Alles wie immer – nur anders: Bildungswege in der Agrarwirtschaft unter Corona-Bedingungen

Verlängert sich durch das Coronavirus meine Ausbildung? Was tun, wenn meine Abschlussprüfung verschoben wird? Welche Folgen hat das Virus für mich als Schüler und Studierender? Wie wird der Unterrichtsbetrieb organisiert?

Diese und viele weitere Fragen beschäftigen seit Anfang 2020 die Auszubildenden in den landwirtschaftlichen Berufen und die Studierenden der Fachschulen für Landwirtschaft. Die Corona-Pandemie hat die Aus- und Weiterbildung in den sogenannten „Grünen Berufen“ vor große Herausforderungen gestellt. Prüfungen mussten abgesagt und umfangreiche Hygienekonzepte zur Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebs erarbeitet werden. An einigen Fachschulen wurde der Präsenz-Unterricht reduziert und mit Online-Unterricht kombiniert oder sogar ganz auf den Präsenz-Unterricht verzichtet. Auch mussten die Anmeldezahlen für den neuen Schuljahrgang gesenkt werden. „Die Situation verlangte und verlangt weiterhin von allen Beteiligten ein hohes Maß an Organisationsgeschick und Flexibilität, um Ausbildung und Abschlussprüfungen in den „Grünen Berufen“ im Krisenmodus zu meistern“, sagte Regierungspräsident Wolfgang Reimer.

Das Regierungspräsidium ist nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) zuständig für die Berufsausbildung in den 14 „Grünen Berufen“. Die Ausbildung beträgt in der Regel drei Jahre und erfolgt im dualen System, das heißt, im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule. Inhalte, die nicht durch den Ausbildungsbetrieb vermittelt werden können, werden in überbetrieblichen Ausbildungsstätten ergänzt. In diesem Jahr mussten die überbetrieblichen Ausbildungen aufgrund der besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen allerdings deutlich reduziert werden.

Zahlenmäßige Schwerpunkte in der beruflichen Bildung, für welche das Regierungspräsidium Stuttgart verantwortlich ist, sind die Ausbildungsberufe Gärtner/in und Landwirt/in. Etwa 720 junge Menschen werden derzeit in Gartenbaubetrieben, 283 in landwirtschaftlichen Betrieben und 72 in Winzerbetrieben ausgebildet. Erfreulicherweise entscheiden sich immer mehr junge Menschen auch ohne einen eigenen landwirtschaftlichen oder weinbaulichen Betrieb für eine Ausbildung zum Landwirt beziehungsweise zum Winzer.

Im Anschluss an die qualifizierte Berufsausbildung in einem Agrarberuf gibt es vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten durch Fachschulen, Meisterfortbildung oder ein Studium. Wie die Berufsausbildung liegt auch die Fort- und Weiterbildung der „Grünen Berufe“ im Zuständigkeitsbereich der Regierungspräsidien. Die Fachschule ist dabei eine wesentliche Säule der beruflichen Weiterbildung. Zurzeit besuchen 506 Schüler/innen die Fachschulen für Landwirtschaft, Gartenbau, Wein- und Obstbau sowie für Hauswirtschaft. Es werden zwei Bildungsgänge unterschieden:

Die 1-jährigen Fachschulen in den Fachrichtungen Landwirtschaft, Hauswirtschaft, Obstbau und Obstveredlung, Weinbau und Oenologie, Garten- und Landschaftsbau. Hier werden die künftigen Unternehmerinnen und Unternehmer entsprechend neuesten Erkenntnissen bedarfsgerecht ausgebildet. Sie vermitteln vertiefte berufliche Fachqualifikationen und bereiten auf eine verantwortliche Berufstätigkeit und die Meisterprüfung vor. 2020 haben im Regierungsbezirk Stuttgart 24 Landwirtschaftsmeister/innen, 74 Gärtnermeister/innen und acht Hauswirtschaftsmeister/innen an der Meisterprüfung teilgenommen.

Die 2-jährigen Fachschulen in den Fachrichtungen Gartenbau, Weinbau und Oenologie führen zum Abschluss „Staatlich geprüfter Techniker/in“ in der entsprechenden Fachrichtung. Die 2-jährige Fachschule in der Fachrichtung Hauswirtschaft führt zum Abschluss „Staatlich geprüfte/r hauswirtschaftliche/r Betriebsleiter/in“. Mit dem erfolgreichen Abschluss der 2-jährigen Fachschule werden zugleich die Fachhochschulreife und die Ausbildereignung erlangt.

Hintergrundinformationen:

Hinter dem Begriff „Grüne Berufe“ verbergen sich 14 Ausbildungsberufe des Agrarbereichs: Brenner/in, Fachkraft Agrarservice, Fischwirt/in, Forstwirt/in, Gärtner/in, Hauswirtschafter/in, Landwirt/in, Milchtechnologe/-technologin, Milchwirtschaftliche/r Laborant/in, Pferdewirt/in, Pflanzentechnologe/-technologin, Revierjäger/in, Tierwirt/in, Winzer/in.

Das Regierungspräsidium Stuttgart ist in diesem Jahr für insgesamt 1.110 Auszubildende zuständig, davon 720 im Gartenbau, 283 in der Landwirtschaft, 72 in der Ausbildung zum Winzer, 14 Auszubildende im Agrarservice, 11 in der Tierwirtschaft, sieben in der Pflanzentechnologie und drei in der Ausbildung zum Revierjäger. 504 Auszubildende nahmen in diesem Jahr an der Berufsabschlussprüfung teil.

Der Agrarbereich bietet auch Menschen mit Handicap eine gute Chance, Fuß im Arbeitsleben zu fassen und ermöglicht dazu berufliche Perspektiven durch die Ausbildung zum/zur Fachwerker/innen im Gartenbau und in der Landwirtschaft. Im Regierungsbezirk Stuttgart werden derzeit etwa 150 Fachwerker im Gartenbau und in der Landwirtschaft ausgebildet. Junge Schulabgänger/innen aus Förderschulen können entsprechend ihrer Fähigkeiten eine stark praktisch geprägte Berufsausbildung in besonders geeigneten Bildungseinrichtungen durchlaufen.

 

PM Regierungspräsidium Stuttgart

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