Edith Strassacker: Bürokratieabbau jetzt – IHK macht konkrete Vorschläge, um die immer weiter steigende Bürokratiebelastung zu stoppen

Nachdem Göppingens IHK-Bezirkskammerpräsidentin Edith Strassacker jüngst einen Bürokratieentlastungsgipfel im Filstal eingefordert hatte, unterlegt eine aktuelle Bürokratieumfrage der IHK Region Stuttgart dieses Ansinnen. Nach Einschätzung der Betriebe hat die Belastung durch Bürokratie in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Auf einer Skala von eins bis zehn bewerten die Unternehmen die Belastung heute mit einer 7,8 – vor fünf Jahren lag dieser Wert noch bei 5,3. 36 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie sich wegen der gestiegenen bürokratischen Anforderungen heute nicht mehr für eine unternehmerische Tätigkeit in Deutschland entscheiden würden. Die Umfrage, an der 587 Unternehmen aller Größen und Branchen teilgenommen haben, sei ein deutliches Alarmsignal. Für die IHK ist es jetzt fünf nach zwölf. „Wir haben keine Lust und Zeit mehr, auf durchgreifende Entlastungen zu hoffen, während die Politik mit immer neuen Vorhaben um die Ecke kommt“, ärgert sich der Präsident der IHK Region Stuttgart Claus Paal. Aus Sicht der Göppinger IHK-Bezirkskammerpräsidentin Edith Strassacker sei die Politik der Einzelfallerleichterungen und kleinen Schritte gescheitert. Das habe die Wirtschaft keinen Schritt weitergebracht. Auch die Behörden würden unter der Bürokratielast leiden. „Wir brauchen den Bürokratieabbau jetzt“, so Strassacker.

Fiktion für die Vollständigkeit

„Wir brauchen eine 180-Grad-Wende und einen spürbaren Befreiungsschlag“, so Strassacker. Die IHK Region Stuttgart habe dazu mit Hilfe ihres Bürokratie-Tools Vorschläge erarbeitet, die nicht nur an der Oberfläche kratzten, sondern die Bürokratie strukturell abbauen sollen. Dazu gehört beispielsweise eine Genehmigungsfiktion in Kombination mit einer Vollständigkeitsfiktion. Soll heißen: Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die zuständige Behörde nicht innerhalb von acht Wochen über den Antrag entschieden hat. Sie gilt außerdem als vollständig, wenn die Behörde nicht innerhalb von vier Wochen weitere Dokumente nachfordert.

Zurück zur Vertrauensbasis

Ein weiterer Vorschlag: Jede Nachweis-, Berichts- oder Dokumentationspflicht soll sich durch die Abgabe einer Selbsterklärung erfüllen lassen, Kontrollen erfolgen stichprobenartig. Und: Für jede Statistikpflicht sollen Unternehmen künftig eine sichere, eventuell auch KI-gestützte, Anwendung erhalten, mit denen sie Statistik-Daten automatisiert auswerten und melden können. Außerdem sollen keine Statistik-Daten mehr erhoben werden, die bereits einer Behörde vorliegen.

Mehr als zehn Stunden Aufwand für Bürokratie

Befragt nach den größten Bürokratiebelastungen bewerten in der Umfrage 44 Prozent die Belastung durch ausgeprägte Nachweis-, Berichts- und Dokumentationspflichten als sehr stark, über die Vorgaben durch den Datenschutz sagen das 37 Prozent. Den dafür benötigten zeitlichen Aufwand geben Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitenden mit 10,7 Stunden in der Woche an. 71 Prozent der Befragten geben an, zur Bewältigung der Bürokratie ganz oder teilweise zusätzliches Personal einstellen zu müssen, 88 Prozent greifen ganz oder teilweise auf externe Dienstleister zurück. Die große Mehrheit von 87 Prozent muss die Mehrbelastungen durch die Bürokratie – ebenfalls ganz oder teilweise – auf das bestehende Personal umverteilen. Und schaut man in die Nachbarländer, sagen 78 Prozent der IHK-Unternehmen, die einen Standort im EU-Ausland haben, dass die dortigen Belastungen niedriger oder sogar viel niedriger sind als in Deutschland. Für Standorte außerhalb der EU sagen das sogar 91 Prozent.

Hintergrund:  Bürokratie-Check und KI-Tool

Für ihre Strukturvorschläge haben die Rechts- und Bürokratieexperten der IHK rund 700 Dokumente aus allen möglichen Quellen gesammelt, kategorisiert und hochgeladen, hunderte Meldungen von Unternehmen eingegeben sowie rund 5000 Einzelnormen im Landesrecht Baden-Württemberg durchsucht. Herausgekommen sind 435 Berichtspflichten, 510 Dokumentationspflichten und 250 Schriftformerfordernisse. Als Mitglied der Entlastungsallianz hat die IHK die Ergebnisse bereits an das Wirtschaftsministerium gemeldet, wo es derzeit geprüft und weiterverarbeitet wird.

Informationen zur Umfrage

Für die IHK-Bürokratie-Umfrage wurden in der Zeit vom 28. Mai und 7. Juni 2024 Unternehmen aller Größen und Branchen in der Region Stuttgart befragt. Vollständig ausgefüllt hatten 587 Unternehmen den Frageboten.

8-Punkte-Papier zum Bürokratie-Abbau: Bürokratieabbau_ Strukturelle Vorschläge

PM IHK Region Stuttgart Bezirkskammer Göppingen

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