Mit Sorge blicken die baden-württembergischen Unternehmen auf den 1. Juli 2024, an dem rund 220.000 zusätzliche Fahrzeuge bundesweit mautpflichtig werden. „Zahlreiche Betriebe hofften zurecht auf eine mögliche Ausnahmegenehmigung, wurden jedoch vom Bund zu lange im Unklaren gelassen. Das hat zur Folge, dass die Unternehmen sich nicht rechtzeitig auf den Stichtag vorbereiten konnten. Der Starttermin muss verschoben und bei der Umsetzung der Maut muss nachgebessert werden“, so Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der IHK-Rhein-Neckar, die im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) in Verkehrsfragen federführend ist.
Ab dem 1. Juli sollen Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Maut zahlen. Doch die geplante Ausweitung ist bürokratisch, schlecht vorbereitet und kommt zur Unzeit. Die Politik möchte vor allem diejenigen zur Kasse bitten, die die Straßen besonders intensiv nutzen. Service- und Werkstattwagen von Handwerkern und handwerksähnlichen Dienstleistern profitieren. Doch der Teufel steckt im Detail: „Die Idee ist zwar richtig, die Umsetzung jedoch mangelhaft. Wenn ein Garten- und Landschaftsbauer eine Sandsteinmauer saniert, muss dieser Maut zahlen. Ein Maurer, welcher dieselbe Tätigkeit ausführt, ist jedoch mautbefreit. Das ist schwer nachvollziehbar“, so Nitschke. Der Hintergrund: Die Abgrenzung zwischen handwerksähnlichen und anderen Tätigkeiten ist unklar. Eine Liste der von der Abgabe befreiten Tätigkeiten wurde erst vor wenigen Wochen finalisiert, viele Unternehmen konnten noch kein Mautgerät im Fahrzeug installieren lassen.
„Inmitten einer Konjunkturflaute ist die Einführung zusätzlicher Kosten von 11 bis 25 Cent pro Kilometer eine erhebliche Belastung. Dies trifft kleine und mittelständische Betriebe besonders hart, die bereits heute mit zahlreichen Kostensteigerungen konfrontiert sind“, warnt Nitschke. „Viele Unternehmen sind nicht ausreichend informiert und werden überrascht sein, wenn sie nach dem 1. Juli erstmals kontrolliert werden.“
Der BWIHK fordert Nachbesserungen und eine Verschiebung des Mautstarts. Die Mautausweitung verursacht viel Aufwand, bringt aber nur wenig Nutzen. „Unsere Infrastruktur ist marode und benötigt viel Geld. Die neue Maut leistet dazu im Vergleich zum Schwerlastverkehr einen vergleichsweise geringen Beitrag“, so Nitschke. Daher sei es sinnvoll, den Unternehmen in der aktuellen Rezession entgegenzukommen und bestehende Schwächen zu beheben. „Für die Wirtschaft käme eine Entlastung zur richtigen Zeit, die Politik muss sich bewegen“, appelliert Nitschke.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von weit mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag