Sonntagsgedanken: Vertrauen statt Selbstüberschätzung

Am letzten Sonntag im Kirchenjahr, dem Christkönigssonntag, schaut die Kirche auf ein überraschendes Bild: kein König auf einem Thron, sondern ein Mann am Kreuz. Über ihm steht die Inschrift: „Das ist der König der Juden.“

Sie stammt von Pilatus, dem römischen Statthalter – einem, der kaum an Jesus glaubte und ihn doch so bezeichnete. Eine bittere Ironie, die zugleich eine tiefe Wahrheit enthält: In diesem Gekreuzigten zeigt sich eine andere Art von Macht – nicht die Macht, über andere zu herrschen, sondern die Kraft, Leben zu schenken.

Neben ihm hängen zwei Verurteilte. Der eine spottet und fordert Rettung. Der andere aber erkennt die eigene Schuld, schaut auf Jesus und sagt schlicht: „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.“
Er weist keine eigene Leistung vor, fordert nichts, sondern sehnt sich nur nach Erbarmen. Und er erhält die tröstliche Antwort: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“

Diese Szene erinnert an vieles, was wir aus dem Alltag kennen. Wir versuchen, unser Leben im Griff zu behalten: Termine, Aufgaben, Erwartungen. Wir wollen funktionieren, stark sein, die Kontrolle behalten. Und wenn etwas schiefläuft, suchen wir oft nach Gründen, manchmal auch nach Schuldigen. Doch das Leben zeigt immer wieder, dass wir nicht alles beherrschen können – dass wir aufeinander angewiesen sind.

Der Christkönigssonntag lädt dazu ein, das auszuhalten – und Vertrauen zu wagen.
Vertrauen, dass man nicht alles allein schaffen muss. Vertrauen, dass man gehalten ist, auch wenn man selbst nichts leisten kann.

Der Christkönigssonntag erinnert daran, dass wahre Größe nicht im Beherrschen liegt, sondern im Loslassen, im Vertrauen.
Wer anerkennt, dass er sich nicht selbst retten kann, öffnet sich für eine andere Kraft – für jene, die größer ist als wir, und die uns dennoch zutiefst kennt und annimmt.

Nicht irdische Macht, sondern das Vertrauen in göttliche Macht hat das letzte Wort.

Josef Priel
Gemeindereferent Deggingen-Bad Ditzenbach

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