Deutsche Umwelthilfe geht juristisch gegen 15 Gasversorger wegen irreführender Werbung für „klimaneutrales“ Erdgas vor

  • Untaugliche Kompensationsprojekte, kaum Transparenz: DUH fordert Gasversorger zur Unterlassung irreführender Werbung auf
  • Betroffene „Ökogas“-Tarife täuschen Verbraucherinnen und Verbraucher mit vermeintlicher Klimaneutralität, CO2-Neutralität oder Klimakompensation, die in der Realität nicht erreicht wird
  • DUH kündigt Prüfung weiterer juristischer Schritte gegen weitere Gasversorger an: Recherchen von Correctiv und DUH decken weitreichende Verbrauchertäuschung durch Gasversorger auf

 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat heute deutschlandweit 15 Gasversorger aufgefordert, ihre verbrauchertäuschende Werbung für angeblich „klimaneutrales“ Erdgas zu beenden und entsprechende Unterlassungserklärungen zu unterzeichnen. Alle Betriebe bieten Verbraucherinnen und Verbrauchern Tarife für den Bezug von vermeintlich klimaneutralem „Ökogas“ an, dessen CO2-Emissionen durch Ablasszahlungen in Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden sollen. In allen Fällen sind die zur Kompensation herangezogenen Projekte aus Sicht der DUH untauglich, um die versprochene Klimaneutralität herzustellen. Die Projekte laufen, sofern zur Kompensation Waldprojekte verwendet werden, nicht ansatzweise so lange, wie für die Gewährleistung einer Klimaneutralität erforderlich. Darüber hinaus erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher meist nur unzureichende Informationen zu den Projekten.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit vermeintlichen Öko-Tarifen führen die von uns zur Unterlassung aufgeforderten Erdgasversorger umweltbewusste Kundinnen und Kunden hinters Licht und gaukeln ihnen klimaneutrale Ökobilanzen ihrer Gastarife vor, die es in der Realität nicht gibt. Sie informieren zumeist nicht darüber, ob alle Emissionen, die die angebotenen Erdgas-Tarife betreffen, kompensiert werden und stellen auch nicht klar, ob die zusätzlichen Emissionen, die während der Förderung, dem Transport und der Lagerung von Erdgas entweichen, ebenfalls erfasst werden oder nicht. Denn hier entweicht vor allem Methan, das 25-mal klimaschädlicher ist als CO2. Die zunächst fantastisch klingenden Werbeaussagen der Gasversorger werden in keiner Weise transparent belegt. So eine dreiste Verbrauchertäuschung lassen wir nicht durchgehen. Diese Verfahren sind deshalb nur ein erster Schritt. Wir werden in diesem Jahr weitere irreführende Werbung mit Kompensationsprojekten von Gasversorgern mit Rechtsverfahren verfolgen.“

Das Medienhaus Correctiv hat umfassend zum Thema „Ökogas“ recherchiert und heute Ergebnisse veröffentlicht, die das Vorgehen der DUH stützen. Demnach haben 116 von 150 untersuchten Gasversorgern zwischen 2011 und 2024 Gutschriften aus Kompensationsprojekten gekauft, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit kein oder weniger CO2 reduziert oder gespeichert haben als angegeben. Zudem seien rund 60 Prozent der ausgewerteten CO2-Gutschriften Projekten zuzuordnen, die nicht zur Kompensation geeignet sind, weil bestimmte Qualitätsmerkmale nicht erfüllt wurden. So wurden insgesamt rund zehn Millionen Tonnen weniger CO2-Emissionen reduziert als von den Gasversorgern gegenüber ihren Kundinnen und Kunden behauptet.

Agnes Sauter, DUH-Leiterin ökologische Marktüberwachung: „Aus den 116 von Correctiv identifizierten Gasversorgern, die CO2-Gutschriften zur Kompensation erworben haben, haben wir eine stichprobenartige Auswahl an Gasversorgern getroffen, die ihre Produkte als ‚klimaneutral‘ oder Ähnliches bewerben und dies mit Ablasszahlungen in Wald- oder Kochofenprojekte begründen. CO2 verbleibt für viele Jahrhunderte in der Erdatmosphäre, während die Projektbetreiber nicht garantieren können, dass die Bäume im Projektgebiet für diesen langen Zeitraum erhalten bleiben. Auch die von einigen Versorgern angegebenen Kochofenprojekte in Afrika werden hinsichtlich ihres Einsparpotentials völlig überschätzt, da sie auf reinen Spekulationen beruhen. Für dieses dreiste Greenwashing ziehen wir die Gasversorger zur Verantwortung und fordern sie zur unverzüglichen Unterlassung der irreführenden Werbung auf.“

Hintergrund:

Die DUH geht gegen folgende Gasversorger vor: Stadtwerke Landshut, Aschaffenburger Versorgungs-GmbH, evd Energieversorgung Dormagen GmbH, Teutoburger Energie Netzwerk eG, Stadtwerke Neu-Isenburg GmbH, LogoEnergie GmbH, Stadtwerke Fürstenfeldbruck GmbH, Stadtwerke Greifswald GmbH, Stadtwerke Bochum GmbH, EVM Energieversorgung Marienberg GmbH, Gas und Strom Mittelrhein GmbH, Stadtwerke Oberursel (Taunus) GmbH, Vereinigte Stadtwerke GmbH, E.ON Energie Deutschland GmbH und lekker Energie GmbH.

Link:

Eine Übersicht der Gasversorger und der Gründe für die Klage finden Sie hier:

https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Verbraucherschutz/2024-04-16_%C3%9Cbersicht_Gasversorger.pdf

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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