Ein Blick in die Unfallstatistik überrascht viele: Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung passieren jedes Jahr mehrere tausend Unfälle bei Forstarbeiten in Deutschland, und ein erheblicher Teil davon endet mit schweren Verletzungen. Auch im Landkreis Göppingen sind private Waldbesitzer betroffen, die häufig selbst Hand anlegen. Wer meint, dass Motorsäge und Traktor ausreichen, verkennt die Risiken. Stürzende Stämme, reißende Seile oder falsche Handgriffe verwandeln den Wald schnell in einen Ort höchster Gefahr.
Moderne Technik verändert die Waldarbeit im Kreis Göppingen
Viele Waldbesitzer im Landkreis arbeiten auf kleinen Parzellen, die seit Generationen in Familienbesitz sind. Der Einsatz klassischer Methoden hat Tradition, doch moderne Technik bietet klare Vorteile. Eine Forstseilwinde mit Funk ermöglicht es, Stämme aus sicherer Distanz zu bewegen. Der Bediener muss nicht direkt neben der Last stehen, sondern kann den Holztransport sicher von einer Position mit besserer Übersicht steuern. Das reduziert Risiken erheblich.
Forstfachleute betonen, dass der technische Fortschritt in diesem Bereich mehr ist als Komfort. Nach Angaben der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) sind Seilrisse und Quetschungen beim Rücken von Holz besonders häufige Unfallursachen. Eine funkgestützte Steuerung minimiert die Wahrscheinlichkeit solcher Vorfälle, weil Abstand zur Gefahrenzone gewahrt bleibt.
Gerade die Struktur der Göppinger Wälder macht den Einsatz moderner Hilfsmittel sinnvoll. Viele Flächen sind klein und unübersichtlich. Häufig arbeiten die Besitzer allein oder mit Familienmitgliedern. Maschinen, die Effizienz und Sicherheit kombinieren, gleichen fehlende Routine aus. Wer sein Holz regelmäßig aufarbeitet, gewinnt nicht nur an Sicherheit, sondern spart auch wertvolle Zeit.
Klimatische Veränderungen erschweren sichere Arbeit
Die Wälder im Landkreis Göppingen stehen zunehmend unter Druck. Längere Trockenperioden haben in den vergangenen Jahren nicht nur das Wachstum gebremst, sondern auch ganze Bestände geschwächt. Besonders Fichten, die ohnehin empfindlich auf Wassermangel reagieren, sind in vielen Teilen des Landkreises anfälliger für Schädlinge geworden. Der Borkenkäfer, der sich unter trockenen Bedingungen besonders schnell vermehrt, hat großflächige Schäden verursacht. Der Deutsche Wetterdienst dokumentierte, dass Baden-Württemberg zwischen 2018 und 2022 fünf Jahre in Folge überdurchschnittlich viele heiße Sommertage mit Werten über 30 Grad erlebte. In Kombination mit starken Winterstürmen führte das dazu, dass viele Bäume ihre Standfestigkeit verloren und leichter umstürzen.
Besonders tückisch sind sogenannte Wurf- oder Bruchhölzer nach Stürmen. Diese Stämme sind oft verdreht, hängen in Nachbarbäumen fest oder liegen unter enormer Spannung. Ein einziger falscher Schnitt kann dazu führen, dass der Stamm wie ein Peitschenschlag zurückschnellt. Forstexperten berichten von Fällen, in denen selbst erfahrene Waldarbeiter schwer verletzt wurden, weil ein Ast plötzlich unter Spannung nachgab. Für Laien, die ihren Wald nach einem Unwetter schnell aufräumen möchten, ist das Risiko kaum einschätzbar. Ein Beispiel aus dem Raum Göppingen: Nach Sturm Sabine im Februar 2020 mussten Forstteams mehrere Tage lang arbeiten, um gefährlich verkeilte Baumteile zu entfernen. Ohne Spezialtechnik und geschulte Fachkräfte wäre das kaum möglich gewesen.
Digitalisierung bietet neue Sicherheitsebenen
Digitale Werkzeuge verändern die Arbeit im Forst. Drohnen liefern Luftbilder, die Gefahrenstellen vorab sichtbar machen. Apps dokumentieren Arbeitsfortschritte und warnen bei kritischen Wetterlagen. Solche Hilfsmittel sind in großen Betrieben längst Alltag und finden nun auch in kleineren Wäldern Anwendung.
Eine Untersuchung der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg zeigt, dass der Einsatz digitaler Lösungen nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Unfallgefahr senkt. Wer seinen Wald digital kartiert, kann den Einsatz von Maschinen besser planen und Gefahrenzonen vermeiden.
PM