Die Bedeutung von Meetings, Incentives, Kongressen und Ausstellungen, kurz engl. »MICE« für den Tourismus sind groß – und es gibt noch Potenzial nach oben. Denn gerade in einer zunehmend digitalen Welt gewinnen persönliche Begegnungen und Vernetzung face-to-face immer mehr an Gewicht. Grund genug für den Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) als Dachverband der IHK-Organisation im Land, erstmals eine Studie zum MICE-Tourismus in Auftrag zu geben. Das Ergebnis: Der Südwesten ist bestens aufgestellt.
Zahlen und Fakten: In Baden-Württemberg fanden 2018 bei den befragten Locations rund 180.000 Veranstaltungen mit 26,3 Mio. Teilnehmern statt. Die durchschnittliche Teilnehmerzahl pro Veranstaltung liegt bei 146 Teilnehmern.
Dazu Martin Keppler, Hauptgeschäftsführer der für den BWIHK im Tourismus federführenden IHK Nordschwarzwald: „Wer Geschäftsreisende durch attraktive Veranstaltungen anziehen möchte, der braucht vor allem eins – gute Locations: Dies sind Stadthallen und Kongresszentren, Tagungshotels, aber auch besondere Event Locations, die den Eintritt in diesen Markt erst ermöglichen. Hier steht Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich bestens da, so das Fazit unserer Studie »MICE-Tourismus in Baden-Württemberg«. In allen Regionen spielt die Tagungs- und Eventbranche eine herausragende Rolle, unterstützt von der wirtschaftlichen Stärke und der Dichte an großen wie mittelständischen Firmen im Land. In den zwölf IHK-Regionen sind besonders die Region Stuttgart und das Gebiet Rhein-Neckar von einer hohen Dichte an Veranstaltungsstätten geprägt.“
Top bei Belegtagen: Nicht nur bei der Zahl von Veranstaltungsstätten steht Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich ausgesprochen gut da. Auch die Anzahl der Belegtage liegt durchschnittlich 12 Tage über Deutschlandwert. Beim Anteil der internationalen Veranstaltungen und Events mit vielen ausländischen Teilnehmern hat der Südwesten gegenüber den deutschen Durchschnittswerten ebenfalls die Nase vorn: Noch über dem hohen Landesdurchschnitt liegen dabei die Grenzregionen Hochrhein-Bodensee und Karlsruhe. Sicher tragen in der Technologieregion Karlsruhe auch die international ausgerichteten Player ‚Karlsruher Institut für Technologie‘ – KIT sowie die Kur-und Bäderstadt Baden-Baden ihren Teil zum guten Ergebnis bei.
Ebenso weisen die Region Südlicher Oberrhein mit Freiburg und dem Europa-Park Rust überdurchschnittliche Auslastungszahlen für internationale Veranstaltungen auf.
Ein Drittel mit Übernachtung – auch Kongresse mit Ausstellung und Hybride top: Der Anteil an Veranstaltungen mit Übernachtungen liegt in Baden-Württemberg um vier Prozent höher als im Bund – ein ganzes Drittel aller Veranstaltungen im Land wird mit mindestens einer Übernachtung durchgeführt. Beruflich motivierte Veranstaltungen, die vor allem in den Kongresszentren und Tagungshotels abgehalten werden, dominieren dabei den Markt eindeutig mit einem Anteil von knapp 70 Prozent. Bei den Kongressen mit begleitender Ausstellung führend ist übrigens die Region Rhein-Neckar: Sie toppt hier mit einem Anteil von 22 Prozent noch den Wert des Landes, obwohl dieser mit 19,7 Prozent bereits signifikant über dem gesamten Bundesgebiet liegt.
Spitze ist Baden-Württemberg auch beim Thema Hybride Events, bei denen klassische Veranstaltungen durch virtuelle Elemente ergänzt werden. Während der Anteil entsprechender Meetings und Kongresse deutschlandweit auf 10,4 Prozent eingeschätzt wird, erreichen sie in Baden-Württemberg einen ebenfalls geschätzten Anteil von 14,5 Prozent.
Firmen vorn: Mit 50,4 Prozent stellen die Firmen den größten Part der Auftraggeber für Veranstaltungen. Dies ist weit mehr als im gesamten Bundesgebiet, wo ihr Anteil mit 43,1 Prozent um über sieben Prozentpunkte deutlich niedriger liegt. Dazu merkt Keppler an: „Ganz klar – das Land punktet im MICE-Sektor mit seinem starken Unternehmertum. So kann man hier im Sinne unserer Studie zusammenfassen, dass Veranstalterkunden in Baden-Württemberg vorrangig die Betriebe sind – das ‚Unternehmertum‘ mit seinen starken Hidden Champions und inhabergeführten Firmen sorgt für deutlich mehr Gewicht als die bundesweit der Fall ist.“
Trotz Erfolg Potenziale weiter ausbauen: Trotz der guten Ergebnisse pocht BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke darauf, diesen Erfolg auszubauen, indem brachliegende Potenziale jetzt offensiv in den Fokus genommen werden: „In Baden-Württemberg verbindet sich ein hochwertiges Angebot an Raumkapazitäten und Dienstleistungen mit der Möglichkeit, Veranstaltungen fokussiert und authentisch zu positionieren, das unterlegt unsere Studie. Sie zeigt aber auch, dass vorhandene Potenziale gerade im ländlichen Raum noch besser entwickelt und vermarktet werden sollten. Deshalb dürfen wir uns trotz der guten Zahlen nicht ausruhen. Es ist wichtig, dass alle Akteure und Marketingorganisationen diesen Prozess aus Landesperspektive qualitativ begleiten und die Situation am Markt weiter stärken“, unterstreicht Grenke. „Gerade in den attraktiven Tourismusregionen sehen wir noch Potenzial, MICE weiter zu etablieren. Hierzu braucht es die entsprechende Infrastruktur in Sachen Erreichbarkeit, Mobilität sowie ausreichende Datennetze bei Funk als auch Breitband.“ Dies sei vor allem auch vor dem Hintergrund elementar, dass anders als in vielen anderen Bundesländern hauptsächlich Unternehmen als Nachfrager bereit stünden, deren Business weiter bedient werden müsse, sei es telefonisch als auch auf digitalen Arbeitskanälen.
Ein Haar in der Suppe bleibt: „Der einzige Wermutstropfen der Studie ist das Ergebnis beim Thema Green Meetings“, so Grenke abschließend. Zwar habe bereits über ein Drittel der Betriebe in BW ein Nachhaltigkeits-Managementsystem integriert, dennoch läge man damit unter dem bundesweiten Durchschnitt. Deshalb betont her: „Hier ist noch Luft nach oben, denn die Nachhaltigkeit der Veranstaltung ist gerade für Firmenkunden ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Standortwahl.“
Zur Studie:
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag hat mit Unterstützung der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW) eine Studie zum MICE-Segment in Auftrag zu geben – und zwar erstmals. Herzstück ist dabei das »Meeting- & EventBarometer«. So können zum ersten Mal die bundesweiten Ergebnisse mit denen aus Baden-Württemberg verglichen werden.
Das »Meeting- & EventBarometer« untersucht seit 2006 jährlich den Veranstaltungsmarkt in Deutschland, wobei sowohl der Kongress- als auch der Eventbereich betrachtet werden. Auftraggeber sind der Europäische Verband der VeranstaltungsCentren e.V. (EVVC), das GCB German Convention Bureau e.V. und die Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (DZT). Erstellt wird die Studie vom Europäischen Institut für TagungsWirtschaft (EITW).
Es besteht aus einer Anbieterbefragung, bei der alle Veranstaltungsstätten in Deutschland mit mehr als 100 Sitzplätzen im größten Saal bei Reihenbestuhlung einbezogen werden. Allein in Baden-Württemberg wurden über 500 Veranstaltungshäuser, Eventlocations und Hotels im Frühjahr 2019 befragt. So sind zum ersten Mal Vergleiche zwischen dem Land Baden-Württemberg und Gesamtdeutschland möglich. Die wissenschaftliche Begleitung der Studie liegt bei Professor Dr. Michael-Thaddäus, dem Leiter des EITW sowie Professor Stefan Luppold, Studiengangsleiter BWL – Messe-, Kongress- und Eventmanagement an der DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg) Ravensburg und Leiter des gleichnamigen Instituts (IMKEM).
Die vollständige Studie finden Sie unter www.bw.ihk.de/veroeffentlichungen/publikationen
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag