Breuning: Betriebe brauchen Doppelstrategie für Digitalisierung – Vollversammlung diskutiert Chancen und Risiken neuer Technologien

Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart hat sich gestern Abend intensiv mit den Herausforderungen durch die Digitalisierung in den verschiedenen Branchen befasst. IHK-Präsidentin Marjoke Breuning betont, viele Betriebe kämen immer mehr in den Zugzwang, sich mit digitalen Prozessen und Geschäftsmodellen neu aufzustellen.

Sie müssten aber zugleich ihre bisherigen Produkte und Dienstleistungen weiterentwickeln. Denn diese seien oft weiter erfolgreich und mittelfristig gut nachgefragt. Zudem müssten die Erträge der klassischen Geschäftsmodelle die digitalen Projekte vorfinanzieren. Breuning: „Ein erfolgreicher Weg in die digitale Transformation erfordert in vielen Fällen eine Doppelstrategie und Mut zum Risiko.“ Eine langfristige Sicherung des Geschäftserfolgs könne in vielen Unternehmen nur erfolgreich sein, wenn sie offen für neue digitale Geschäftsmodelle und Organisationsformen seien. Dazu gehöre auch, experimentierfreudig hinsichtlich der Einbeziehung von Kunden, Belegschaften und in manchen Fällen auch bisheriger Mitbewerber zu sein.

Die Durchdringung digitaler Prozesse sei in den verschiedenen Branchen wie Handel, Gesundheitswirtschaft, Energiewirtschaft und Industrie noch sehr unterschiedlich, so die IHK-Präsidentin. Mit den Vorsitzendenden der entsprechenden Fachausschüsse der IHK und dem Technologiebeauftragten des Landes Baden-Württemberg Prof. Dr.-Ing. Prof. e.h. Wilhelm Bauer diskutierten die Mitglieder der Vollversammlung die Chancen und Risiken der digitalen Transformation.

Prof. Bauer verwies in seinem Vortrag auf das hohe Tempo der digitalen Transformation und zugleich die Unsicherheit über die konkreten Auswirkungen neuer Geschäftsmodelle und Künstlicher Intelligenz auf Wirtschaft, Beschäftigung und die Gesellschaft insgesamt. Die Anpassung betrieblicher Organisation an technologische Veränderungen laufe oft noch zu langsam. Bauer: „Andere Länder sind nicht besser, aber schneller.“ Die USA würden das Geschäft mit großen Datenmengen perfekt beherrschen, China hätte keine Datenschutzregeln wie Europa. Zugleich müssten die Betriebe für ihre Digitalisierungsstrategien die richtigen Leute finden, die „wie Startups manchmal auch mutige, verrückt erscheinende Dinge tun“. Begleitet werde diese unsichere Phase für die Unternehmerschaft von immer mehr kritischen Fragen zum globalen Wirtschaftssystem und dem Klimaschutz. Bauer empfahl, die junge Generation nicht nur mit ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz in den Blick zu nehmen, sondern auch hinsichtlich einer neuen Art des Anspruchs an Produkte und Dienstleistungen. „Junge Menschen sind bei Qualität und Perfektion oft mit 90 Prozent zufrieden“, betonte Bauer. Tatsächlich funktioniere eine Beta-Version oft auch ganz gut, sei billiger und schneller verfügbar. Somit könnten sich auch Kundenerwartungen ändern. Der Technologiebeauftragte des Landes machte den Unternehmen Mut mit dem Hinweis: „Man muss nicht Informatiker sein, um mit digitaler Transformation erfolgreich zu sein.“

Für IHK-Präsidentin Breuning ist wichtig, die digitale Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zu stärken, die öffentlichen Förderinstrumente für KMU stärker auf die Koppelung von Geschäftsideen mit digitalen Lösungen und Angeboten auszurichten und die Metropolregion Stuttgart als kreativen und attraktiven Standort für digitale Geschäftsmodelle international zu bewerben. Speziell der Fachkräftemangel im Bereich Künstlicher Intelligenz erfordere eine internationale Standortwerbung, so IHK- Präsidentin Breuning.

Laut IHK-Hauptgeschäftsführer Johannes Schmalzl hat die IHK Region Stuttgart für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zum Thema digitale Transformation ein umfangreiches Beratungs- und Informationsangebot entwickelt. „Wir haben Angebote sowohl für die Betriebe, die sich schon der Digitalisierung stellen, als auch für die zögernden und abwartenden“, so Schmalzl. Es gebe Beratung und Information in Stuttgart wie in den Bezirkskammern in verschiedenen Formaten, von der Basis-Information über Best-Practice-Fachveranstaltungen bis zu Kongressen wie „100 Stunden Morgen“ (23. bis 27. September 2019) oder das „Blockchain Camp“. Ziel sei dabei auch die Vernetzung der Akteure aus der Wirtschaft untereinander sowie mit der Wissenschaft.

PM IHK Region Stuttgart

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