Das Jahr 2022 war für das Handwerk voller Herausforderungen: die andauernden Auswirkungen der Pandemie, eklatanter Materialmangel und große Lieferschwierigkeiten, dazu der Angriff Russlands auf die Ukraine und die daraus folgende Energiekrise. Der Blick ins neue Jahr ist vor allem von Unsicherheit geprägt, aber einige Gewerke neigen auch zu vorsichtigem Optimismus.
„Zu Beginn des letzten Jahres war die Hoffnung groß: Sollte die Pandemie bis Jahresmitte im Griff sein und sich die Materialsituation verbessern, wäre ein deutliches Umsatzplus drin. Stattdessen verschärfte sich die Situation vieler Betriebe mit dem Krieg in der Ukraine zusätzlich und sorgt nach wie vor teilweise für große wirtschaftliche Probleme. Die Sorgen unserer Betriebe nehmen wir sehr ernst. Konkrete Hilfsprogramme für den Mittelstand zogen sich zu lange hin: Die wichtigen Gas- und Strompreisbremsen wirken erst in diesem Jahr. Hier werden wir uns für weitere Unterstützung und die schnelle Umsetzung der noch immer ausstehenden Härtefallhilfen einsetzen“, so Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.
Praktisch alle Betriebe meldeten 2022 steigende Energiepreise. Aber nur knapp drei Prozent der Betriebe konnten die gestiegenen Kosten vollständig an die Kunden weitergeben. Ein Viertel der Betriebe gab an, Liquiditätsschwierigkeiten zu haben, vor allem wegen der Energiekosten.
War die Lage im Sommer vor allem bei Dienstleistungs- (Friseure) und Gesundheitsbetrieben deutlich besser als im noch stark von Corona dominierten Vorjahr, wurden spätestens ab Herbst die Zukunftssorgen größer. So schätzten nur noch knapp 60 Prozent der Betriebe ihre Lage als gut ein. Im Herbst 2019, noch vor der Pandemie, konnten dies fast drei von vier Betrieben sagen. Noch immer am positivsten gestimmt waren die Ausbaubetriebe, bei denen bis September 2022 drei von vier die Lage als gut bewerteten (75%). Aber auch hier wurde die Stimmung schlechter. Und beim Neugeschäft zeigte sich ein rückläufiger Trend: Nur gut ein Fünftel aller Betriebe zog mehr Aufträge an Land, 30 Prozent dagegen klagten über Rückgänge.
Insgesamt hofft das Handwerk, real (d.h. preisbereinigt) eine schwarze Null beim Umsatz zu erreichen. Kleiner Lichtblick: In einigen Ausbauberufen, die sich mit der Energieeinsparung und der Klimawende beschäftigen, wird die Zahl der Beschäftigten voraussichtlich leicht zunehmen. Der Ausblick auf 2023 bleibe schwierig, so Reichhold: „Wir gehen davon aus, dass die hohen Preissteigerungen den privaten Konsum bremsen. Hohe Baupreise und hohe Bauzinsen helfen ebenfalls nicht weiter. Wir setzen auf ein schnelles Wirken der Gas- und Strompreisbremse und auf eine Beruhigung der angespannten Situation. Entscheidend wird sein, dass die Politik die Krise als Chance nutzt, um die großen Themen anzugehen. Dazu zählen eine unabhängigere Energieversorgung, der Abbau von Bürokratie und die Verschlankung und Beschleunigung von Verfahren. Das würde nicht nur die Handwerksbetriebe mittelfristig entlasten. Wir müssen und werden hier den Druck weiter hochhalten.“
PM Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.