„Da läuft in der Energiepolitik wohl gehörig was schief“, glaubt Lothar Lehner. Der Repräsentant des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) im Kreis Göppingen beruft sich auf Gespräche mit Energieberatern, die in den vergangenen Wochen über Merkwürdigkeiten bei Zuschussanfragen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, berichtet haben. Träfen die Erfahrungen zu, würden Projekte zu mehr Energieeffizienz ad absurdum geführt, mutmaßt Lehner.
Einer, der Lehners Einschätzung beipflichtet, ist der Wangener Energieberater Christopher Gölz. Der 56–jährige Diplom–Ingenieur macht derzeit mit dem BAFA mehr schlechte als gute Erfahrungen. Vor allem dann, wenn es um Anträge für Projekte für mehr „Energieeffizienz in der Wirtschaft“ geht. Zum einen verschlingt die Bearbeitungszeit eines Antrags beim BAFA inzwischen viel Zeit – Gölz spricht von mehreren Monaten statt von früher ein bis zwei Wochen – zum anderen würden Projekte mit zu hoher Energieeffizienz plötzlich aus der Förderung herausfallen. Beides sei nicht nachvollziehbar, so Gölz, und nicht im Sinne der Antragsteller und dem gesteckten Klimaziel. Wenn ein Unternehmer neue, energiesparende Maschinen aufbauen will, hat er mit der Terminkoordination von Anlieferung und dem Einsatz von Handwerkern in einer den laufenden Betrieb möglichst nicht störenden Zeit schon genug zu tun. Nun muss er aber auch auf das grüne Licht der BAFA warten, ohne dass er sein Vorhaben nicht beginnen darf, um den Zuschuss nicht zu verlieren. Doch das OK des Amtes lässt inzwischen auf sich warten, weiß Gölz und berichtet unter anderem von einem Bäckermeister, der seinen Ofen auf eine andere Energiequelle umstellen und dafür die Zeit zwischen den Feiertagen zum Jahresende nutzen wollte. Weil das Signal des BAFA auf sich warten ließ, geriet das Projekt in zeitliche Schieflage und stellte den Bäcker vor große Probleme.
In zwei anderen Fällen war der Behörde die Ersatzbeschaffung einer Fräsmaschine und eines neuen Lasers plötzlich mit zu viel Effizienz verbunden. Das Amt anerkannte zwar, dass mit dem neuen Gerät Energie und sehr viel CO₂ eingespart werden kann, doch die neue Maschine leiste deutlichmehr als die alte, weshalb ein Zuschuss nicht in Betracht komme. Energieberater Gölz hakte auch hier nach und wollte wissen, wo in den
Förderrichtlinien steht, wieviel oder was eine neue Maschine nicht zusätzlich leisten dürfe als die alte Maschine. Da habe er zur Antwort erhalten, dass dies nirgendwo stehe. Offensichtlich würden der Entscheidung amtsinterne Richtlinien zu Grunde liegen.
Das ist in den Augen des Energieberaters weltfremd. „Ein Unternehmen wird eine neue Maschine nicht nur kaufen, um CO₂ einzusparen. Mit einer Neuanschaffung im Bereich von 150 000 bis einer Million Euro ist immer auch mehr Effizienz in der Produktion verbunden. Und da sind Reduzierungen in der Fertigungszeit um den Faktor 5 bis teils 20 keine Seltenheit. Mit dieser Neuanschaffung versuchen Unternehmen schließlich auch die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und anderen Ländern zu verbessern. Damit könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Mehr Effizienz bei deutliche weniger CO₂ und mehr Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich“, so Gölz. „Aber was gar nicht geht ist, dass das
BAFA an den bestehenden Förderrichtlinien vorbei intern eigene Grenzwerte definiert, die den Energieberatern nicht zugänglich sind. Damit stellt man Förderanträge, die den offiziellen Regeln entsprechen, aber wegen „geheimer“ Kennzahlen abgelehnt werden. Das untergräbt das Vertrauen in den Berater, der aber nicht dafürkann.
Fälle wie diese, treiben Lehner auf die Palme. „Da ist die Regierung an schnell umzusetzenden Maßnahmen interessiert und ihre Behörde tritt aufs Bremspedal“, wettert Lehner. „Wenn das Amt zudem noch nach eigenem Gutdünken darüber entscheidet, ob eine Maßnahme wegen zu hoher Produktivität nicht gefördert wird, schlage das dem Fass den Boden aus“. Lehner appelliert deshalb an den zuständigen Wirtschafts– und Klimaminister, das Gebaren der Behörde zu durchleuchten. „Das BAFA muss wieder zu einem verlässlichen Partner unserer Unternehmen werden“, so Lehner und ergänzt abschließend, kleine und mittelständische Unternehmen benötigen kurze Reaktionszeiten, die ihrem eigenen Verhalten entsprechen und ganz wichtig, Planungssicherheit.
PM Lothar Lehner, Selbständiger Repräsentant des BVMW e. V.