Am 13.07.2021 fand die 105. Ordentliche Generalversammlung der Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG statt. Hubert Rinklin, Vorstandsvorsitzender der Albwerk-Genossenschaft, berichtete über den Verlauf des letzten Geschäftsjahres und stellte den anwesenden Mitgliedern den Jahresabschluss vor.
Schon zum zweiten Mal fand die Generalversammlung der Genossenschaft pandemiebedingt nicht in Geislingen, sondern in der Kuchener Ankenhalle statt. Holger Scheible, der als Aufsichtsratsvorsitzender die Versammlung leitete, begrüßte die anwesenden Mitglieder und übergab dann das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Hubert Rinklin. Dieser ging in seinem Bericht auf aktuelle Entwicklungen innerhalb der Albwerk-Gruppe und das Geschäftsjahr 2020 ein.
Einen Schwerpunkt seines Berichts bildeten die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Unternehmen der Albwerk-Gruppe, die mittlerweile aus über 20 operativ tätigen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften besteht. „Ich freue mich, berichten zu können, dass es innerhalb der gesamten Albwerk-Gruppe zu keinem Zeitpunkt zu größeren Infektionsketten kam.“, so Rinklin. Die Energieversorgung der Kundinnen und Kunden war konzernweit lückenlos sichergestellt. „Wir konnten unserer besonderen Verantwortung als Betreiber Kritischer Infrastruktur zu jedem Zeitpunkt voll gerecht werden.“
Wirtschaftliche Auswirkungen und Chancen der Pandemie
Unmittelbar von der Pandemie betroffen waren die beiden Albmärkte in Geislingen und Laichingen. „Schon zu Beginn mussten sie, wie viele andere Geschäfte, vorübergehend ihre Türen schließen. Und dann erneut zum Jahresende 2020 – noch vor dem Weihnachtsgeschäft.“, berichtet der Albwerk-Chef. Erst ab Ende Mai 2021 war eine stufenweise Öffnung, zunächst über Click & Meet, wieder möglich. Über die letzten anderthalb Jahre hinweg, wurde das Online-Geschäft kontinuierlich weiter ausgebaut und Bestellungen per E-Mail und Telefon ermöglicht. Das Angebot wurde hervorragend von den Kundinnen und Kunden in der Region angenommen.
Auch in der Elektro- und Gebäudetechnik zeigen sich die Folgen der Pandemie immer deutlicher. Hier geht es vor allem um steigende Rohstoffpreise sowie Lieferketten, die teilweise nicht mehr funktionieren. Bauprojekte können sich deshalb verzögern. Jedoch trifft diese Situation auf Auftragsbestände in Rekordhöhe.
Bei den Energieversorgungsunternehmen der Albwerk-Gruppe überlappen sich mehrere Effekte: „Die gedrosselte industrielle Produktion und der weitreichende gesellschaftliche Stillstand im 2. Quartal 2020, führten zu einem geringeren Stromabsatz und damit vertrieblich zu geringeren Einnahmen.“, führt Rinklin aus. Dadurch werden auch weniger Netzentgelte eingenommen, die im Strompreis enthalten sind, und an die jeweiligen Netzbetreiber zur Investition in die Stromnetze fließen. Strommengen, die im Vorfeld beschafft und dann nicht benötigt wurden, mussten teilweise zu Preisen an der Strombörse veräußert werden, die weit unter den Einkaufspreisen lagen.
Dennoch haben sich die Energieversorgungsunternehmen der Gruppe auch 2020 gut entwickelt und tragen positiv zum Konzernergebnis bei. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Albwerk die Pandemiezeit trotz gewisser Bremsspuren wirtschaftlich betrachtet bislang gut überstanden hat. „Wir haben in der Pandemie auch die Chance gesehen, uns weiterzuentwickeln.“, berichtet Rinklin. „Eine wesentliche Herausforderung war es, Teams räumlich voneinander zu trennen.“ Die Serveranzahl für Home-Office-Anwendungen wurde allein in Geislingen von drei auf zwölf gesteigert. „Arbeitsabläufe, die sich über Jahre hinweg etabliert hatten, wurden erfolgreich in digitale Formate überführt.“ Die Home-Office-Quote liegt vor Ort bei durchschnittlich gut 40 Prozent.
Dass dies gelungen ist, ist nicht zuletzt auf Teamgeist und ein gutes Miteinander zurückzuführen – sowohl unter den Mitarbeitenden als auch zwischen dem Albwerk und der Region. „Denn das Albwerk ist Teil der Region und die Region ist Teil des Albwerks.“, betont Rinklin. Als Genossenschaft gehört es zur Identität des Unternehmens, sich dort zu engagieren, wo es viele braucht, um etwas zu erreichen. „Das Engagement vieler Organisationen, Vereine und Ehrenamtlichen in dieser schwierigen Zeit hat uns sehr beeindruckt.“ Ein Beispiel dafür ist, der Bau einer neuen Stromleitung zum Geislinger Ödenturm, damit dieser nachts wieder beleuchtet werden kann. „Wir freuen uns sehr, hier dabei zu sein. Ein Leuchtturm-Projekt im wahrsten Sinne mit Strahlkraft weit über die Grenzen von Geislingen hinaus.“, so Rinklin. Das Albwerk stockt jeden gespendeten Euro um 33 Cent weiter auf, sodass das Spendenziel von 60.000 Euro Ende Mai 2021 schlussendlich geknackt wurde.
Energiewende und weitere Herausforderungen
Nach wie vor belegt die Region einen Spitzenplatz in Sachen Energiewende. „Denn 5.341 Erzeugungsanlagen produzieren vor Ort jährlich insgesamt rund 453 Mio. kWh Strom – das sind 81 % des Bedarfs. Darin enthalten sind 155 Mio. kWh, die von 28 Windkraftanlagen direkt ins Hochspannungsnetz eingespeist werden. Das Albwerk trägt mit eigenen regenerativen Anlagen dazu mit rund 47 Mio. kWh bei – das sind 10,4 Prozent der gesamten regionalen Erzeugungskapazität. Ein wichtiger Meilenstein im letzten Jahr war die Inbetriebnahme des Windparks Drackenstein. „Insgesamt erzeugt der Windpark mit seinen fünf Windrädern genug Strom, um 14.300 Haushalte zu versorgen.“, berichtet Rinklin.
Generell benötigt man für regenerative Projekte, insbesondere im Bereich Windkraft, jedoch weiterhin einen langen Atem: Der Windpark bei Hohenstadt mit drei Anlagen wurde im November 2019 nach siebenjähriger Entwicklungszeit durch das Landratsamt Göppingen genehmigt. Er wird frühestens im dritten Quartal 2023 ans Netz gehen. Das Windkraftprojekt bei Schnittlingen mit zwei Anlagen befindet sich nun seit sechs Jahren im Genehmigungsverfahren. Wann mit dem Erhalt der Genehmigung gerechnet werden kann, lässt sich aktuell nicht vorhersagen.
Die Beispiele aus der Region zeigen, dass die Rahmenbedingungen erheblich verbessert werden müssen, damit die Energiewende gelingen kann. „Es war ein Paukenschlag mit großer politischer Wucht als das Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung am 24.04.2021 aufgrund mangelnder Generationengerechtigkeit in Teilen für verfassungswidrig erklärte.“, meint Rinklin. Das neue Klimaschutzgesetz, das bereits Ende Juni 2021 beschlossen wurde, sieht vor, dass Deutschland bereits im Jahr 2045, und nicht erst 2050, klimaneutral werden soll. Das Klimaziel für 2030 wurde von 55 auf 65 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 angehoben. Diese ehrgeizigen Ziele werden von einem steigenden Bruttostrombedarf begleitet: Bis 2030 kann sich dieser um ca. 130 TWh erhöhen – das ist ein Viertel des aktuellen Bedarfs. Die zusätzlichen Strommengen werden vor allem im Wärme- und Verkehrssektor für Wärmepumpen, für Elektromobilität und für Technologien der Sektorenkopplung gebraucht. Dazu zählt auch die Produktion von grünem Wasserstoff.
„Deutschland hat also Großes vor.“, betont Rinklin. „Damit das Land nicht auf eine gigantische Ökostrom-Lücke zurast, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien dringend ein schnelleres Tempo vorlegen.
Hierzu gehören eine Beschleunigung und Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Ausweisung zusätzlicher Flächen für den Zubau erneuerbarer Energien.“ Zudem reicht es nicht, regenerative Energie zu erzeugen. Sie muss auch jederzeit sicher zu den Kundinnen und Kunden sowie zu Gewerbe und Industrie transportiert werden. Dazu braucht es einen investitionsfreundlichen Regulierungsrahmen, denn der erforderliche Um- und Neubau der Energienetze ist für alle Netzbetreiber extrem kostenintensiv. Allein die Albwerk GmbH & Co. KG hat im Jahr 2020 über 8,0 Mio. Euro in ihr Netz investiert; 2021 sollen es über 10,0 Mio. Euro werden. Die Bundesnetzagentur plant jedoch das Gegenteil: Der Eigenkapitalzins für neue Investitionen soll in der nächsten Regulierungsperiode noch einmal deutlich, vermutlich um ein bis zwei Prozent, reduziert werden.
„Was nicht passieren darf,“, betont der Albwerk-Chef, „ist, dass eine äußerst ambitionierte Energie- und Klimapolitik auf dem Papier an mangelhaften Rahmenbedingungen in der Realität zerschellt.“ Dazu zählt auch, dass die Bezahlbarkeit der Energiewende und ihre Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland und auf die soziale Gerechtigkeit nicht aus den Augen verloren werden dürfen. Schon jetzt steht fest: Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Bis 2050 rechnen Experten mit Kosten für Deutschland von mindestens 500 Milliarden Euro. Derzeit klettern die Kosten für Elektrizität an der Strombörse immer höher. Ein Treiber ist der steile Anstieg des CO2-Preises. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Am Terminmarkt kostet eine Megawattstunde Strom, die im nächsten Jahr geliefert werden soll, aktuell über 70 Euro. Im März 2020, zu Beginn der Pandemie, waren es noch 35 Euro. „Nachdem es vielen Energieversorgern, wie dem Albwerk, gelungen ist, zum letzten Jahreswechsel die Stromkosten für ihre Kunden stabil zu halten, zeichnet sich nun eine deutliche Steigerung ab.“, mahnt Rinklin.
Ehrung von Gerhard Ueding für 25 Jahre in Gremien der Albwerk-Genossenschaft
Zum Schluss der Versammlung übergab Holger Scheible noch das Wort an Axel Ost, Bereichsleiter beim Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV). Herr Ost zeichnete Gerhard Ueding mit der Ehrennadel Silber des BWGV für seine 25-jährige Tätigkeit in Gremien der Albwerk-Genossenschaft aus – zunächst im Aufsichtsrat und seit 2015 als ehrenamtliches Vorstandsmitglied. Im Anschluss an die Laudatio und der Übergabe der Auszeichnung, bedankte sich Gerhard Ueding, sichtlich bewegt, für die Ehrung: „Eine solche Ehrung flüstert einem zwar zu, dass man langsam älter wird. Aber ich kann Ihnen allen versichern. Ich freue mich trotzdem sehr.“
Albwerk in Zahlen: Jahresabschluss und Dividende
Im Vorfeld der Wahlen stellte Hubert Rinklin den Jahresabschluss 2020 vor. Die Generalversammlung stellte diesen einstimmig fest und erteilte Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung.
Die Bilanz des Albwerk-Konzerns weist eine Bilanzsumme von 355,4 Mio. Euro aus und ist damit um
100,8 Mio. Euro gestiegen. Grund für diesen Anstieg ist die erstmalige Vollkonsolidierung der EGT AG, an der das Albwerk beteiligt ist. Der Anteil des Eigenkapitals liegt bei 48,9 Prozent der Bilanzsumme. Insgesamt erwirtschaftete der Albwerk-Konzern Umsatzerlöse von 388,8 Mio. Euro (Vorjahr: 249,7 Mio. Euro). Das Ergebnis vor Steuern liegt bei 15,5 Mio. Euro. Der Konzernjahresüberschuss beträgt 10,7 Mio. Euro. Die Entwicklung des Konzerns im Jahr 2020 war gut. Der Jahresüberschuss der Genossenschaft selbst liegt bei 3,6 Mio. Euro. An die Mitglieder der Genossenschaft wird eine Dividende von 12 Prozent ausgeschüttet, was einer Summe von insgesamt 193.380 Euro entspricht. In der gesamten Unternehmensgruppe sind rund 700 Mitarbeitende beschäftigt, davon 271 in Geislingen.
Wahlen zu Vorstand und Aufsichtsrat
Gerhard Ueding schied turnusgemäß als ehrenamtliches Mitglied aus dem Vorstand der Albwerk-Genossenschaft aus. Die Generalversammlung wählte ihn (einstimmig) erneut in das Gremium. Aus dem Aufsichtsrat schieden die Mitglieder Magnus Grüner, Geschäftsführer der Grüner Systemtechnik GmbH, Professor Dr. Andreas Frey, Rektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, Michael Lenz, Bürgermeister von Lauterstein, Gebhard Tritschler, Bürgermeister von Wiesensteig und Bruno Walter, Bürgermeister von Tettnang, turnusgemäß aus. Alle Herren standen für eine Wiederwahl zur Verfügung und wurden von den anwesenden Mitgliedern erneut in den Aufsichtsrat gewählt.
PM Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG