Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) appelliert an den Landtag, bei der morgigen Diskussion um das neue Landesgrundsteuergesetz die Aufkommensneutralität nicht aus den Augen zu verlieren.
Aus Sicht der IHKs als Interessenvertreter der Südwestbetriebe müsse hierbei die kommunale Ebene klar einbezogen werden. Ziel des neuen Gesetzes müsse sein, dass Belastungen aus dieser Substanzsteuer nicht allein reformbedingt ansteigen. Daher müsse die Landesregierung klar festlegen, in welcher Weise die Aufkommensneutralität durch die Kommunen gewährleistet wird. „Die Kammern in Baden-Württemberg plädieren dafür, dass die sich rein rechnerisch ergebenden aufkommnesneutralen Hebesätze der Städte und Gemeinden öffentlich bekanntgegeben werden. Wenn schon nicht rechtlich bindend, könnte auf diese Weise zumindest der öffentliche Druck auf die Gemeinden erhöht werden, die Reform nicht zu einer strukturellen Erhöhung ihrer laufenden Einnahmen zu nutzen“, sagt Johannes Schmalzl, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, der beim BWIHK für Steuerfragen zuständigen Kammer.
Der BWIHK befürchtet, dass sich bei einer Neubewertung der Grundstücke, die Bodenrichtwerte flächendeckend erhöhen. In der Konsequenz sei mit einer stärkeren Belastung der Unternehmen zu rechnen. In besonderem Maß dürften davon Standorte in exponierter Lage betroffen sein. Insbesondere in attraktiven Stadtlagen könnte das neue Gesetz die Unternehmen hart treffen. Bei dann höheren Bodenrichtwerten und großen Grundstücksflächen sind Steuerhöhungen zu erwarten. Auch die angestrebte Aufkommensneutralität biete keine ausreichende Sicherheit für die Betriebe. Die Neubewertung führe in den meisten Fällen zu hohen positiven Wertentwicklungen der Grundstücke. Ohne weitere Änderungen an der Berechnung führe das zu einer deutlichen Steigerung des Grundsteueraufkommens. Um die Grundsteuer aufkommensneutral zu reformieren, müssten die Kommunen die Hebesätze als weiteren Parameter in der Berechnung in großem Umfang absenken. Die Höhe der Grundsteuer liegt in der Hand der Kommunen. Sie entscheiden somit auch über die Aufkommensneutralität. Der BWIHK sieht die Kommunen in der Pflicht, aktiv gegenzusteuern.
Ob das neue Gesetz in seiner jetzigen Ausgestaltung den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) an eine gleichmäßige Besteuerung Rechnung trage, bleibe abzuwarten. Die Betriebe haben hier ihre Zweifel, so der BWIHK. Wenn die neue Steuer direkt mit einer Ungleichbehandlung beginnt, hilft es nur wenig, dass das Land mit seinem Grundsteuermodell einen erfreulicherweise unbürokratischen Weg gehen will. Der BWIHK wirbt weiterhin dafür, Modellen den Vorzug zu geben, die unbürokratisch und wertunabhängig, wie das Flächenmodell, sind.
Hintergrund
Bisher wurde als Grundlage der Grundsteuer der sogenannte Einheitswert ermittelt, der in Baden-Württemberg auf den Wertverhältnissen von 1964 basiert. Da die Ermittlung der Wertansätze extrem aufwendig war, fand sie letztmals im Jahr 1964 statt. Am 10. April 2018 hatte das BVerfG die bisher gültige Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, weil die Gleichmäßigkeit der Besteuerung – nicht zuletzt aufgrund der ausgesetzten Aktualisierung – nicht gewährleistet ist (1 BvL 11/14).
Mit dem neuen Landesgrundsteuergesetz soll dies geändert werden. Für Grundstücke wird künftig ein neuer Bewertungsansatz gewählt, der auf der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert basiert. In vielen Fällen wird laut Einschätzung des BWIHK aus dieser Neubewertung eine Erhöhung der Steuerbelastung folgen. Auf die Unternehmen in Baden-Württemberg kommt außerdem ein geschätzter finanzieller Umstellungsaufwand von rund 80 Millionen Euro zu.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag