Nachdem in der ersten Verhandlungsrunde Im Sozial- und Erziehungsdienst am 25. Februar in Potsdam in den zentralen Punkten und insbesondere beim Thema Entlastung kein Entgegenkommen der Arbeitgeber erkennbar war, hat ver.di in Baden-Württemberg am heutigen Equal Pay Day zu ersten Warnstreiks aufgerufen.
Gestreikt wird heute in und um Geislingen, Esslingen, Offenburg und Lörrach. Insgesamt haben über 600 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, zahlreiche Kitas blieben heute in den betroffenen Städten geschlossen oder hatten nur eine Notbetreuung. Der erste Höhepunkt der Warnstreiks in dieser Tarifrunde ist bundesweit für den morgigen Frauentag geplant. In Baden-Württemberg ist der Schwerpunkt am Dienstag in Mannheim, wo auf einer Kundgebung auch die stellvertretende ver.di Vorsitzende Christine Behle sprechen wird, sowie in Stuttgart. Gestreikt wird morgen auch in Heilbronn, Crailsheim, Freiburg, Singen, Reutlingen, Tübingen und Karlsruhe. An vielen Orten wird am 8. März gemeinsam mit Frauen-Organisationen und feministischen Gruppen, aber auch mit anderen Unterstützer*innen demonstriert. ver.di will an den beiden Tagen ein starkes Signal an die Arbeitgeber und an Politik und Gesellschaft richten, dass es in dieser Runde auch um die Aufwertung von immer noch typischen „Frauenberufen“ geht: rund 90 Prozent der Beschäftigten sind weiblich. Wo Kitas geschlossen sind, wurden die Eltern über die Einrichtungen informiert. Der heutige Equal Pay Day markiert den Tag, bis zu dem Frauen 2022 „umsonst“ arbeiten müssen, weil sie weniger verdienen als Männer. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts liegt die deutsche Lohnlücke nun bei 18 Prozent. Rechnet man den Prozentwert in Tage um, arbeiten Frauen 66 Tage, vom 1. Januar bis zum 7. März 2022, umsonst. ver.di weist daraufhin, dass die schlechtere Bezahlung in den sozialen Berufen den Fachkräftemangel in den Einrichtungen verschärft. Leidtragende sind damit neben den Beschäftigten in der Folge auch wieder insbesondere Mütter, weil durch unbesetzte Stellen die Betreuungsangebote reduziert werden müssen und damit eigene Erwerbstätigkeit wieder schwieriger wird. Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Bis zum heutigen 7. März arbeiten Frauen im Vergleich zu Männern in Deutschland umsonst. Damit sich das ändert, streiken wir heute am Equal Pay Day und vor allem morgen am Frauentag für eine Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst. Denn in Kitas, Schulkindbetreuung, sozialen Diensten und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen arbeiten zu 90 Prozent Frauen. Wir streiken jetzt, weil wir noch erleben wollen, dass der Equal Pay Day in der Silvesternacht gemeinsam von allen gefeiert werden kann.“
Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen gehören zwar zum TVöD, die Eingruppierungsregelungen sowie weiterer Regelungen etwa zum Gesundheitsschutz sind in einem eigenen Tarifvertrag vereinbart, der erstmals 2009 und dann erneut 2015 verhandelt wurde. Bereits 2020 sollte die dritte Runde stattfinden, diese wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Für ver.di stehen in der Verhandlungsrunde drei Schwerpunkte im Vordergrund. Dazu gehören die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und die finanzielle Anerkennung der Arbeit. ver.di und die VKA verhandeln für rund 330.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen. Von den Verhandlungen betroffen sind aber auch zahlreiche Beschäftigte bei anderen Trägern, die die Verhandlungsergebnisse übernehmen. Hinweis Die nächste Verhandlungsrunde findet am 21. und 22. März 2022 ebenfalls in Potsdam statt. Direkt von den Verhandlungen betroffen sind in Baden-Württemberg die kommunal Beschäftigten pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, in der Schulkindbetreuung, in der Sozialarbeit und der Behindertenhilfe. Alleine in der frühkindlichen Bildung sind damit rund 45.000 Beschäftigte in Baden-Württemberg direkt in kommunalen Einrichtungen betroffen, knapp 60.000 Beschäftigte sind bei Kitas von freien Trägern direkt oder indirekt berührt. Zusammen betreuen sie 473.000 Kinder. Darüber hinaus sind direkt oder indirekt im Land weitere 32.000 Beschäftigte in sozialen Diensten und Einrichtungen von den Verhandlungen betroffen.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg