„Der Meisterbrief ist für die Selbstständigkeit im Handwerk die maßgeschneiderte Eintrittskarte“, betonte Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart, im Rahmen der Meisterfeier des Handwerks. „Unsere neuen Meisterinnen und Meister haben beste Aussichten – allein schon die Energiewende und der Klimawandel, die mehr handwerkliche Dienstleistungen benötigen, halten viele Aufgaben für unsere Betriebe bereit.“ 635 junge Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister bekamen am Freitagabend im Internationalen Congresscenter Stuttgart ihren Meisterbrief überreicht. Zehn Bestmeister konnten zusätzlich als Branchenprimus ausgezeichnet werden. Vor über 2.000 Gästen machte Reichhold den jungen Absolventen der Meisterschulen Mut: „Setzen Sie sich Ziele, übernehmen Sie einen Betrieb. Auch die Betriebsgründung lohnt sich.“ Die Gesellschaft setze auf den Erfolg der jungen Absolventen als Beschleuniger der Transformation. Als schwerwiegende Hindernisse auf dem Weg in die Selbstständigkeit bezeichnete Reichhold aber den Fachkräftemangel und die lähmende Bürokratie.
Die jungen Handwerkerinnen und Handwerker durften im Rahmen des Festakts nach dem erfolgreichen Abschluss der Meisterprüfungen ihre Meisterbriefe in Empfang nehmen – Glitterregen inklusive. Ein Blick auf die diesjährigen Bestmeister der Handwerkskammer Region Stuttgart zeigt einmal mehr, wie viele erfolgreiche Frauen es in der Branche gibt. Von den 10 Bestmeistern sind sieben weiblich. Die Meisterurkunden wurden von den Mitgliedern der 27 Prüfungsausschüsse überreicht. Mit 90 Absolventen gehören die Kraftfahrzeugtechniker mit Abstand zum größten Gewerk. Das Elektrotechniker-Handwerk zählt 72, die Maler und Lackierer stellen 52, die Installateure und Heizungsbauer 48, die Friseure 36 Jungmeister. Zu den zahlenmäßig kleinen Gewerken gehören die Zahntechniker mit 4, die Ofen- und Luftheizungsbauer mit 2, die Orgel- und Harmoniumbauer mit 2 sowie das Klempner-Handwerk mit einem Absolventen.
Zur Bedeutung der Qualifikation mit dem Meisterwissen erklärte Reichhold, dass damit der Weg in die Selbstständigkeit bestens geebnet werden kann. „So viel Praxistauglichkeit wie die Vorbereitung auf die Prüfungen lehrt keine Schule und keine Universität.“ Mehr junge Menschen müssten sich wieder trauen, ihr Leben und ihre Zukunft in die Hand zu nehmen und selbst Unternehmer werden. Im Stuttgarter Congresscenter beschrieb Kammerpräsident Reichhold die Aussichten vor allem für potenzielle Betriebsnachfolger als sehr lukrativ. „Etwa 30 Prozent der Handwerksunternehmen in der Region Stuttgart wollen in den nächsten fünf Jahren ihr Geschäft in jüngere Hände legen. „Das sind fast 10.000 Chancen für einen Platz auf dem Chefsessel“, erklärte Reichhold. Auch viele Führungspositionen in den Betrieben des Handwerks seien für junge Meisterinnen und Meister sehr interessant. „Ein Meister verdient mindestens so viel wie ein Bachelor. Ein fitter Handwerksunternehmer kann einen Master finanziell locker überflügeln. Und der Lehrling bekommt während der Ausbildung eine Vergütung, ein Student dagegen nichts. Das alles ist leider nicht hinreichend bekannt.“
Die derzeitige finanzielle Förderung der Meisterausbildung durch das Land Baden-Württemberg sei sehr zu begrüßen, erklärte der Kammerpräsident. Jedoch hätten andere Bundesländer das Ländle inzwischen überholt. Während Baden-Württemberg erfolgreiche Jungmeister mit 1.500 Euro fördert, erhöht Bayern den „Meisterbonus“ von 2.000 auf 3.000 Euro. In Niedersachen werden bis zu 4.000 Euro überweisen. „Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung muss auch im Geldbeutel spürbar sein. Immerhin kostet die Meistervorbereitung bis zu 9.000 Euro.“ Reichhold sprach sich bei der Veranstaltung auch für eine Fristverlängerung der Meistergründungsprämie aus. Um den Bürokratiedschungel beispielsweise bei einer Betriebsgründung zu entschlacken, forderte der Kammerpräsident die Vorgaben und Regelungen zurückzufahren. Zum einen betreffe das die bürokratischen Belastungen, zum anderen die hohen Steuer- und Sozialabgabenbelastungen. „Es müssen die Rahmenbedingungen stimmen – Selbstständigkeit muss sich lohnen und auch Freude machen“, so Reichhold.
Den Rotary-Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro erhielt Klavier- und Cembalobauer-Meister Jörn Zehner aus Kitzingen. Den Preis überreichten Thomas Bopp, Präsident des Rotary Club Stuttgart und Dr. Klaus Eichenberg, Stiftungsbeauftragter des Rotary Club Stuttgart und Vorstand der Rotary Stiftung Stuttgart. Mit der Unterstützung will Zehner in eine eigene Werkstatt mit Holzbearbeitungsmaschinen investieren. Zudem möchte er jungen Menschen die Chance einer beruflichen Ausbildung einräumen.
Die Bestmeister 2023
Müller-Handwerk: Carina Grittner, 74226 Nordheim
Zimmerer-Handwerk: Johannes Strotbek, 73635 Rudersberg
Maler und Lackierer-Handwerk: Ann-Marie Götz, 73463 Westhausen
Bäcker-Handwerk: Rebecca Specht, CH-1660 Les Mouslins
Raumausstatter-Handwerk: Luisa Bast, 76829 Landau/Pf.
Metallbauer-Handwerk: Nico Manuel Papp, 72639 Neuffen
Schilder- und Lichtreklamehersteller-Handwerk: Sandra Mayer, 85630 Grasbrunn
Maßschneider-Handwerk: Emma Josefine Walter, 68169 Mannheim
Klavier- und Cembalobauer-Handwerk: Jörn Zehner, 97318 Kitzingen
Schreiner-Handwerk: Kerstin Flues, 78056 Villingen-Schwenningen
Weitere Infos zur Meisterfeier: www.hwk-stuttgart.de/meisterfeier2023
Dort finden Sie auch die Liste mit den Meisterinnen und Meistern des Jahrgangs 2023.
PM Handwerkskammer Region Stuttgart