Sonntagsgedanken: Krisen

In den vergangenen Wochen haben wir erlebt, dass das Zusammenleben der Menschen durch den Staat gestaltet und weit über das bisher vorstellbare reglementiert wurde. Diese Regeln wurden anfangs als unerlässlich angesehen, je länger sie galten jedoch hinterfragt wurden. Teilweise wurden sie gerichtlich überprüft. Auch das religiöse Leben basiert auf gewissen Regeln. Religiöse Vorschriften sind einfacher angelegt, weil sie für jeden verständlich sein sollen. Aber sind sie deswegen einfacher zu handhaben?

Doch leider funktioniert das im praktischen Leben nicht immer so einfach. Dies war schon zu Zeiten Jesu der Fall, in der jüdische Gesetzeslehrer, um die Grundgebote auszulegen und der Zeit anzupassen, weitere Gebote und Verbote entwickelten. Diese Praxis kritisierte Jesus und warf den Gesetzeslehrern vor, dass sie die Gebote an ihrem Geist vorbei interpretierten. Im Gegensatz dazu waren seine Gebote einfacher und basierten auf der Gottes – und Nächstenliebe. „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,34) ist die Aufforderung Jesu in seiner Abschiedsrede morgen im Sonntagsevangelium. Selbst in den Anfängen des Christentums gab es Streit über unterschiedliche Auffassungen, der mitunter sehr heftig werden konnte. Deshalb fügte er dem Liebesgebot den Zusatz: „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand (den Heiligen Geist) geben, der für immer bei euch bleiben soll“ (Joh 14,16) an. Geist meint in der Sprache der Bibel nicht eine Sache oder einen Gedanken, sondern meint die Art und Weise, wie Gott für uns Menschen da ist und erfahren wird: Als in Bewegung bringend, als unbezweifelbare, gleichwohl unfassliche Wirklichkeit, wie der Wind dessen Rauschen jeder hört, von dem aber keiner weiß, woher er kommt und wohin er geht. Der Geist macht sensibel darauf, dass Gott trotz unserer Schwäche oder Ohnmacht uns nicht aufgibt. Er macht uns sensibel für unsere Endlichkeit. Krisenzeiten können Heilszeiten sein. Gott schickt nicht eine Epidemie zur Bestrafung sündiger Menschen. Sie kann aber Anlass sein in sich zu gehen und die Frage nach der wahren, guten, richtigen Existenz nach einem sinnvollen Leben neu zu stellen. Die Liebe Gottes drückt sich nicht nur in Gefühlen aus, sondern vor allem im Tun, im Dienst an den Menschen in unserer Umgebung, angefangen bei den kleinen, alltäglichen Hilfeleistungen. Sie sind uns bewusster geworden in diesen Tagen und deshalb ist der Dank den vielen Initiativen, die Hilfe leisteten keine Selbstverständlichkeit. In der „social nearness“ hilft er die „physical distance“ zu überwinden. Deshalb Danke an alle kleinen und großen Dienste der Nächstenliebe in diesen Wochen.

Diakon Uwe Bähr, Bruder Klaus Jebenhausen.

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