Mehrwegpflicht in der Gastronomie nach sechs Monaten katastrophal umgesetzt: Deutsche Umwelthilfe geht rechtlich gegen Backwerk, Dunkin Donuts, Cineplex und Co. vor

  • DUH testet 27 Gastronomieketten: Verstöße gegen die Mehrwegangebotspflicht bei fast zwei Drittel der getesteten Filialen
  • Geplante Nachbesserungen der Mehrwegangebotspflicht von Umweltministerin Steffi Lemke reichen nicht aus: Einwegabgabe nach Tübinger Vorbild auf Bundesebene nötig

 

Auch ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht verstoßen noch immer zahlreiche große Unternehmensketten sowie deren Franchisenehmer gegen die neue Regelung. Dies ist das Ergebnis von stichprobenartigen Testbesuchen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Juni bei 27 großen Anbietern von Essen und Getränken zum Mitnehmen. Verstöße stellte die DUH bei fast zwei Drittel der getesteten Filialen fest. Insgesamt sind 20 der 27 kontrollierten Ketten betroffen. Gegen Unternehmen und Franchise-Händler von Backwerk, Dunkin Donuts, Vapiano, Sausalitos, Yoko Sushi, Cineplex, UCI Kinos, Bäckerei Wiedemann und andere hat die DUH nun juristische Verfahren gestartet, um die Wiederholung der festgestellten Verstöße auszuschließen.

Die DUH hält die von Umweltministerin Steffi Lemke angekündigten Nachbesserungen der Mehrwegangebotspflicht in der Gastronomie für nicht ausreichend, um umweltfreundliche Mehrwegverpackungen zum neuen Standard zu machen. Die Angebotspflicht für Getränke- und Essensverpackungen in der Gastronomie wird ohne eine Einwegabgabe von mindestens 20 Cent auf jedes Geschirrteil zahnlos bleiben. Das von der DUH seit langem geforderte Einwegverbot für den Vor-Ort-Verzehr und die angekündigte Schließung eines Schlupflochs zur Umgehung der Mehrwegpflicht durch Einweg aus Pappe oder Aluminium sind jedoch erste richtige Schritte.

Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin: „Die Ergebnisse unserer erneuten Testbesuche sind auch sechs Monate nach Einführung der Mehrwegpflicht katastrophal. In fast zwei Drittel der untersuchten Filialen haben wir Verstöße gegen die Mehrwegangebotspflicht festgestellt. Dabei handelt es sich nicht um einzelne Ausrutscher, sondern um eine klare Tendenz, Mehrweg regelrecht zu boykottieren. Selbst wenn Mehrweg angeboten wird, ist das Angebot häufig unvollständig oder schlecht gemacht mit beispielsweise deutlich überhöhten Pfandbeträgen. Kontrollen der Behörden finden nach unserer Kenntnis, wenn überhaupt nur vereinzelt statt. Die wenigen von den Behörden festgestellten Verstöße werden nicht oder kaum spürbar sanktioniert. Solange die verantwortlichen Behörden den Vollzug der Mehrwegpflicht nicht ernst nehmen, tun die Gastronomieunternehmen es auch nicht. Die Bundesländer müssen endlich entschieden gegen Umweltsünder vorgehen. Bis dahin werden wir unsere Testbesuche und die juristische Verfolgung von Verstößen weiter fortsetzen.“

Das Verpackungsgesetz sieht neben den Angebotspflichten auch die Information der Kundinnen und Kunden über das Mehrwegangebot vor. Dagegen wurde in mehr als einem Drittel aller von der DUH getesteten Filialen verstoßen. Kundinnen und Kunden erhalten meist wenige, schlecht wahrnehmbare oder gar keine Informationen über Mehrwegalternativen. In keiner Filiale hat das Personal aktiv auf Mehrweg hingewiesen.

Bei den DUH-Tests bestätigte sich zudem die Umgehung der Mehrwegangebotspflicht durch den Ersatz von Einweg-Plastikverpackungen für Speisen durch solche aus Pappe. Bei zehn der 27 Ketten wurden reine Pappverpackungen eingesetzt. Umweltministerin Steffi Lemke hat am 27. Juni angekündigt, diese Regelungslücke schließen zu wollen.

Dazu sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH: „Insbesondere große Fast-Food-Ketten haben die Ausnahmeregelung für Einweg-Pappverpackungen für Speisen in schamloser Weise ausgenutzt. Deshalb ist es ein erster richtiger Schritt, dass unsere Forderung zur Schließung dieser Regelungslücke umgesetzt werden soll. So gut diese Nachbesserung auch ist, so zeigt sich doch bei unseren Testbesuchen, dass ein Wechsel von Einweg auf Mehrweg ohne einen finanziellen Anreiz in der Breite nicht funktionieren wird. Die in Tübingen seit Anfang 2022 geltende kommunale Einwegsteuer zeigt eindrücklich, wie erfolgreich dieses Instrument Mehrweg fördert. Eine solche Abgabe auf Einweg-Geschirr muss Umweltministerin Lemke auf Bundesebene einführen. Ohne dieses Element wird die Mehrwegangebotspflicht trotz der angekündigten Nachbesserungen ein zahnloser Tiger bleiben.“

Wenn es gelingt, den jährlichen Verbrauch von 5,8 Milliarden Einweg-Getränkebechern, 4,5 Milliarden Essensboxen, 2,7 Milliarden Wegwerftellern und 2,9 Milliarden Besteckteilen durch umweltfreundliche Mehrwegalternativen zu ersetzen, dann können jährlich über 490.000 Tonnen CO2 vermieden werden.

Links:

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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