Deutsche Umwelthilfe stoppt massive Verbrauchertäuschung durch irreführende Werbung mit angeblicher „Klimaneutralität“ von Produkten und Dienstleistungen

  • Zwischenbilanz nach gut einem Jahr: Von rund 20 eingeleiteten juristischen Verfahren hat die DUH mehr als ein Drittel bereits erfolgreich vor Gericht gewonnen beziehungsweise strafbewehrte Unterlassungserklärungen der Unternehmen erwirkt
  • DUH-Bundesgeschäftsführer Resch fordert von Handel und Industrie, auf jegliche Produktwerbung mit angeblich klima-, CO2- oder umweltneutralen Produkten zu verzichten
  • DUH kritisiert die bisherige Untätigkeit der zuständigen Verbraucherschutzminister in Bund und Ländern, wie in anderen EU-Staaten eigenständig irreführende Werbeversprechen zu verfolgen: Zur rechtlichen Klarstellung sollen die zuständigen Bundesminister Lemke, Habeck und Buschmann Werbeaussagen zu angeblich „klimaneutralen“ Produkten verbieten

 

Etwas mehr als ein Jahr nach dem Start der Kontrolle irreführender Werbung mit angeblich „klimaneutralen“, „CO2-neutralen“ oder „umweltneutralen“ Produkten oder Dienstleistungen und gleich mehreren Erfolgen im Rahmen von Gerichtsverfahren und außergerichtlich abgegebenen Unterlassungserklärungen ruft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) alle Unternehmen auf, sofort aus irreführender Werbung mit entsprechenden Werbeaussagen auszusteigen.

Die DUH zieht eine Zwischenbilanz: Das Verfahren gegen den Mineralölkonzern TotalEnergies hat die DUH am 24. März 2023 vor dem Landgericht Düsseldorf gewonnen. Der Fußball-Erstbundesligist 1. FC Köln, der Konsumgüterkonzern Beiersdorf, das Flüssiggasunternehmen Tyczka Energy, die Drogeriemarktkette Rossmann, die Mother Nature App, der Mobilitätsdienstleister Intelligent Apps, der Büromaterialhersteller Faber-Castell und der Reiseanbieter Green Airlines haben jeweils eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Mit weiteren drei Unternehmen steht die DUH in Verhandlung über die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung, sechs Verfahren sind noch gerichtsanhängig.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Unsere bisher durchweg erfolgreich verlaufenden Gerichtsverfahren wie auch die außergerichtlichen Einigungen zu irreführenden und verbrauchertäuschenden Klimaneutralitätsversprechen senden ein deutliches Signal an alle Unternehmen: Statt sich über zum Teil dubiose Kompensationsprojekte ein grünes Image zu verpassen, sollten Unternehmen ehrlich die Umweltauswirkungen ihrer Produkte selbst reduzieren und vermeiden und darüber in einen Wettbewerb um das beste Produkt treten. So geht echter Klimaschutz! Während wir uns vor Gericht für den Schutz von Verbraucherinnen und Verbraucher einsetzen, verweigern sowohl die zuständigen Verbraucherschutzminister der Länder als auch auf Bundesebene Steffi Lemke, Robert Habeck und Marco Buschmann, Verstöße eigenständig zu verfolgen beziehungsweise Greenwashing gesetzlich zu verbieten.“

Agnes Sauter, Leiterin ökologische Marktüberwachung bei der DUH: „Die EU-Kommission hat mit gleich zwei Richtlinien, der ‚Empowering Consumers for the Green Transition‘ und der ‚Green Claims Directive‘ strengere Vorgaben zum Schutz vor Greenwashing mit vermeintlicher Klimaneutralität vorgeschlagen – diese reichen jedoch immer noch nicht aus. Wir brauchen deutlich strengere Beschränkungen für Werbeversprechen, die sich auf künftige Umweltleistungen beziehen, wie zum Beispiel bei ‚Klimaneutral bis 2050‘. Solche Versprechen sind für Verbraucherinnen und Verbraucher überhaupt nicht nachvollziehbar und verlagern die heute dringend notwendigen Maßnahmen obendrein in die ferne Zukunft. Da kann von Klimaneutralität keine Rede sein!“

Hintergrund:

Die DUH hält Begriffe wie „umweltneutral“, „klimaneutral“, „CO2-neutral“ oder gar „klimapositiv“ generell für irreführend und eine Verbrauchertäuschung zulasten des Klimas. So wird suggeriert, Verbraucherinnen und Verbraucher könnten ohne schädliche Klimaauswirkungen konsumieren. In dem bereits erfolgreich abgeschlossenen Gerichtsverfahren gegen TotalEnergies hatte die DUH eine Werbung beanstandet, mit der Verbraucherinnen und Verbraucher gegen einen Aufpreis von einem Cent pro Liter „CO2-kompensiertes“ Heizöl versprochen wurde. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 4.000 Litern Heizöl im Jahr müssten Verbraucherinnen und Verbraucher demnach nur 40 Euro Mehrkosten auf sich nehmen. Das Landgericht Düsseldorf führte aus, dass Verbraucherinnen und Verbraucher im Unklaren gelassen würden, in welchem Umfang mit dem Einsatz von Heizöl einhergehende klimaschädliche Emissionen überhaupt von der angegebenen Kompensation umfasst sein sollen.

Im Verfahren gegen die Drogeriemarktkette dm am Landgericht Karlsruhe hat dm bereits angekündigt, zukünftig nicht mehr mit dem Begriff „klimaneutral“ zu werben. Am 19. Juli 2023 wird ein Urteil verkündet, sofern das Unternehmen davor keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und zukünftig auch auf die Bezeichnung ihrer Produkte als „umweltneutral“ verzichtet.

Unabhängig von dieser grundsätzlichen Kritik täuschen viele Unternehmen mit unzureichenden und teils falschen Informationen darüber, wie die beworbene Klimaneutralität der Produkte erreicht wird. Die Unternehmen verschweigen entweder ganz oder teilweise, wie sie die angebliche Kompensation erbringen oder verweisen auf fragwürdige Kompensationsprojekte, an die nur ein in der Regel niedriger Geldbetrag fließt. Klimaschädliche Emissionen werden dagegen kaum eingespart. Überprüfbare Informationen zu Zahlungen, Projekten und tatsächlicher Klimawirkung sind für Verbraucherinnen und Verbraucher teilweise nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar.

Link:

Überblick zu den Klimaneutralitätsverfahren der DUH: https://www.duh.de/themen/verbraucher/verbrauchertaeuschung/klimaneutral/

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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