Darf man während des Betens Hände waschen? Sie werden sagen, das hat doch nacheinander Zeit. Darf man während des Betens rauchen? Über diese Frage gerieten zwei Mönche in Streit. Beide gingen zum Abt und fragten nach. Nach dem Gespräch trafen sich die beiden wieder. Der eine schaute vertieft in sein Gebetbuch, der andere fröhlich rauchend, nachsinnend den gelesen Gebetsworten. Für den einen wurde das Verbot bestätigt und für den anderen die Erlaubnis. Wie kann das gehen, fragten sich die beide. Fröhlich entgegnete der eine dem anderen und sagte: Ich habe gefragt, ob man während des Rauchens auch beten dürfe.
Darf man während des Händewaschens beten? Ich mache das seit Corona so, weil richtiges Händewaschen 20-30 Sekunden in Anspruch nimmt und das Sprechen des Vaterunsers gleich lange dauert. Manchmal hänge ich meinen Gedanken nach. Ich bleibe hängen an der einen oder andern Vaterunser-Bitte, wie z.B. „Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld …“
Für Martin Luther gehörte zum „täglichen Brot“ alles, was „nottut für Leib und Leben, also Essen, Trinken, Kleider, Schuhe, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen“. Auch wenn manche dieser Worte sich altertümlich anhören, so machen sie deutlich, dass tägliches Brot allumfassend zu denken ist. Ist es da nicht logisch und konsequent, wenn die Vergebung der Schuld in einem Atemzug mit dem täglichen Brot genannt wird?
Fast täglich ertappe ich mich bei kleinen „Unzulänglichkeiten“. Mal bin ich nachlässig, mal oberflächlich. Mal hätte ich etwas tun müssen oder eher lassen. Mal will ich mit dem Kopf durch die Wand. Mal denke ich: „nach mir die Sintflut.“ In diesen Dingen bin ich auf Vergebung angewiesen, darauf dass Gott und meine Mitmenschen mir einen unbeschwerten Neuanfang ermöglichen. Ist Vergebung der Schuld nicht auch ein Stück tägliches Brot?
Darf man während des Händewaschens beten? – Unbedingt! Dann wird das Händewaschen sogar noch wertvoller.
Diakon, Christoph Alber, Evangelische Kirche