Um die wirtschaftliche Lage im Landkreis Göppingen ging es in einer Befragung von 200 Mitgliedsunternehmen der IHK-Bezirkskammer Göppingen. 90 Firmen antworteten auf die Konjukturumfrage und lassen ein gutes Bild zu, um den Zustand und die Erwartungen der Wirtschaft im Landkreis zu beschreiben.
Die Konjukturumfrage umfasst die Lage zur Mitte des Monats Januar. Erleichterungen in der Coronapandemie sind hier noch nicht berücksichtigt. Jüngste Nachfragen haben aber ergeben, dass auch die Lage im Handel sowie in der Gastronomie jetzt als „Besser werdend“ eingeschätzt wird.
Die Stimmung ist allgemein besser als bei der gleichlautenden Herbstumfrage, so die Präsidentin der IHK Göppingen, Edith Strassacker im Pressegespräch zur Vorstellung der Ergebnisse der Umfrage. Vor allem in der Industrie hat sich die Lage sowie die Aussichten merklich verbessert, ergänzt der Geschäftsführer der IHK Göppingen, Gernot Imgart.
Imgart erläuterte anhand einer Präsentation (die sie in der Anlage finden) die neuesten Daten:
Die aktuelle Lage der Firmen im Landkreis Göppingen wird von den Firmen überwiegend als „gut“ bezeichnet. Nur 8 % sprechen von einer schlechten Lage, in die sich ihre Firma befindet. Die Zukunft sieht eine große Mehrheit mit 55,5 % als „gleich“. Da vor allem die Industrie sich im Landkreis schneller erholt, bedeutet, dass diese Zahlen insgesamt besser sind als in anderen Kreisen der IHK-Region Stuttgart. Göppingen ist hier eine Art Indikator, so Imgart. Bei schlechter Konjunktur verschlechtert sich die Lage im Landkreis wegen des großen Einflusses der Industrie schneller als in anderen Landkreisen, aber wenn die Konjunktur wieder anfährt, dann verbessern sich die Zahlen hier auch am ehesten.
Was jetzt fehlt, sind die positiven Signale aus der Politik, damit dieser Trend anhält. Entlastungen bei den Corona-Einschränkungen können den Trend verstetigen, steigende Kosten, vor allem der Energie und der Vorprodukte können diesen Trend aber auch wieder verlangsamen oder umdrehen. Die Transportpreise für Waren aus Fernost haben sich in den letzten 12 Monaten um bis zu 50 % erhöht.
In der Gastronomie und Hotellerie ist das Weihnachtsgeschäft weitestgehend ausgefallen. Dies wird noch lange nachwirken. Zudem hat sich hier der Fachkräftemangen noch erhöht, das manche Mitarbeiter:Innen vor allem in die Industrie abgewandert sind. Das Gastgewerbe braucht jetzt dringend eine Öffnungsperspektive, so Imgart.
Ein deutlicher Indikator für den Aufschwung sind die bei 53 % der Betriebe gestiegenen Umsätze im Vergleich zur Herbstumfrage. 34,1 % der Firmen sprechen von einer guten Ertragslage, 51,2 % von einer befriedigenden Ertragslage. Auch dies sind im Vergleich zum Herbst bessere Zahlen. Die Nachfrage steigt aber nur verhalten. Die Mehrheit rechnet nur mit gleichbleiben Nachfragen aus. Daraus resultiert, dass die Erwartungen der Firmen zwar insgesamt positiv, aber nicht optimistisch sind. Zu groß sind die von der Firmen beschriebenen Sorgen, vor allem beim Fachkräftemangel, bei der Corona-Pandemie, den Energie- und Rohstoffpreisen sowie der Inlandsnachfrage und der Arbeitskosten.
Positiv wirkt sich indes der anziehende Export aus. Im Landkreis erzielen einige Firmen bis zu 60 % ihres Umsatzes aus dem Export, so dass sich hier Verbesserungen stark abzeichnen.
Die Industrie will deshalb wieder mehr investieren. Vor allem in die Ersatzbeschaffung und in den Umweltschutz sowie in die Energieeffizienz soll vermehrt investiert werden.
In der Tendenz wollen die Firmen auch wieder Personal einstellen. Über die Höhe der beabsichtigten Einstellungen sagt die Umfrage allerdings nichts aus. Hier bleibt auch abzuwarten, ob der Bedarf an Facharbeiter:Innen am Markt überhaupt gedeckt werden kann.
Dies ist auch die Frage bei der Besetzung von Ausbildungsstellen. Die Vizepräsidentin der IHK Göppingen, Gabriele Schwarz, berichtet anlässlich des Pressegesprächs, dass ihre Firmengruppe in fast allen Ausbildungsberufen noch Auszubildende sucht. Konnte man früher den Bedarf auf den Ausbildungsmessen decken, so wirbt man heute das ganze Jahr um Auszubildende, so Schwarz weiter. Zur Unterstützung der Firmen beschäftigt sich jetzt auch die IHK in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit um die Vermittlung von Auszubildenden in die Firmen.
Bei den Kaufmännischen Berufen haben wir die Ausbildungszahlen von 2019 fast schon wieder erreicht, berichtete der Stellvertretende Leiter der IHK, Dr. Uwe Schwab. Nur im Industriebereich brechen die Ausbildungszahlen ab. Große Ausbilder wie Schuler (in Spitzenzeiten bis zu 150 Auszubildende) bilden heute in Göppingen gar nicht mehr aus. Zudem sterben klassische Industrieberufe aus. Die Ausbildung verlagert sich mehr zum Mechatroniker oder Elektroniker.
Die IHK fordert die Regierung dringend auf, die Einreise von Fachkräften und Ausbildungswilligen aus Drittländern zu vereinfachen. Es kann nicht sein, dass die Erteilung von Visa auf den guten Willen vom Botschaftspersonal in den Drittstaaten abhängt. Auch darf es nicht mehr sein, dass Menschen in der Ausbildung oder gut ausgebildete Facharbeiter wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.
Weiter dringt die IHK bei der Regierung darauf, die Forschungsführerschaft bei der Umwelt- und Energietechnik auszubauen und die Ergebnisse auch hier im Land anzuwenden. Es kann nicht wieder sein, so Imgart, dass wir etwas erfinden, die Produktion aber im Ausland stattfindet.
Insgesamt, so das Fazit der Umfrage, ist die Stimmung in der Wirtschaft gar nicht so schlecht.
Präsentation Pressegespräch Konjunktur 15.02.2022
Joachim Abel