Minister Alexander Bonde: „Ich bedauere die heutige Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, dem Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat einen Freifahrschein auszustellen. Die von der Weltgesundheitsorganisation in diesem Jahr konstatierte Krebsgefahr müssen wir aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes ernst nehmen. Ein Weiter so beim Einsatz von Glyphosat auf unseren Äckern kann es nicht geben.
Baden-Württemberg hat sich bisher sowohl im Bundesrat als auch gegenüber der Europäischen Kommission stark gemacht, den Einsatz des Pflanzenschutzmittels deutlich zu begrenzen und deshalb ein europaweites Verbot der Anwendung von Glyphosat zur Abreifebeschleunigung bei der Ernte sowie zur Anwendung als Herbizid im Haus- und Kleingartenbereich gefordert.“
Zur Empfehlung der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, eine Neuzulassung des Pflanzengifts Glyphosat zuzustimmen, erklärt Harald Ebner, Pestizid-Experte der Grünen Bundestagsfraktion:
Es ist ein schwerer Fehler der EFSA, sich auf die mangelhafte und industrienahe Vorarbeit des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu stützen. Die EU-Behörde hätte die inzwischen umfangreiche, detaillierte und berechtigte Kritik am BfR-Glyphosat-Bericht aufgreifen müssen. Zumal selbst das BfR in seinem jüngsten Bericht eindeutig die krebserregende Wirkung des Pflanzengifts bestätigt – ohne daraus Konsequenzen zu ziehen. Angesichts schwerwiegender Warnungen von Experten darf Glyphosat auf keinen Fall für weitere zehn Jahre neu zugelassen werden.
Jetzt ist es an den EU-Mitgliedsstaaten, allen voran an der deutschen Bundesregierung, die den mangelhaften Glyphosat-Risikobericht zu verantworten hat, die Empfehlung aus Parma als untauglich zurückweisen und eine gründliche Neubearbeitung von der EFSA fordern. Die EU-Regierungen müssen die umfangreiche Kritik aus allen Richtungen am BfR-Bericht angemessen berücksichtigen. Diese Kritik ist fundiert, detailliert und liegt gut dokumentiert vor. Notfalls sollte die EU-Kommission eine unabhängige Expertenkommission einberufen.
Vollkommen unbegreiflich ist, warum die EFSA in der aktuellen Situation auch noch vorschlägt, die zulässige tägliche Glyphosat-Aufnahmemenge um zwei Drittel zu erhöhen. Auch diese Idee stammt von den deutschen Risikobewertern. Aber wenigstens dieses vollkommen falsche Signal hätte die EFSA jetzt nicht auch noch setzen müssen. Ich habe den Eindruck, hier sollen mal wieder „vorsorglich“ Grenzwerte angepasst werden, bevor sie womöglich erreicht oder überschritten werden.
Mit ihrer jetzigen Einschätzung brüskiert die EU-Behörde auch die WHO-Krebsagentur IARC, die Glyphosat im März als „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ eingestuft hatte. Ich zähle jetzt darauf, dass die Europäische Chemikalienagentur ECHA unbeirrt von der heutigen Empfehlung der Einschätzung der IARC folgt. Dann darf Glyphosat als Pestizid ohnehin nicht mehr zugelassen werden.
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat heute eine entscheidende Bewertung des weltweit am meisten verwendeten Pestizidwirkstoffs Glyphosat veröffentlicht, die den Weg für eine Verlängerung der EU-Zulassung ebnet. Der Wirkstoff war von IARC, der Krebsforschungsagentur der WHO, als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft worden. Die federführende deutsche Behörde BfR (Bundesamt für Risikobewertung) sah hingegen „kein Krebsrisiko bei einer ordnungsgemäßen Anwendung“. Die grüne Europa-Abgeordnete Maria Heubuch ist vorige Woche nach Parma gereist, um mit den EFSA-Experten über das Thema zu diskutieren. Sie kommentiert:
„Es ist enttäuschend zu sehen, dass die EFSA hier die industriefreundliche Haltung des BfR kritiklos übernimmt. Eine überwältigende Anzahl an wissenschaftlichen Studien hat auf genotoxische und krebserregende Effekte hingewiesen. Ein Grundproblem ist, dass diese Studien von den beiden Behörden nur unzureichend berücksichtigt wurden. Stattdessen stützen sie ihre Bewertungen in erster Linie auf unveröffentlichte Studien, die die Herstellerfirmen selbst durchgeführt haben. Das IARC hingegen hat bei seiner Bewertung ausschließlich veröffentlichte, einem Peer-Review-Verfahren unterworfene Studien herangezogen.
Die Prüfung der eigenen Produkte eröffnet den Firmen einen großen Spielraum, um unerwünschte Ergebnisse in der Schublade verschwinden zu lassen oder schädliche Auswirkungen zu bagatellisieren. Noch beunruhigender ist, dass diese Industriestudien nicht veröffentlicht werden und daher für kritische Wissenschaftler nicht überprüfbar sind. Im Interesse von Umwelt- und Verbraucherschutz muss EU-Kommissar Andriukaitis einen Gesetzesvorschlag liefern, um eine unabhängige und transparente Prüfung bei gleichzeitiger Kostenübernahme durch die Industrie sicherzustellen. Als ersten Schritt sollten Behörden nur solche Studien berücksichtigen, die veröffentlicht und damit überprüfbar gemacht werden.
Solange es keinen wissenschaftlichen Konsens zur Schädlichkeit von Glyphosat gibt, muss die EU-Kommission das Vorsorgeprinzip anwenden und die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat verweigern. Unabhängig von der Einstufung sollten in jedem Fall die Anwendung im Privatbereich sowie die Sikkation, die zu hohen Rückständen in Lebensmitteln führt, vollständig ausgesetzt werden.“