Sonntagsgedanken zum 3. Sonntag nach Trinitatis, 20. Juni 2021

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in meiner Heimatstadt wusste man früher (und weiß es vermutlich auch heute noch) allein aufgrund der Adresse, zu welchem Milieu jemand gehörte und ob man mit dieser Person etwas zu tun haben wollte, oder besser nicht. Seit einiger Zeit gibt es vergleichbare Phänomene im Internet. Dort geht es weniger um die soziale Herkunft, sondern eher um die Frage zu welcher politischen Meinung man neigt. Auf welcher Plattform, in welcher Chat-Gruppe, in was für Nachrichten-Portalen bewegt sich jemand? Die Algorithmen versorgen einen dann mit entsprechend bestätigenden News und Fakten – oder auch mit „fake news“. Im einen wie im anderen Fall bleibt man „unter sich“ und wird im eigenen Lebensbild bestätigt.

Jesus hat sich um solche Fragen wenig gekümmert. Er hat sich bewusst mit Menschen anderer religiöser, sozialer und politischer Herkunft zusammen- und auseinandergesetzt. Er redet freundlich mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen (Johannes 4), obwohl es eine Regel des guten Anstands war, nicht mit Menschen aus Samarien Kontakt zu pflegen. Er diskutiert eingehend mit einem Vertreter des Hohen Rates, das berühmte und sehr ertragreiche Nachtgespräch mit Nikodemus (Johannes 3). Und im Evangelium für den morgigen Sonntag (Lukas 15) lesen wir: „Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.“ Jesus überschreitet gesellschaftliche Grenzen, um Menschen für den Glauben an Gott und ein gerechtes und friedliches Miteinander zu gewinnen. Er setzt sich anderem Glauben, anderen Überzeugungen und fremdem Lebensstil aus. Er bleibt dabei klar und authentisch, ohne andere abzuwerten oder gar zu hassen. Seine Zugewandtheit tut gut – vermutlich ihm selbst, ganz sicher seinen Mitmenschen. Das können wir uns zum Vorbild nehmen – anderen Menschen offen, interessiert und ehrlich zu begegnen, ohne Vorurteil und ohne uns selbst aufzugeben. Es wird uns guttun – als Einzelne und als Gesellschaft.

Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen

Pfr. Reinhard Hauff

Evang. Kirchengemeinde Eschenbach-Heiningen

Evang. Pfarramt Heiningen

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