braucht der Mensch auch. Das Leben ist ebenso wie die Natur im ständigen Rhythmus des Wechsels. Die Natur lebt aber auch vor, wie beständig und verlässlich der Rhythmus der Natur ist und das gibt Gewissheit und Sicherheit. Auch Glaube und Religion leben von Beständigkeit und der wiederkehrenden Gewissheit und können Halt und Vertrauen geben. Gott verlässt die Menschen nicht, er gibt in Jesaja 46,4 folgende Zusage: „Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen so alt ihr auch werdet. Ich habe es getan, ich will heben und tragen und erretten.“

Wenn aber die goldenen Herbsttage geprägt sind vom Herbstnebel und den Herbststürmen des Lebens, so durchbricht jeder Sonnenstrahl die grauen  Wolken aus Klage und Sorge mit der Aussage aus Psalm 145,17: „Der Herr ist gerecht in all seinen Wegen und gnädig in all seinen Werken.“

Sabine Waldinger-Röhrle
Dekanatsbeauftragte Schulpastoral

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