Wenn sich der Löwenzahn um diese Jahreszeit immer mehr verbreitet, greife ich zumindest in meinem Blumenbeet durch und versuche, ihn auszurotten. Es gelingt natürlich nur, wenn ich seine lange Wurzel in der Tiefe erwische. Eine Pflanze ganz hinten ist besonders großgewachsen und streckt sich konsequent der Sonne zu, die lässt mich zögern.
Ich erinnere mich an ein Gedicht über den Löwenzahnoptimismus. Darin wird seine enorme Kraft beschrieben, sich durch den kleinsten Spalt im Gestein ans Licht zu zwängen und auch dort zu blühen, wo es eigentlich keinen Grund dazu gibt. Man könnte ihn in seinem Unterfangen „hoffnungsstur“ nennen. Das Wort geht mir nicht mehr aus dem Kopf, drückt es doch genau das aus, was wir in diesen Zeiten brauchen: den Glauben an eine gute Zukunft nicht zu verlieren. Da kann es schon helfen, sich immer wieder vor Augen zu führen, was gut und heil ist in unserem Leben. Das andere nehmen wir ja automatisch ganz von allein wahr. Ist es naiv, so zu denken? Oder gar gutgläubig? Dieser Begriff ist oft abwertend gemeint ist, er weist uns genau betrachtet aber auch einen Weg zur Hoffnung und mehr Zuversicht. Samuel Koch schreibt dazu: „Als ich so am Tiefpunkt meines Lebens war und alle meine Träume, alle meine Wünsche, alle meine Perspektiven, Pläne und Ideen zerstört waren und ich nicht mehr wusste, wie es weitergeht, war es in dieser verzweifelten Lage die logische Konsequenz, mich an Gott zu wenden“. Genau diese Haltung brachte ihn nach seinem schweren Unfall wieder in seine Kraft und zum Handeln. Er ist für mich ein gutes Beispiel für hoffnungsstur. Der morgige Sonntag Rogate (Betet!) lädt uns ein, mit Gott darüber ins Gespräch zu gehen, damit auch wir wieder an eine gute Zukunft glauben und daran mitwirken können. Den großen Löwenzahn in meinem Blumenbeet lasse ich übrigens stehen, damit er mich immer wieder daran erinnert, woraus ich meine Kraft, meinen Halt und meine Zuversicht ziehe, um hoffnungsstur zu bleiben.
Sabine Stövhase
Caritas-Zentrum Göppingen