Über 800 Busfahrerinnen und Busfahrer aus 20 Unternehmen haben heute an einem landesweiten Streiktag ihre Arbeit ganztägig niedergelegt. In den meisten der bestreikten Betriebe findet heute deshalb gar keine Fahrgastbeförderung statt. An der zentralen Demonstration in Stuttgart nehmen zur Stunde rund 500 Streikende teil.
Bei der Abschlusskundgebung vor dem Finanzministerium im Neuen Schloss wurden auch Politik und Landesregierung aufgefordert, den ÖPNV so auskömmlich zu finanzieren, dass anständige Arbeitsbedingungen möglich sind. Am Dienstag werden die Verhandlungen in Sindelfingen in dann elfter Runde ab neun Uhr fortgesetzt. Hanna Binder, ver.di Verhandlungsführerin: „Die Arbeitgeber sollten das heutige Signal ernst nehmen: Die Busfahrerinnen und Busfahrer sind bereit, weiter für eine Bezahlung ihrer Schichtzeiten zu kämpfen Aber sie sind auch bereit, zu einem Abschluss zu anständigen Bedingungen. Dafür müssen die Arbeitgeber morgen endlich liefern.“
ver.di hatte sich letzte Woche auch mit einem Brandbrief an Ministerpräsident Kretschmann gewandt, der heute bei der Kundgebung an den grünen Landtagsabgeordneten Joukov-Schwelling übergeben wurde. Joukov-Schwelling sowie der CDU-Abgeordnete Hailfinger und der SPD-Abgeordnete Röderer unterstützten auf der Kundgebung die Forderung der Fahrer*innen und Fahrer nach einer besseren Bezahlung der Standzeiten. Die Gewerkschaft bedauert, dass der WBO nicht einmal diesen Appell an die Politik mittragen wollte. „Die Mobilitätswende gelingt nur mit guten Bedingungen im ÖPNV. Sie darf nicht länger durch Lohnabzug für Standzeiten finanziert werden“, so Binder.
In Sindelfingen trafen ver.di und die Arbeitgeber (WBO) am 29. Oktober zum zehnten Mal seit April zu Verhandlungen getroffen. Zentraler Streitpunkt ist noch die Bezahlung der Standzeiten, die übrigen Punkte wie zum Beispiel Zuschläge sind bereits geeint. Vom 22. Oktober bis zur zehnten Runde hatte ver.di in den Streikbetrieben immer wieder zu kurzen und unangekündigten Arbeitsniederlegungen aufgerufen, um den Druck auf die Arbeitgeber aufrecht zu erhalten. Vor diesen kurzen Arbeitsniederlegungen hatten sich bereits über 800 Beschäftigte vom 13. bis 15. September, zumeist Fahrerinnen und Fahrer aus rund zwanzig Betrieben, an dreitägigen Arbeitsniederlegungen beteiligt. Betroffen waren unter anderem die Stadtverkehre in Schwäbisch Hall, in Reutlingen, Göppingen, Heidenheim, Waiblingen, Ludwigsburg, Backnang, Bietigheim-Bissingen und teilweise in Karlsruhe, Geislingen, Böblingen und Plochingen. Außerdem der Stadtverkehr in Tübingen sowie auch der Überlandverkehr im Großraum Stuttgart, im Großraum Karlsruhe, im Raum Schwäbisch Hall und im Raum Reutlingen/Tübingen. Dazwischen hatten noch zwei weitere Verhandlungsrunden stattgefunden, in denen in den anderen Punkten wichtige Einigungen erreicht wurden. In dieser Zeit hatte ver.di als Zeichen des Einigungswillens auf Arbeitsniederlegungen verzichtet.
Weitere Informationen: In den Manteltarifverhandlungen für das private Omnibusgewerbe zwischen ver.di und dem Arbeitgeberverband von Baden-Württemberg WBO fanden bisher zehn Verhandlungsrunden seit April 2021 statt. ver.di fordert unter anderem eine Pausenregelung nach dem Arbeitszeitgesetz, eine Vereinheitlichung der Sonntags- und Nachtzuschläge auf höherem Niveau sowie die Aufnahme von Verhandlungen für eine betriebliche Altersvorsorge. Nachdem die Arbeitgeber in der dritten Runde kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt hatten und weiterhin auf einer Absenkung der Jahressonderzahlung beharren, hatte die Tarifkommission beschlossen, zu ersten Warnstreiks aufzurufen. Nach der vierten Verhandlungsrunde fanden begleitend zur Urabstimmung weitere Warnstreiks statt. Bei der Urabstimmung Anfang Juli hatten sich 97,9 Prozent der zur Abstimmung aufgerufenen Mitglieder für Arbeitskampfmaßnahmen zur Durchsetzung der Forderungen ausgesprochen. Damit war seitdem der Weg auch für längere und unbefristete Arbeitsniederlegungen grundsätzlich frei. Fahrer*innen müssen in etlichen Betrieben 3 bis 4 oder mehr Stunden Pause pro Schicht nehmen. Die Schichten sind bisweilen sogar länger als zehn oder gar zwölf Stunden. ver.di erwartet, dass die Rechtsprechung von 2016 endlich in den Betrieben umgesetzt wird, nach der mehr als eine Stunde unbezahlter Pausenzeit innerhalb einer Schicht regelmäßig unzulässig ist. Betroffen sind von den Verhandlungen rund 9.000 Fahrerinnen und Fahrer der privaten Omnibusunternehmen in ganz Baden-Württemberg. Weitere Infos zur Tarifrunde: https://bawue.verdi.de/++file++60c6ebdbac443e6ac37b5f16/download/Pressereader%20Tarifrunde%20Privates%20Omnibusgewerbe.pdf
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg