Kreissparkassenvorstand Joachim Müller unterstreicht die Wichtigkeit des Privatkundengeschäftes

„Sie sind es gewohnt, dass ich Ihnen an dieser Stelle einen dezidierten Einblick in das Privatkundengeschäft gebe, so eröffnete Joachim Müller das Pressegespräch, „die Zahlen möchte ich Ihnen auch heute nicht schuldig bleiben, aber lassen sie mich vorab noch Themen reflektieren, die aktuell in der Öffentlichkeit diskutiert werden:

In den Kundengesprächen erleben wir täglich, wie sehr unsere Kunden verunsichert sind. Was wird aus unserem Ersparten? Können wir überhaupt noch für das Alter vorsorgen? Lohnt es sich, Kredite aufzunehmen, um in Sachwerte zu investieren? Geschürt werden die Ängste zudem durch die öffentliche Diskussion um die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen in Höhe von 5000 Euro und das mögliche aus dem Verkehr ziehen der 500-Euro-Banknote. Meine Damen und Herren, was wir aktuell erleben, kommt einer Erosion der ausgeprägten Spar- (und Bezahl-)kultur in Deutschland gleich.

Bargeld ist in Deutschland alleiniges unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Wenn der Gläubiger keine andere Zahlungsart akzeptiert, dann können Sie Schulden nur mit Bargeld begleichen. Weiter spielt Bargeld in Deutschland noch immer eine wichtige Rolle im Einzelhandel: Gut die Hälfte der Umsätze werden noch immer bar bezahlt. Warum soll sich das nun ändern?

Befürworter der Obergrenze für Bargeldzahlungen argumentieren mit Kriminalitäts- und Terrorismus-bekämpfung. Der wahre Grund für diese Forderung liegt aus unserer Sicht allerdings woanders: Eine Bargeldobergrenze ist der Einstieg in die Abschaffung des Bargeldes. Dadurch werden Negativzinsen auf breiter Front möglich. Denn bislang kann, wer bei der Einführung von Negativzinsen Strafzinsen entgehen möchte, sein Geld abheben und unters Kopfkissen beziehungsweise in den Tresor oder ins Schließfach legen. Gerne in großen Scheinen zu 500 Euro.

Gibt es kein Bargeld mehr, dann kann niemand mehr dem Wertverlust durch negative Zinsen ausweichen. Der Weg wäre frei für eine Geldpolitik der Negativzinsen. Davon profitieren vor allem die Staaten als größte Schuldner. Für Sparer wird Sparen allerdings zur Falle. Das Ersparte wird über Zins und Zinseszins nicht mehr, sondern durch Negativzinsen weniger und das gefährdet insbesondere  auch die Altersvorsorge-Systeme.

Darüber hinaus werden wir alle durch verschiedene intransparente Zahlungsarten zu gläsernen Bürgern. Bereits heute nutzen große Konzerne wie Ebay, Apple oder Amazon Daten aus dem Internetzahlungsverkehr.

Als Sparkasse heißen wir diese Eingriffe in die Grundlagen von Marktwirtschaft und Demokratie nicht gut. In einem Niedrig- oder Negativzinsumfeld wird der Vorsorgegedanke nicht mehr wie in den vergangenen Jahrzehnten gelebt. Die Menschen haben dadurch immer weniger Reserven und verlieren auf diesem Weg ihre Unabhängigkeit. Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg.

Und was sehen wir davon schon heute? Nach der Veröffentlichung entsprechender Berichte in den Medien kamen die Kunden zu uns, um 500-Euro-Banknoten umzutauschen. Zudem sind die Schließfachanlagen gefragt. Die Auslastung beträgt bei uns hausweit aktuell 70 Prozent, wobei es hier vom Standort abhängt, ob noch Schließfächer frei sind oder nicht.

Insbesondere bei jüngeren Kunden stellen wir fest, dass immer weniger privat für das Alter vorsorgen. Laut dem Sparkassen-Vermögensbarometer liegt der Anteil der Personen, die monatlich überhaupt keine Rücklagen für das Alter bilden, bei derzeit 40 Prozent. Gegenüber der Umfrage 2013 sind dies acht Prozent mehr.

Bei der Anlageberatung sehen wir, dass sich immer mehr sicherheitsorientierte Anleger langsam für alternative Anlageformen öffnen, um die Chance auf bessere Renditen zu wahren. In unserem sogenannten Beratungsprozess Anlageberatung gehen wir mit den Kunden die unterschiedlichen Anlageklassen durch und erklären ihnen die Chancen und Risiken. Der Nutzen für den Kunden liegt darin, dass er im Vergleich zu den aktuellen Konditionen im Sparbereich einen Mehrertrag erzielt. Weiter kommt es zu einer Streuung der Risiken, da das Vermögen über verschiedene Anlageklassen verteilt wird (Immobilien, Renten, Aktien und Liquidität). Auf diese Weise wird das Vermögen breit diversifiziert, was in der heutigen Niedrigzinswelt mit erhöhten Schwankungen an den Märkten sehr wichtig ist.

Jetzt komme ich zu den versprochenen Zahlen des Geschäftsjahrs 2015: Das Wertpapiervolumen lag zum Jahresende bei 897 Millionen Euro. Bei den Wertpapierumsätzen schlugen 2015 398 Millionen Euro zu Buche.

Wir haben davon gesprochen, dass viele Kunden in Sachwerte investieren beziehungsweise anstatt zu sparen Kredite aufnehmen. Damit sind wir schon beim Thema Immobilien.

Die Immobilie als Anlageobjekt ist angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase überaus gefragt. Die Renditen lagen 2015 zwischen drei und viereinhalb Prozent. Die Anleger bevorzugen nach wie vor Immobilien im Geschosswohnungsbereich, gerne auch Gesamtobjekte wie Sechs- bis Acht-Familienhäuser als klassisches Mietshaus.

Eigennutzer präferieren weiterhin renovierungsbedürftige Immobilien verstärkt im Preisbereich um 200 000 Euro. Aber auch Objekte ab 300 000 Euro verzeichneten 2015 eine gute Nachfrage. Generell war dabei wie schon in den Jahren zuvor ein stärkerer Eigenkapitaleinsatz zu verzeichnen. Das attraktive Zinsniveau veranlasste viele Mieter zum Erwerb einer Immobilie.

Da stellt sich die Frage nach der sogenannten Immobilienblase: Diese sehen wir im Landkreis Göppingen noch nicht. Zwar wurde im Segment Neubau die Preisgrenze von 3100 Euro je Quadratmeter durchbrochen, doch bewegen wir uns damit gegenüber den angrenzenden Kreisen wie Esslingen, Rems-Murr oder auch der Stadt Stuttgart noch weit unter deren Niveau.

Im Gebrauchtmarkt ist ebenso keine Immobilienblase zu erkennen, wobei aber aufgrund der knappen Angebotslage von vielen Privatverkäufern extrem hohe Preise aufgerufen werden. Hier gilt es, die Preisfindung kritisch zu hinterfragen und den Rat eines Spezialisten einzuholen.

Einen starken Verbundpartner haben wir bei der Baufinanzierung mit der LBS an unserer Seite. Die Zahl der Abschlüsse lag 2015 bei rund 123 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte aller Baufinanzierungen im Kreis Göppingen werden mit der Kreissparkasse gemacht.

Ein weiterer Pluspunkt unserer Beratung: Wir haben immer den Einsatz öffentlicher Förderkredite im Blick. Im vergangenen Jahr haben wir wohnwirtschaftliche Förderkredite in Höhe von 17,3 Millionen Euro vermittelt.

An dieser Stelle lassen Sie mich noch kurz auf die
EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingehen, die am 21. März in Kraft getreten ist. Ziel dieser EU-Richtlinie ist es, den Verbraucherschutz bei der Kreditvergabe zu verbessern. Es soll ein transparenter, effizienter und wettbewerbsfähiger Binnenmarkt für Immobilienfinanzierungen geschaffen werden. Und die Beratungsqualität soll insbesondere durch höhere Anforderungen an die Qualifikation der beratenden Bankmitarbeiter gesteigert werden.

Die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung sind hoch. Die Kreditinstitute müssen streng prüfen, ob ein Kredit für den Kreditnehmer auch wirklich bis zum Vertragsende machbar, also zu bedienen ist. Bei der Kreissparkasse haben wir die Kreditwürdigkeitsprüfung auch in der Vergangenheit schon sehr ernst genommen. Insofern ändert sich für uns nicht viel. Neu ist jedoch die mehr als ausführliche Dokumentation, zu der wir jetzt gesetzlich verpflichtet sind. Wir beobachten, dass ein Beratungsgespräch, das früher rund eineinhalb Stunden gedauert hat, aufgrund der Dokumentationspflicht heute mindestens zwei Stunden dauert. Das stellt sich für die Kunden durchaus belastend dar.

Nach dem Betongold jetzt noch ein Wort zum echten Gold:
2014 haben wir als erste Bank in Deutschland das sogenannte Goldkonto eingeführt. Die Resonanz am Markt ist nach wie vor gut. Wir verzeichnen aktuell ein Volumen von rund 7,5 Millionen Euro auf den Goldkonten.

Der eine sorgt mit Gold vor, der andere legt Wert auf eine gute Versicherung. Kommen wir nun zum Versicherungs-geschäft. Unsere hauseigene Versicherungsagentur verzeichnete 2014 das beste Provisionsergebnis seit deren Gründung. Im vergangenen Jahr konnte sie dieses Spitzenergebnis nicht wiederholen.

Im Geschäftsjahr 2015 hat unsere Versicherungsagentur im Bereich Leben 35,9 Millionen Euro Beitragssumme (Vorjahr gut 40 Millionen Euro) an unsere Verbund- und Kooperationspartner vermittelt. Das Sachversicherungs-geschäft lag bei 1,2 Millionen Euro (Vorjahr 1,4 Millionen Euro) Gesamtbeitragssumme.

Das Restkreditversicherungsgeschäft, sprich die Absicherung unserer Baufinanzierungs- oder Privatkredite gegen die Gefahren Tod, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit wurde um 30 Prozent auf eine Million Euro Vermittlungsvolumen gesteigert.

Insgesamt ist festzuhalten, dass sich das Marktumfeld im Lebensversicherungsbereich spürbar verändert hat. Die Versicherungsgesellschaften bereiten die Umsetzung des Lebensreformversicherungsgesetzes vor. Der Trend geht weg von der klassischen Rentenversicherung mit Rechnungszinsen, hin zu einer indexbasierten Rentenversicherung mit oder ohne Beitragserhaltungs-garantie.

Bevor ich das Wort an meinen Kollegen Klaus Meissner übergebe, erlauben Sie mir noch einen Blick auf unsere Filialen. Allenthalben ist zu lesen, dass es zum großen Filialsterben kommt. Besonders die Sparkassen werden „totgesagt“. Ich hoffe, dass sich hier der Spruch bewahrheiten wird, dass „Totgesagte länger leben“.

In Anbetracht des Kundenverhaltens, der Digitalisierung und der Niedrigzinsphase haben wir schon vor Jahren unser Filialnetz analysiert und im August 2014 Veränderungen angekündigt. Diese sind bis auf die Zusammenführung der Filialen Reusch und Rosenplatz an der Nördlichen Ringstraße (voraussichtlich im Frühjahr 2017) alle umgesetzt. Darüber hinaus stehen auch keine weiteren Veränderungen an.

Da Kundenservice bei uns einen hohen Stellenwert hat, verfügen wir seit Herbst 2015 über unseren neuesten Filialtyp – die Mobile Filiale. Diese fährt die Gemeinden Aufhausen, Eschenbach, Reichenbach u. R., Treffelhausen, Unterböhringen und seit Ende Februar das Christophsbad in Göppingen an. Rund 50 Kunden nutzen diesen Service Woche für Woche. Das sind insbesondere Kunden, die weniger mobil, wenig Online-Banking-affin und darauf angewiesen sind, dass die Filiale in den Ort kommt. Die Zahlen zeigen uns aber, dass die meisten Kunden auf einen Service dieser Art nicht angewiesen sind und den Weg zu umliegenden Filialen gefunden haben.

Auf der anderen Seite spiegeln diese Zahlen auch die Veränderung wider, die sich gerade in großen Schritten vollzieht. Immer mehr unserer Kunden nutzen Sparkassen-Apps (durchschnittlich 11.000 aktive Nutzungen im Monat) und Online-Banking (rund 50.000 Verträge). Im vergangenen Jahr haben wir zwei Monate lang alle Geschäftsvorfälle untersucht – also ob ein Kunde auf die Filiale geht, Online-Banking macht, Telefon-Banking, den Beraterchat oder Selbstbedienungsterminals nutzt usw. Gut zwei Drittel der Kunden tätigten dabei ihre Transaktionen per Mobile-Banking oder per Online-Banking. Zur Filiale gehen viele Kunden hauptsächlich dann, wenn sie eine Anlageentscheidung treffen, einen Kredit benötigen oder eine Immobilie finanzieren – also immer dann, wenn wichtige Lebensentscheidungen anstehen. Für Beratungsgespräche stehen unsere Berater und Beraterinnen nach Vereinbarung Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr zur Verfügung. Auf Wunsch auch gerne beim Kunden zu Hause.

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