Weil die Biogasbranche bislang vergeblich auf eine Einladung des Bundeswirtschaftsministeriums zum Gipfeltreffen nach Berlin wartet, veranstaltet der Fachverband Biogas eigenständig Ländergipfel, um den Austausch zwischen Politik und (Biogas)Wirtschaft anzuschieben. Denn der Druck auf die Branche steigt. Nach Rheinland-Pfalz, NRW und Niedersachsen fand am 12. Juli der Biogas-Gipfel Bayern statt, den der Fachverband gemeinsam mit dem Landesverband Erneuerbare Energien Bayern (LEE Bayern) organisiert hat.
Bundestagsabgeordnete der Ampel-Parteien und der CSU sind der Einladung nach Merkendorf gefolgt, um mit Vertretern der bayerischen Biogasfirmen über die Situation und die Bedeutung von Biogas im Freistaat und den daraus resultierenden politischen Handlungsbedarf zu diskutieren. Auch der dreifache Rodel-Olympiasieger und Biogas-Botschafter Georg Hackl hat an der Veranstaltung teilgenommen.
Vor dem Hintergrund der erneut dreifach überzeichneten Biomasse-Ausschreibung und der Abschaltung der ersten Biogasanlagen bei gleichzeitigem Bedarf an flexibler Strombereitstellung und regionaler Wärmeversorgung ging es bei dem Treffen um nicht weniger als die Zukunft der Biogasbranche – in Bayern und in Deutschland.
Immer wieder tauchte die Frage auf: Warum? Warum findet Biogas trotz seiner nachweislich zahlreichen Vorteile, die auf dem Biogas-Gipfel von verschiedenen Seiten untermauert wurden, so wenig Beachtung in der energiepolitischen Planung in Berlin? Warum wird die Wirtschaftskraft von Biogas im ländlichen Raum und die vielen Effekte der Kreislaufwirtschaft nicht angemessen von der Bundesregierung berücksichtigt?
„Viele Betreiber sind in großen Nöten, sie haben keine Perspektive“, betonte der Geschäftsführer von agriKomp und Gastgeber der Veranstaltung, Robert Bugar, in seiner Begrüßung. Die Biogasbranche werde „in vollem Lauf abgeschossen – und stattdessen werden neue fossile Kraftwerke gebaut.
„Wir haben in den letzten 24 Jahren gezeigt, dass wir es können“, ergänzte der Vizepräsident des Fachverbandes Biogas und Vertreter der Firmen, Christoph Spurk. Gemeinsam mit den Betreibern hätten die Firmen Deutschland zum globalen Technologieführer im Bereich Biogas gemacht – „und jetzt wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.“ Biogastechnik Made in Germany sei weltweit gefragt. „Der Rest der Welt schaut kopfschüttelnd auf Deutschland“, sagte Spurk.
Untermauert wurde diese Aussage von Markus Ott von der Agraferm GmbH, die nur noch im Ausland tätig ist. Man brauche aber erfahrene Betreiber im heimischen Markt, um die Technik weiter entwickeln zu können, betonte Ott.
Der Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas, Manuel Maciejczyk, unterstrich in seinem Statement, dass allein in Bayern 11.000 Menschen, v.a. im ländlichen Raum, in der Biogasbranche beschäftigt sind und die dortige Biogaswirtschaft seit 2005 über 73 Mr. € Umsatz generiert hat. „Geld, das im ländlichen Raum bleibt und diesen stärkt“, betonte Maciejczyk. Noch gibt es 2.737 Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von 1.473 Megawatt (MW) – darunter 23 Biomethananlagen, die ihr aufbereitetes Gas direkt ins Gasnetz einspeisen.
Die bei der Stromerzeugung in Bayern anfallende Wärme (aktuell 5 Terawattstunden im Jahr) wird zur Beheizung von Häusern, Schulen, Schwimmbädern oder Turnhallen genutzt. Mit dem Ende der Biogasanlage würde diese Wärmequelle versiegen, mahnte Christoph Spurk.
Es drohe die Reaktivierung alter Ölheizungen, von denen es in Bayern noch immer mehr als doppelt so viele gebe wie im Rest des Landes, ergänzte Prof. Dr. Michael Sterner von der OTH Regensburg. Er kritisierte v.a. die einseitige Konzentration auf Wasserstoff. Biomethan habe eine 3-4-fach höhere Dichte und brauche entsprechend weniger Netzkapazität. „Nur mit Wasserstoff hätten wir den Winter 22/23 nicht überstanden“, ist sich Sterner sicher. Und die Bereitstellung der benötigten (grünen) Wasserstoffmenge bezweifelte der Wissenschaftler. „Wenn man lieber auf blauen Wasserstoff als auf Biomethan setzt – ist das noch grüne Politik?“ Er appellierte in Richtung Bundeswirtschaftsministerium an den gesunden Menschenverstand: „Unsere Probleme sind zu groß, als dass wir sie mit Ideologie lösen können.“
Ideologisches Handeln unterstellte auch der CSU-Abgeordnete Artur Auernhammer der Ampel. Er sei in großer Sorge, dass mit Biogas ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den ländlichen Raum wegbreche. Daniel Föst von der FDP beklagte die in Berlin noch weit verbreiteten Vorurteile gegenüber Biogas sowie die einseitige Fokussierung auf All-Electric. In Bezug auf den Bürokratieabbau erklärte er: „Wir haben der Verwaltung und den Behörden zu viel Macht gegeben – das hat sich verselbständigt.“
Markus Hümpfer von der SPD unterstütze die Forderung des Fachverbandes nach einer Anhebung des Flexibilitätszuschlags; er forderte mehr flexible Leistung und einen Ausbau des Anlagenbestandes. Auch die Vertreterin der Grünen, Lisa Badum, betonte Flex als das große Plus von Biogas und forderte mehr Anreize, um aus der theoretischen Flexibilisierung in die praktische zu kommen.
Über die Bedeutung von Biogas für die künftige Energieversorgung herrschte Einigkeit auf dem Biogas-Gipfel Bayern. Dennoch blieb am Ende die Frage: Warum? Warum werden die vielen Vorteile von Biogas nicht genutzt?
„Man kann nicht gegen Biogas sein – denn wer gegen Biogas ist, ist gegen die ökologische Kreislaufwirtschaft“, formulierte ein Teilnehmer. Am Ende blieb die dringende Forderung nach einer Anhebung des Ausschreibungsvolumens und einer Erhöhung des Flexzuschlags – und damit einer Perspektive für die Biogasnutzung in Deutschland.
PM Fachverband BIOGAS e.V