Die Kinos trifft es durch den zweiten Lockdown erneut sehr hart, wie Alexander Kern vom Geislinger „Gloria“-Kino berichtet. „Wir haben jetzt keinen Puffer mehr, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, weiß der Unternehmer, denn die Filmtheater machen schon seit gut neun Monaten kein Geschäft mehr. Der Umsatzrückgang in 2020 liegt bei über 70 Prozent. Bereits im Frühjahr 2020 mussten die Kinos schließen, durften danach ihre Säle nur eingeschränkt nutzen – in dieser Zeit stand im Geislinger „Gloria“ nur etwa 30 Prozent der Sitzplatzkapazität zur Verfügung – um dann Anfang November wieder zu schließen. „Mit keiner Perspektive für eine Wiedereröffnung“, wie Kern bedauert. Und das, obwohl die Kinos alle Hygienevorschriften erfüllen und mit sehr leistungsfähigen Lüftungsanlagen für einen mehrmaligen Luftaustausch in ihren Sälen pro Stunde sorgen können. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, muss die neue Verordnung eine deutliche Erhöhung der zur Verfügung stehenden Sitzplatzkapazitäten vorsehen. „Nur ca. 30 Prozent der Sitzplätze nutzen zu können ist bei weitem nicht ausreichend.“
Staatliche Hilfe hat der Geislinger erhalten. Die Überbrückungshilfe I für die Monate Juli und August kam aufs Konto. Diese Hilfe deckt jedoch nur einen
Teil der Kosten. Allerdings nicht für Juni. Dort hatte Kern versucht, in Geislingen ein Autokino aufzuziehen, was wirtschaftlich aber nicht der erhoffte Erfolg wurde. Doch es wurden Umsätze generiert, was zur Streichung der Hilfen für Juni führte. „Es wäre wirtschaftlich gesehen besser gewesen, die Hände in den Schoß zu legen und Däumchen zu drehen“, so Kern. Die Überbrückungshilfe II für September und Oktober habe er beantragt, aber bisher noch nicht erhalten. Eine Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 Euro der beantragten Novemberhilfe sei ihm am 23. Dezember überwiesen worden, so Kern. Durchhalten könne er jedoch aktuell nur dank eines neuerlichen Bankkredits.Nicht verstehen kann der „Gloria“-Chef, dass die Kinos in Deutschland nicht alle gleich behandelt werden. Es gibt Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder das Saarland, berichtet Kern, die hätten eine eigene Kinohilfe zur Verfügung gestellt. Auch Bayern. Zwölf Millionen wären da beim ersten Lockdown zur Verfügung gestanden, weitere zwölf Millionen jetzt bei der zweiten Schließung. Das Geld werde dort entsprechend der Besucherzahl in 2019 ausgezahlt.
Nicht nur mehr finanzielle Hilfe wünscht sich Kern vom Land, auch eine klare Perspektive unter welchen Bedingungen die Filmtheater wieder öffnen dürfen – mit entsprechender Vorlaufzeit. Vier Wochen sollten das schon sein, so der Kinobetreiber. Denn solange würden die Filmverleiher benötigen, um ihr ebenfalls darniederliegendes Geschäft samt der dazugehörigen MarketingMaschinerie in Fahrt zu bringen, damit in den Lichtspielhäusern wieder Blockbuster gezeigt werden können. Solche großen Produktionen bräuchten die Kinos unbedingt, um überleben zu können. Und bundesweit einheitlich sollte die Wiedereröffnung der Kinos erfolgen. Beim letzten Mal hätten zwischen der Öffnung des ersten und des letzten Kinos acht Wochen gelegen, „Das kann es nicht sein“, so Kern. Der Bundesstart der großen Filme erfolgt immer an einem Tag. Der neue James Bond wäre so ein Highlight, von dem sich Kern mehrere wünscht. Doch 007 bittet um Geduld. Von Herbst 2019 war die Premiere auf April 2020 verschoben worden – fiel dann aber wegen des Lockdowns aus. Der neue Termin im November 2020 musste wegen der Corona-Pandemie erneut abgesagt werden. Nun soll der Streifen im April in die Kinos kommen – doch daran mag Kern noch nicht so richtig glauben.
Der Geislinger ist überzeugt davon, dass die Filmfreunde ihren Kinos die Treue halten, wenn der Corona-Spuk vorüber ist. „Sich bewusst für einen Film zu entscheiden, ihn im Kino zu erleben und gemeinsam zu lachen und zu weinen: Das gibt es nur im Kino!“ Allerdings bieten inzwischen auch große Filmgesellschaften aus Hollywood ihre Streifen über eigene Streamingdienste an – sehr zur Freude der Kapitalanleger, die da noch einen wachsenden Markt sehen. „Das kann“, so schätzt Kern, „aber so nicht weitergehen, denn irgendwann ist dieser Mark gesättigt und die Streamingdienste müssen teurer werden, damit sich die kostspieligen Filme rechnen. „Mulan“ hätte schon gezeigt, dass das Streaminggeschäft für die großen Filmproduktionen nicht aufgeht. Der Abenteuerfilm aus den Disney-Studios habe bei weitem die Kosten nicht mehr eingespielt, berichtet Branchenkenner Kern und ist überzeugt, dass das Filmgeschäft ohne die Kinos nicht laufen wird. Da bereitet ihm schon mehr Kummer, dass an den Kinos der Ruf hängen bleibt, sie würden das Virus verbreiten. „Das ist aber definitiv nicht der Fall“.Voller Zuversicht blickt Kern auf den Sommer. Die Planungen für das Sommernachtskino in der Geislinger Altstadt sind bereits angelaufen. „Wir hoffen beim Sponsoring auf eine positive Resonanz, so dass die Geislinger Fußgängerzone wieder in einen Kinosaal verwandelt und nach dem Ausfall in 2020 die Veranstaltung dann bereits zum fünften Mal stattfinden kann“, wünscht sich Kern.
PM Lothar Lehner Selbständiger Repräsentant des BVMW e. V.