Konjunktur: Kleinstunternehmen in Baden-Württemberg sorgen sich besonders um Inlandsnachfrage und schauen verhalten in die Zukunft
Einpersonen- und Kleinstunternehmen (EKU) sehen die schwache Inlandsnachfrage als derzeit größte wirtschaftliche Herausforderung. Dies geht aus der Sonderauswertung des IHK-Konjunkturberichts für Baden-Württemberg hervor. Dieser wird, wie die generelle Auswertung über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg, für den Südwesten vom Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) veröffentlicht.
Mehr als jedes zweite EKU – also Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten – äußert seine Besorgnis über die stagnierende Nachfrage im Inland. Das verursacht vielen dieser Unternehmen tiefe Sorgenfalten, denn aufgrund einer geringen Exportquote sind EKU besonders stark auf das heimische Geschäft angewiesen. Weitere zentrale Herausforderungen sind steigende Energiekosten (47 Prozent), hohe Arbeitskosten (44 Prozent) und die aktuelle Wirtschaftspolitik (41 Prozent). Vor allem Letzteres hat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich an Bedeutung gewonnen (+5 Prozentpunkte).
Die zunehmende Komplexität wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen sowie der wachsende Bürokratieaufwand belasten insbesondere Kleinstbetriebe. „Diese Faktoren binden wertvolle Ressourcen und führen zu erheblichen Mehraufwänden, die sich direkt auf die Rentabilität auswirken“, wie Dr. Wolfgang Epp hervorhebt. Dr. Epp ist Hauptgeschäftsführer bei der IHK Reutlingen, die das Thema EKU landesweit für den BWIHK koordiniert.
Zurückhaltende Lagebewertung und verhaltene Zukunftsaussichten
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage fällt bei den EKU zurückhaltend aus: Immerhin bewerten 29 Prozent ihre Situation als „gut“, während 23 Prozent sie als „schlecht“ einstufen. Besonders besorgniserregend ist die Umsatzentwicklung: 45 Prozent der befragten Unternehmen mussten im Vergleich zum Vorjahresquartal rückläufige Umsätze verzeichnen, während lediglich jedes fünfte Unternehmen steigende Einnahmen verbuchte. Dies führte unter anderem zu einer Verschlechterung der Ertragslage bei 29 Prozent der befragten EKU.
Der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate bleibt verhalten: Nur 15 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, während 31 Prozent eine weitere Verschlechterung erwarten. Die wirtschaftliche Grundstimmung ist damit eher pessimistisch geprägt – dies stimmt bedenklich, da EKU das quantitative Rückgrat der Wirtschaft im Land bilden.
Investitionsbereitschaft bleibt gering
Investitionen sind ein wichtiger Indikator für wirtschaftliche Dynamik und Zukunftserwartungen. Vor dem aufgezeigten Hintergrund erscheint es wenig überraschend, dass nur 13 Prozent der EKU in Baden-Württemberg planen, ihre Investitionen in den kommenden zwölf Monaten zu erhöhen. Im Gegenteil plant rund jedes fünfte Kleinstunternehmen Investitionskürzungen. Besonders alarmierend ist aber, dass 32 Prozent der befragten EKU angeben, vorerst gar keine Investitionen mehr tätigen zu wollen – dies ist der höchste Wert unter allen Unternehmensgrößen in Baden-Württemberg.
Über alle Betriebsgrößen der Gesamtwirtschaft im Land hinweg plant knapp ein Drittel der befragten Unternehmen, ihre Investitionen zu reduzieren. Dies dürfte auch zahlreiche Einpersonen- und Kleinstunternehmen negativ treffen, da sie insbesondere im Geschäftskundensegment stark in die Wertschöpfungs- und Lieferketten größerer Unternehmen eingebunden sind.
EKU fordern mehr politische Aufmerksamkeit
Die Einpersonen- und Kleinstunternehmen hoffen, dass die künftige Bundesregierung wirtschaftspolitische Themen – insbesondere den Bürokratieabbau – stärker in den Fokus rückt. „Gerade kleine Unternehmen leiden besonders unter den steigenden regulatorischen Anforderungen, da ihnen oft das Personal fehlt, um diese effizient zu bewältigen“, so Dr. Epp. Eine klare politische Strategie zur Stärkung der Kleinstunternehmen wäre daher ein wichtiges Signal – insbesondere durch eine Berücksichtigung ihrer Interessen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung.
Hintergrund
Die BWIHK-Konjunkturumfrage für alle Branchen und Unternehmen jeder Größenklasse findet drei Mal im Jahr statt. Aus der aktuellen Umfrage zum Jahresbeginn (insgesamt 3.679 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) wurden hier die Rückmeldungen der 919 Einpersonen- und Kleinstunternehmen (EKU) separat ausgewertet. EKU sind Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten (Vollzeitäquivalenten).
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von weit mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag