BWIHK: Südwestkonjunktur läuft rund, aber wenig dynamisch – Fachkräftemangel bremst Personalaufbau

Der Konjunkturmotor der Südwestwirtschaft läuft auch im Frühsommer 2016 weiterhin rund. Die übergroße Mehrheit der Betriebe in Baden-Württemberg ist mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden. Auch bei den Erwartungen für das laufende Jahr dominiert die Zuversicht, jedoch und vor allem in der Industrie eher verhalten. Die Grundtendenz am Arbeitsmarkt bleibt positiv, denn viele Betriebe wollen Personal aufbauen. Allerdings verhindert der anhaltende Fachkräftemangel Einstellungsabsichten vor allem in den Dienstleistungsbranchen. Auch sorgen globale Entwicklungen wie Terrorgefahr, Handelshemmnisse, schleppende Strukturreformen in Europa, ein drohender Brexit und die Gefahr steigender Rohstoff- und Energiepreise in Teilen der Unternehmerschaft für Verunsicherung. Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) in Baden-Württemberg, an der sich rund 4.100 Unternehmen aller Branchen, Größenklassen und Landesteile beteiligt haben.
„Trotz zunehmender Risiken steht die Südwestwirtschaft immer noch sehr gut da. Was fehlt, sind die Impulse aus dem Ausland“, sagt Dr. Peter Kulitz, Präsident des BWIHK. Laut Umfrage bewerten rund 95 Prozent der befragten Unternehmen ihre Lage gut oder befriedigend. Das sind fast genauso viele wie zu Beginn des Jahres. Nur jeder 18. Betrieb klagt über schlecht laufende Geschäfte. Neben der Bauwirtschaft berichten insbesondere chemisch-pharmazeutische Industrie, Automobilhersteller sowie Gastgewerbe über eine verbesserte aktuelle Lage. Dagegen hat die Zufriedenheit im Einzelhandel sowie im Kreditgewerbe nachgelassen.
Die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate bleiben laut Kulitz insgesamt verhalten zuversichtlich. Ein knappes Drittel der befragten Unternehmen ist optimistisch, jeder zehnte Betrieb skeptisch. Zu Jahresbeginn machten sich die Unternehmen nur geringfügig mehr Hoffnungen.
Eine der Ursachen für die leicht nachlassende Zuversicht sei die schon zu Beginn des Jahres nicht allzu dynamische Umsatzentwicklung. Diese habe in den letzten Monaten weiter an Schwung verloren. Laut Umfrageergebnissen melden 38 Prozent der Unternehmen gestiegene Erlöse – ein Rückgang um acht Prozentpunkte gegenüber dem Jahresstart. Der Anteil der Betriebe mit Umsatzrückgängen ist um zwei Prozentpunkte auf 22 Prozent gestiegen.
Auch der Optimismus der Südwestindustrie bezüglich ihrer Exportchancen in den bisherigen Konjunkturstützen Nordamerika und Eurozone hat nachgelassen, so der BWIHK-Präsident. Nochmals zugenommen hat ebenso die Skepsis gegenüber den Schwellenländern Südamerikas und Osteuropas. Lediglich die Zuversicht bezüglich der asiatischen Märkte ist auf verhaltenem Niveau gestiegen. Somit bleiben die zusätzlichen Impulse aus dem Ausland verhältnismäßig schwach.
Auch von der Binnennachfrage verspricht sich die Südwestwirtschaft keine nachhaltige Stärkung der konjunkturellen Dynamik, denn für eine spürbare Beschleunigung der wirtschaftlichen Aktivitäten reichen steigender Konsum und niedrige Zinsen allein nicht aus. Die Zahl der Unternehmen, die eine steigende Nachfrage aus dem In- und Ausland registrieren, ist dennoch von 31 (Jahresbeginn) auf 33 Prozent gestiegen. Immerhin gehen wie schon zu Jahresbeginn rund 80 Prozent der Befragten von zunehmenden oder gleichbleibenden Inlandsinvestitionen aus.
Der Umfrage zufolge befürchten 46 Prozent aller Befragten aufgrund von Fachkräfteengpässen nicht alle Stellen besetzen zu können. Während fast zwei Drittel ihre Personalstärke beibehalten wollen, planen 22 Prozent zusätzliche Einstellungen. Knapp 13 Prozent müssen ihre Belegschaften verkleinern. Trotz niedriger Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent in Baden-Württemberg sieht Kulitz die Situation am Arbeitsmarkt kritisch: „Viele Betriebe wollen weiter einstellen, werden aber ausgebremst, weil qualifizierte Fachkräfte fehlen.“ Die Politik müsse alles unterlassen, was diese Situation noch verschärfe – Ansätze wie etwa eine attraktivere Flexirente ohne Abzüge für die Arbeitslosenversicherung gehen in die richtige Richtung.

PM

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