Slow Food zum Weltfrauentag: „Agrarökologie ist der Schlüssel zu mehr Inklusion”

Wenn wir uns den Ursprung des Wortes Inklusion anschauen, so bezeichnet es die Zugehörigkeit bzw. das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe. Das Thema des diesjährigen Weltfrauentages ist also überaus aktuell und bedeutungsvoll,  besonders wenn man die aktuelle soziopolitische und ökologische Lage betrachtet.

„Das Thema Essen betrifft uns alle. Dennoch wird die Rolle der Menschen, die uns mit Lebensmitteln versorgen, und insbesondere die Rolle der Frauen im Lebensmittelsystem, häufig unterschätzt. Überall auf der Welt spielen Frauen eine Schlüsselrolle in den Lebensmittelsystemen, sie übernehmen oft die schwere Arbeit, haben aber nur begrenzte Entscheidungsbefugnisse oder Landbesitzrechte”, kommentiert Marta Messa, Generalsekretärin von Slow Food. Inklusion bedeutet  andererseits aber auch, eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, unabhängig von seinem Hintergrund oder seiner Identität in vollem Maß an der Gesellschaft teilzuhaben und davon zu profitieren. „Frauen können den Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen beschleunigen, besonders im Rahmen agrarökologischer Lebensmittelsysteme, die u.a. auf Gleichstellung der Geschlechter basieren. Die Prinzipien der Agrarökologie bieten einen Rahmen, in dem Vielfalt, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit Mosaikstücke eines breiteren Systems nachhaltiger Lebensmittelsysteme sind.”

Innerhalb der Slow-Food-Bewegung gibt es weltweit viele Beispiele für Projekte, mit denen Gemeinschaften versuchen, die Rolle der Frau in der Gesellschaft aufzuwerten, Vorurteile und Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen und Frauen stark und unabhängig zu machen.

Adelaida Bolom Gomez stammt aus der indigenen Gruppe der Tseltal und Tsotsil aus der Gemeinschaft Nueva Palestina im mexikanischen Staat Chiapas. Ihr ganzes Leben lang hat sie sich in der Gemeinschaft engagiert, vor allem für den Zugang von Frauen zu Land und für die Einrichtung eines von Frauen betriebenen agrarökologischen Gartens. „Wir fördern Ernährungssouveränität und gute Ernährung, um die  Identität und die Rolle der Frauen in der Lebensmittelherstellung zu stärken, in dem wir lokales Saatgut mit agrarökologischen Verfahren bewahren. Es war nicht einfach, die lokalen Gruppen zu überzeugen, uns Zugang zu Ressourcen wie Wasser und Land zu gewähren, aber inzwischen haben sie den Wert unserer Arbeit erkannt.”

„Frauen des Dyikan-Muras-Netzwerks bewahren Saatgut für die nachfolgenden Generationen”, erklärt Aida Jamangulova der Slow-Food-Community Ala-Too in Kirgisistan. „Es sind überwiegend Frauen, die lokale  Gemüsesorten anbauen, um gesunde und nahrhafte Mahlzeiten für ihre Familien zuzubereiten oder den Überschuss auf dem Markt zu verkaufen. Seit kurzem organisieren sie auch agrarökologische Schulen, wo erfahrenere Bäuerinnen ihr Wissen mit jüngeren Generationen teilen.”

Fatmata Mansaray, Lehrerin und Bio-Landwirtin aus dem Bezirk Kono in Sierra Leone: „Zum Weltfrauentag möchte ich betonen, dass das Nutzgartenprojekt von Slow Food in unseren Gemeinschaften ein durchschlagender Erfolg für die Integration war. Es hat uns die Möglichkeit gegeben, mit den lokalen Behörden in Kontakt zu treten und hat Türen zu Bildungsmöglichkeiten geöffnet, die die Rolle der Frauen gestärkt haben und positive Auswirkungen auf die Integration hatten. Das ist ein Beweis dafür, welch große Wirkung kollektives Handeln erzielen kann und dass Frauen einen echten Wandel herbeiführen können. Gemeinsam schaffen wir eine inklusivere und gerechtere Gesellschaft für alle Menschen.”

„In diesem Sinne nehmen Frauen in unseren Winzergemeinschaften eine schöpferische Rolle ein, die weit über die Weinherstellung hinaus geht. Für die Gemeinschaft und den Weinbau sind sie es, die erzeugen und pflegen, die nähren und aufziehen, sie sorgen dafür, dass Land und Gemeinschaft gedeihen können und schaffen starken Zusammenhalt, sie sind die wahren Erzeugerinnen. Das alles nach agrarökologischen Prinzipien und in vollem Einklang mit Mutter Erde. Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, Ausbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen durchzuführen, damit die Frauen über das entsprechende Know-How verfügen, um einen fairen Preis für ihr Land und ihre Produkte auszuhandeln und sich gegenüber der Großindustrie und den Großgrundbesitzern zu behaupten“, sagt Carolina Alvarado, Winzerin und Koordinatorin der Slow Wine Community Marga Marga in Chile. „Während der Brände, die unsere biologische Vielfalt verwüsteten, konnten wir bezeugen, wie stark die Frauen für den Zusammenhalt der Gemeinschaft sorgen und mit welcher Energie sie den Wiederaufbau betreiben.“

„An diesem 8. März möchte ich alle freien Frauen dieser Welt bitten, unser Sprachrohr zu werden – jetzt, wo wir zum Schweigen gebracht und unserer Rechte beraubt werden; jetzt, wo unsere Herzen vom Leben enttäuscht sind”, fordert eine junge afghanische Aktivistin. „Für uns Mädchen und Frauen in Afghanistan ist das Leben nunmehr wie ein Gefängnis, aus dem wir nicht ausbrechen können, wir haben keinerlei Hoffnung, wenn niemand unsere Hand hält und uns unterstützt.”

„Um einen Bewusstseinswandel herbeizuführen und die Frauen im Gledić-Gebirge zu stärken, haben wir mehrere Workshops für sie und für Schulkinder organisiert, die sich vor allem mit Themen wie häuslicher Gewalt und ihren Rechten beschäftigen“, erklärt Dragana Velovic, Leiterin von Slow Food Gledic in Serbien. „Allzu oft müssen Frauen die Hausarbeit erledigen, sich um die Kinder kümmern und auf dem Feld arbeiten, ohne dass ihre Freiheit anerkannt wird, weder in persönlicher noch wirtschaftlicher Hinsicht. Wir sind hier, um das zu ändern.“

In ganz Italien gab es einst viele Berggemeinden, deren Wirtschaft auf der Kastanie beruhte und die Frauen, Männer und Kinder um sich scharten, jeder mit seiner eigenen Rolle“, sagt Linda Orlandini, eine Erzeugerin im Bologneser Apennin, die an der Wiederbelebung dieser alten Tradition arbeitet. Ziel ist es, gerade durch die Kastanie neue Möglichkeiten für junge Menschen zu schaffen und die zentrale Rolle der Frauen in den Gemeinschaften wieder aufzuwerten. Zusammen mit anderen Kastanienzüchtern gehört sie dem italienischen Netzwerk der Slow Food Kastanienzüchter an, das für Lidia „ein Vehikel für Wissen ist. Wir haben uns wiedergefunden, vereint durch dieselbe Leidenschaft für diesen außergewöhnlichen und kraftvollen Baum, und heute geben wir uns gegenseitig Vertrauen und Mut“.

„Slow Island Food & Beverage Co. wurde direkt vom Ethos der Slow-Food-Bewegung und dem gemächlichen Tempo des Lebens auf unserer wunderschönen, reichhaltigen Insel inspiriert. Slow Island Co. wurde 2017 von der Köchin und Unternehmerin Gida Snyder gegründet und stellt Grundnahrungsmittel und Lebensmittelspezialitäten aus auf Hawaii angebauten Zutaten her. Die übergeordnete Mission von Slow Island zielt darauf ab, dauerhafte Beziehungen zu Farmen und Landwirten zu fördern und gleichzeitig aufstrebenden Jungunternehmern mit unterschiedlichem Hintergrund Mentorenschaft und Bildung zu bieten. „Das Wohlbefinden der Gemeinschaft ist ein zentraler Wert für Slow Island, und wir glauben, dass unsere Lebensmittelsicherheit mit der Gesundheit und dem Wohlergehen unserer Landwirte und des Farmlandes einhergeht. Wir arbeiten direkt mit unseren Inselbauern zusammen, die mit nachhaltigen und regenerativen Methoden anbauen, um die Zutaten für unsere Saucen, Sirupe und Gewürze zu beziehen. Als schwarze Frau in der Branche weiß Chefköchin Gida, welche Auswirkungen es haben kann, wenn andere junge kulinarische Fachkräfte, die eine Karriere in der Gastronomie anstreben, positiv vertreten werden. Sie ist Mitglied von Les Dames D’Escoffier International und ein langjähriges Mitglied von Slow Food.

Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)

Nacyb Allouchi und Hayet Taboui, Vorsitzende und Aktivistin des tunesischen Vereins Rayhana, erklären, wie sie „allen Frauen die Türen geöffnet haben und sich dafür engagieren, eine neue Generation von freien und selbstbewussten Frauen zu schaffen, indem sie auf Gemeinschaftsgüter und Umweltschutz pochen, dabei gleichzeitig die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern reduzieren und sozioökonomische Chancen für die Frauen förden.“ Mit Unterstützung des internationalen Projekts SUSTAvianFEED spielt der Verein Rayhana eine wichtige Rolle dabei, Frauen durch bessere Bildung und Kompetenzentwicklung zu stärken. Er bietet maßgeschneiderte Trainingsprogramme, die Frauen das Wissen und die Werkzeuge an die Hand geben, um in der nachhaltigen Landwirtschaft erfolgreich zu sein. Diese Programme decken ein breites Themenspektrum ab, von Techniken des ökologischen Landbaus bis hin zu Methoden der nachhaltigen Landbewirtschaftung. „Indem wir die Fähigkeiten der Frauen stärken, verbessern wir nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern auch die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft insgesamt.“

Lokale Gemeinschaften profitieren davon, wenn die agrarökologische Vielfalt und widerstandsfähige Ökosysteme gefördert werden, da diese im Lichte ökologischer Herausforderungen wie der Klimakrise zu Ernährungssicherheit und wirtschaftlicher Stabilität beitragen können.

Eine inklusive Agrarökologie widmet sich Fragen der sozialen Gerechtigkeit im Agrarsektor und betrachtet den Zugang zu Ressourcen, Land und Bildung aus einer sozialen Perspektive. Darüber hinaus geht die Agrarökologie durch ihren Fokus auf lokale und gemeinschaftliche Lebensmittelsysteme Hand in Hand mit den Prinzipien der Inklusion. Lokale Wirtschaften können durch die Unterstützung lokaler Märkte und Kleinbauern gestärkt werden, was auch den Gemeinschaftssinn und die gemeinsame Verantwortung fördert. Die Agrarökologie spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau von Lebensmittelsystemen, die inklusiver und widerstandsfähiger sind und das Wohlergehen der Menschen und des Planeten in den Mittelpunkt stellen.

Slow Food ist ein weltweites Netzwerk lokaler Gemeinschaften, das 1989 gegründet wurde, um dem Verschwinden lokaler Lebensmitteltraditionen und der Verbreitung der Fast-Food-Kultur entgegenzuwirken. Seitdem ist Slow Food zu einer globalen Bewegung gewachsen, die Millionen von Menschen in mehr als 160 Ländern einbezieht und sich dafür einsetzt, dass wir alle Zugang zu guten, sauberen und fairen Lebensmitteln haben.

PM Slow Food  Deutschland e.V.

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