Aktuell diskutiert die Agrarministerkonferenz (AMK) über eine Anpassung des Düngerechts – das Ergebnis der Diskussion könnte weitreichende Folgen für Mensch und Natur haben. Obwohl die Vereinten Nationen sauberes Trinkwasser als globales Menschenrecht verankerten, bleibt der Schutz deutscher Gewässer vor Nitratbelastung 34 Jahre nach Verabschiedung der EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG unzureichend. Rund ein Viertel aller deutschen Messstellen überschreiten weiterhin den gesetzlichen Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Der NABU Baden-Württemberg und der Verband für Energie- und Wasserwirtschaft (VfEW) sehen die AMK in der Pflicht.
NABU und VfEW erwarten politische Konsequenzen
„Die Agrarministerinnen und -minister sind aufgefordert, endlich das Recht auf sauberes Trinkwasser und den Schutz der biologischen Vielfalt in wirksame Maßnahmen umzusetzen. Landwirtinnen und Landwirte brauchen eine klare Richtschnur, um geltendes Recht auf dem Acker anzuwenden. Damit die EU-Düngeverordnung deutschlandweit wirkt, sind bessere Kontrollen, eine reduzierte Düngemittelausbringung und bessere Förderbedingungen für umweltfreundlichere Anbaumethoden nötig“, fordert der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle.
Stickstoff ist ein Superfood für Nutzpflanzen. Wird bei der Düngung zu viel Stickstoff ausgebracht, können die Pflanzen dieses nicht mehr aufnehmen. Durch biochemische Prozesse entsteht Nitrat. Das Übermaß an Stickstoffverbindungen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie in der Landschaft gefährdet die Artenvielfalt sowie das Trinkwasser. Für Säuglinge ist zu viel Nitrat im Trinkwasser lebensgefährlich. Trinkwasserversorger müssen bei Grenzwertüberschreitungen Maßnahmen treffen, um die Nitratbelastung im Trinkwasser zu senken. Zum Beispiel wird belastetes Wasser mit unbelastetem verdünnt oder es kommen technisch aufwändige Verfahren zum Einsatz, die am Ende häufig zu einer Preissteigerung bei der Trinkwasserbereitstellung führen.
In Baden-Württemberg überschreiten immer noch 30 Prozent der Messstellen in landwirtschaftlich geprägten Gebieten den Nitrat-Warnwert von 37,5 Milligramm pro Liter Wasser, 14 Prozent liegen über dem gesetzlichen Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm je Liter. Das zeigt das Grundwasser-Überwachungsprogramm des Landes. Betrachtet man alle Messstellen des Landes, inklusive Siedlungs- und Industriegebiete, überschreiten nur 17 Prozent den Warnwert und 7,7 Prozent den Grenzwert.
„Auch wenn Baden-Württemberg vom Nitratproblem nicht so stark betroffen ist wie andere Regionen in Deutschland tauchen immer noch kritische Messwerte an 261 Grundwasserbrunnen im Land auf, und das ist seit Jahren nahezu unverändert“, so Torsten Höck, Geschäftsführer des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft (VfEW). „Hier braucht es ambitioniertere Maßnahmen des Landes, um die Grundwasserqualität nachhaltig zu verbessern.“
Warum ist Nitrat problematisch?
Nitrat ist für Pflanzen lebensnotwendig, wird aber bei Überdüngung zu einem Umweltproblem:
- Gesundheitsgefahr: Hohe Nitratwerte im Trinkwasser können zur Bildung von Nitrit führen, das besonders für Säuglinge gesundheitsschädlich ist. Ein Großteil unseres Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen.
- Gewässerverunreinigung: Zu viel Nitrat führt zur Überdüngung in Flüssen, Seen und Meeren, was Algenblüten und Sauerstoffmangel verursacht (Eutrophierung).
- Artensterben: Sauerstoffarme Gewässer setzen Fischbeständen und anderen Wasserlebewesen zu. Zu viel Stickstoff in der Landschaft fördert stickstofftolerante Pflanzen und verdrängt Arten, die auf nährstoffärmere Verhältnisse angewiesen sind. Darunter leiden blütenbesuchende Insekten.
- Mehrkosten: Zu hohe Nitratwerte im Trinkwasser führen bei Trinkwasserversorgern zu erheblichen Mehrkosten. Sie müssen dann Maßnahmen ergreifen, um die Grenzwerte einzuhalten. Je nach Verfahren entstehen Kosten von 0,40 bis 1 Euro pro Kubikmeter Wasser (Stand 2017).
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Foto vom NABU
PM NABU Baden-Württemberg