Die bestehenden Biogasanlagen können den Bau neuer Gaskraftwerke überflüssig machen. Das spart Zeit und Geld, bringt Wertschöpfung in die Regionen, Wärme in die Kommunen und ist zudem noch klimafreundlich. Dennoch sucht man das Wort „Biogas“ in der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung vergeblich.
Die Zukunft der Biogasnutzung in Deutschland entscheide sich jetzt. Mit diesen deutlichen Worten beschreibt der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, die Situation seiner Branche im Rahmen der heutigen Pressekonferenz.
Die Kraftwerksstrategie (KWS), die Nationale Biomassestrategie (NaBiS) und vor allem die nächste Biomasse-Ausschreibung stellen die Weichen für den Fortbestand des Biogasanlagen-Parks. Noch gibt es knapp 10.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 6 Gigawatt, die pro Jahr über 33 Terawattstunden Strom erzeugen – was ca. 6 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland entspricht – und die gleiche Menge an Wärme, die v.a. im ländlichen Raum genutzt wird. Doch für hunderte Anlagen endet der EEG-Vergütungszeitraum in den nächsten Jahren – und die Ausschreibungsrunden für eine Anschlussvergütung waren zuletzt dreifach überzeichnet.
„Die Betreiber wollen, wenn man sie lässt“, weiß Horst Seide. Eine Verdopplung der aktuellen Leistung von 6 auf 12 GW bis 2030 wäre problemlos möglich. Das würde den Bau neuer Gaskraftwerke überflüssig machen. „Und das bedeutet nicht, dass wir mehr Biogas erzeugen und dafür mehr Biomasse einsetzen, sondern dass wir zusätzliche Blockheizkraftwerke aufstellen und damit nur dann Strom produzieren, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht“, betont der Präsident. Diesen Unterschied zwischen Leistung und Arbeit habe auch die Bundesregierung noch nicht ganz durchdrungen, vermutet er, denn das Wort „Biogas“ komme in der KWS nicht vor.
Er fordert daher aus dem politischen Berlin ein klares Signal pro Biogas – denn es sei für niemanden nachvollziehbar, warum ein funktionierender, mit erneuerbarer Energie betriebener Kraftwerkspark zurückgebaut wird und zugleich Milliarden für neue, mit fossilem Gas betriebene Kraftwerke ausgegeben werden. Das sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.
Um das vorhandene Potenzial zu nutzen, müsse das Ausschreibungsvolumens auf 900 MW pro Ausschreibungsrunde und der Flexzuschlag auf 120,- Euro pro kW und Jahr angehoben werden. Das sei immer noch erheblich günstiger als der Bau neuer Kraftwerke, versichert Seide. Bis 2040 ließe sich die Biogas-Leistung sogar auf 24 GW erhöhen.
„Wenn der bestehende Anlagenpark erst einmal stillgelegt ist, lässt er sich später nicht mehr reaktivieren“, mahnt auch Christoph Spurk, Vizepräsident des Fachverbandes und Geschäftsführer eines großen deutschen Biogasanlagen-Herstellers. Es gehe darum, gut funktionierende Anlagen und das über 20 Jahre aufgebaute Know-How der Betreiber zu erhalten und weiterzuentwickeln. „Wir müssen jetzt die nächsten Schritte gehen, die Erneuerbaren in allen Sektoren miteinander verzahnen, alle Technologien optimal einsetzen“, fordert Spurk.
Man dürfe bei Biogas nicht die gleichen Fehler machen wie damals mit der Solar- und Windbranche und die deutsche Marktführerschaft auch hier verspielen. „Noch können die heimischen Unternehmen die Weiterentwicklung der Biogasnutzung umsetzen“, verspricht Spurk. Noch gebe es motivierte Arbeitskräfte in der Branche, die das notwendige Biogas Know-how haben. Aber man brauche jetzt klare Signale und eine verlässliche Perspektive, auf deren Basis die Betreiber den Weiterbetrieb ihrer Anlagen kalkulieren und letztlich auch Kredite dafür erhalten können.
„Energiewirtschaftlich macht es absolut keinen Sinn, bestehende dezentrale Kraftwerke stillzulegen und dafür neue zu bauen“, bestätigt Christoph Spurk die Aussagen von Präsident Horst Seide
PM Fachverband BIOGAS e.V.