Am Donnerstag Warnstreik im ÖPNV – gegen den KAV und nicht gegen die Bevölkerung

Im Tarifkonflikt im kommunalen Nahverkehr TV-N in Baden-Württemberg ruft ver.di am Donnerstag zu weiteren Warnstreiks auf. Dabei wird ver.di besonders darauf achten, die steigenden Infektionszahlen bei der Durchführung der Warnstreiks zu berücksichtigen. Nachdem die Abreitgeber, der kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV), am Freitag ein ver.di Angebot für eine Streikpause abgelehnt hatten, hat die Tarifkommission gestern ausführlich das weitere Vorgehen beraten: mit dem Fokus, den Druck auf die Arbeitgeber aufrecht zu erhalten und die Bevölkerung so wenig wie möglich zu belasten. Deshalb hat ver.di die ursprüngliche Streikplanung, die einen ganztägigen Warnstreik im Fahrdienst in allen sieben kommunalen Verkehrsbetrieben am Donnerstag vorgesehen hatte, nun abgeändert.

Gestreikt wird im Fahrdienst nur in Konstanz und in Esslingen. In Esslingen wird heute eine Notdienstvereinbarung für die Durchführung der Schülerverkehre angeboten. In allen anderen Betrieben werden andere Formen des Arbeitskampfes derzeit geprüft und voraussichtlich auch ab Donnerstag durchgeführt. Sollte der KAV zur vierten Verhandlungsrunde am 3. November kein verhandlungsfähiges Angebot mitbringen, wird ver.di die Urabstimmung einleiten. Für diesen Fall können dann auch weitere Warnstreiks im Fahrdienst ab November nicht ausgeschlossen werden.

Andreas Schackert, ver.di Verhandlungsführer: „Wir wollen den ÖPNV stärken, für die Beschäftigten und für die Fahrgäste. Wir streiken gegen den KAV und nicht gegen die Bevölkerung. Durch Aussitzen werden die Arbeitgeber den Fachkräftemangel nicht lösen. Sie wollen ernsthaft Arbeitsbedingungen, die bereits heute zu schlecht sind, um qualifiziertes Personal für Fahrdienst oder Werkstätten zu gewinnen, weiter verschlechtern.“

Hinweis: In der parallel laufenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst streiken teilweise Beschäftigte der Verkehrsbetriebe mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Kliniken, Kitas und Verwaltungen mit. Diese Arbeitsniederlegungen finden nicht im Rahmen der Tarifrunde TV-N statt und wurden bereits in der vergangenen Woche angekündigt: so heute bei der SWU in Ulm und morgen bei der VAG in Freiburg. Weitere Arbeitsniederlegungen im Fahrdienst sind in der Tarifrunde öffentlicher Dienst vor der dritten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Oktober in Baden-Württemberg nicht vorgesehen.

Am vergangenen Freitag hatten die Arbeitgeber, der KAV, ein Angebot von ver.di, die Warnstreiks zu pausieren und im Gegenzug die Zahlung des vollen Weihnachtsgeldes zu garantieren, abgelehnt. Das Weihnachtsgeld ist im TV-N bisher auf 100 Prozent des Bruttoentgeltes festgelegt, fiel aber durch die Kündigung auf 82 Prozent ab, weil die Nachwirkung ausgeschlossen ist. Ein eigenes Angebot legte der KAV auch in dieser dritten Runde erneut nicht vor. Stattdessen legte er vier Forderungen vor, mit denen die bestehende Tarifsituation verschlechtert würde.

Bereits in den Tarifverhandlungen am 16. September für die rund 6.400 Beschäftigten im kommunalen ÖPNV hatten die Arbeitgeber zum Abschluss der Gespräche in Stuttgart statt einem Angebot zwei Seiten mit Vorschlägen für Verschlechterungen des Tarifvertrages vorgelegt. Damit sollen die Forderungen von ver.di gegenfinanziert werden. ver.di hatte, nachdem der KAV nicht bereit war, diese Liste zurückzunehmen und in konstruktive Gespräche einzusteigen, bereits zu Warnstreiks aufgerufen. Dabei wurden bisher die VBK (KA) und die Verkehrsbetriebe Baden-Baden jeweils dreimal, SSB, SVE (ES) und Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Heilbronn jeweils zweimal und die VAG (FR) und die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Konstanz jeweils einmal bestreikt.

Die Gewerkschaft will für die rund 8.600 Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr in Baden-Württemberg (TV-N und RNV) unter anderem Entlastungstage, deutlich bessere Überstundenregelungen sowie die Anhebung des Urlaubsgeldes erreichen. Im TV-N geht es daneben auch um kürzere Arbeitszeiten, bei der RNV um die Aufwertung der gewerblichen Berufe.

Bereits am letzten Mittwoch fand die ebenfalls dritte Runde bei der RNV statt, auch dort gab es kein Angebot. Hier wird am 27. Oktober in vierter Runde weiterverhandelt.

In Baden-Württemberg gilt der TV-N für rund 6.400 Beschäftigte in sieben kommunalen Verkehrsbetrieben in Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden, Freiburg, Konstanz, Esslingen und Heilbronn. Der Haustarifvertrag bei der RNV gilt für 2.200 Beschäftigte in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen. Insgesamt werden in den acht Verkehrsunternehmen weit über eine Million Kundinnen und Kunden pro Tag befördert.

ver.di hat zeitgleich den VKA zu bundesweiten Verhandlungen für mehr als 87.000 Beschäftigte in kommunalen ÖPNV-Unternehmen aufgefordert, auch um bundeseinheitliche Standards durchzusetzen. Dies hat die VKA abgelehnt. Auch hier fanden bereits Warnstreiks statt.

Schon seit Jahren herrscht – auch aufgrund der hohen Belastung durch die Verantwortung am Steuer und den Schichtdienst – massiver Fachkräftemangel in der Branche, insbesondere Busfahrer*innen werden überall dringend gesucht. Bis 2030 werden bundesweit rund 100.000 neue Beschäftigte benötigt.

Weitere Informationen:

https://bawue.verdi.de/lbzbw/++co++80b94aa6-eb7a-11ea-a388-001a4a160100

 

PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg

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