Sonntagsgedanken: Die neue Einsamkeit

Kürzlich ist ein Buch erschienen, das mir sehr zu denken gegeben hat. Es heißt „Die neue Einsamkeit“ von Diana Kinnert. Sie beschreibt in ihrem Buch, dass eine neue Einsamkeit immer weiter um sich greift. Unsere Gesellschaft fordert Konsum statt Intimität, Flexibilität statt Verbindlichkeit, immer mehr Gewinn statt Stabilität.

Zudem bröckeln mit der Digitalisierung unsere altbekannten Formen des Zusammenseins, die Alten bleiben zurück, die Jungen hetzen in eine entwurzelte Zukunft. Diese neue Unverbundenheit führt zu Einsamkeit. Sie ist das große Thema unserer Zeit, so stellt Kinnert fest. Allein in Deutschland sagen 14 Millionen Menschen, dass sie sich einsam fühlen. Und spätestens seit Corona ist soziale Einsamkeit ein großes Problem. Ich habe Menschen in der Gemeinde beerdigt, die an den Folgen von Einsamkeit gestorben sind. Einsamkeit führt immer wieder zu großer Trübsal. Experten sprechen bereits von einer Epidemie, und das weltweit. Diana Kinnerts Buch „Die neue Einsamkeit“ ist ein dringender Weckruf, darüber nachzudenken, ob unsere Gesellschaft dem Menschen, der doch Nähe und Gemeinschaft braucht, noch gerecht wird.

Zum Thema „Einsamkeit“ fällt mir immer die Aussage eines lieben ehemaligen Gemeindeglieds ein, die zu mir gesagt hat: „Ich bin zwar viel allein aber nie einsam.“ Sie meinte natürlich: Ich bin zwar viel allein, auf mich gestellt, aber Christus ist doch bei mir als „guter Hirte“. Er schenkt mir die Gewissheit, dass er mir nahe ist, auch wenn ich keinen Menschen um mich habe. Ich denke, das zu wissen und für sich in Anspruch zu nehmen, ist die Grundlage dafür, dass die Einsamkeit überwunden werden kann.

Manch einer wird vielleicht sagen: Das hilft mir wenig! An dem Umstand, dass ich allein bin, dass kein Mensch sich um mich kümmert, ändert sich doch dadurch erst mal gar nichts. Brauchen wir nicht alle einfach Menschen um uns herum, denen wir wichtig sind? Das ist sicherlich so! Um aber aus der Falle der menschlichen Isolation herauszukommen, ist es nötig, dass wir als Grundlage für unser Leben das Vertrauen haben nicht verloren und allein zu sein und das kann uns Christus schenken, der uns zusagt: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage!“.

Diana Kinnert meint, um der Epidemie der Einsamkeit zu begegnen, braucht es eine „Armee der Fühlenden“, mit anderen Worten, es braucht Menschen, die ein Herz für andere haben. Aber ich frage mich, wo soll diese „Armee“ herkommen, wenn wir nicht selber zu „Fühlenden“ werden, inspiriert und bestärkt durch den, der uns immer beisteht.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie für sich erkennen, dass Sie nie einsam sind und den Mut, auf andere zuzugehen,

Tobias Schart, ev. Pfarrer in Bad Boll

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