Sonntagsgedanken: Siehe, dein König kommt

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. (Sacharja 9,9b) Dieser uralte Ruf eröffnet die Adventszeit. Siehe, dein König kommt!

Muss das sein? Noch ein König? Noch einer, der sich für etwas Besonderes hält? Noch einer, der meint andere beherrschen zu müssen?

Was wir doch viel dringender bräuchten, sind Pflegekräfte, Entwicklungshelfer, wirklich kluge Köpfe, Brückenbauerinnen, Friedensstifter…

Siehe, dein König kommt. Danke nein. Ich schüttle den Kopf.

Aber dann höre ich den zweiten Teil dieses Rufs. …ein Gerechter und ein Helfer. Ja, das bräuchten wir dann doch. Einen Gerechten. Einen, der die Schere zwischen Arm und Reich langsam, aber sicher wieder zuklappt.

Und einen Helfer. Einen an der Seite der Einsamen oder der Kranken. Einen, der den Zusammenhalt stärkt, Vorurteile abbaut, Wärme und Herzlichkeit einbringt.

Ja, mit so einem könnte sich wirklich etwas verändern in unserer Welt.

Gerechtigkeit, Hilfe, Heil, Trost, Wärme. Da wird mir ganz weihnachtlich ums Herz. So, als hörte man von Weitem schon die festlichen Trompeten aus Bachs Weihnachtsoratorium: Jauchzet, frohlocket… Siehe, dein König kommt, ein Gerechter und ein Helfer. Eine schöne Botschaft.

Aber auch alle Jahre wieder dieselbe Botschaft. Und unsere Welt ist trotzdem so, wie sie ist. So recht wollen Bachs Trompeten noch nicht passen zu meinem Advent. Also schiebe ich den alten Ruf beiseite.

Doch da fällt mir ein Wort ins Auge. Siehe, DEIN König kommt. Dein. Das ist nicht allumfassend, triumphal, mit lautem Getöse. Dein. Das ist persönlich. Behutsam. Sanft. Dein. Das ist kein grelles Licht, das die ganze Welt auf einmal hell macht. Dein. Das ist die erste Kerze auf meinem Adventskranz, deren flackernde Flamme doch den ganzen Raum erfüllt mit ihrem Schein.

DEIN König kommt. Das ist Advent. Behutsam fängt etwas an. Etwas, das groß werden kann. Und persönlich fängt es an. Ein Gerechter und ein Helfer kommt ZU DIR.

Nichts gegen Bachs Trompeten. Ich mag sie wirklich sehr. Aber jetzt darf erst einmal dieser uralte Ruf klingen und nachhallen. Bei mir. Und bei dir.

Pfarrerin Miriam Springhoff, Evang. Kirchengemeinde Dürnau-Gammelshausen

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