Ob Digitalisierung der Wertschöpfung, Künstliche Intelligenz oder Mobilitätswandel, die Herausforderungen für Baden-Württembergs Wettbewerbsfähigkeit liegen auf der Hand. „Es ist gut, dass die Landesregierung mit der Fortschreibung ihrer Innovationsstrategie eine Basis gelegt hat, um hier entschlossen voranzugehen“, erklärt Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) und der in Innovations- und Technologiefragen federführenden IHK Karlsruhe.
Innovation geht nicht ohne Investition. „Das Ziel, den Anteil der staatlichen/öffentlichen Investitionen an den Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Baden-Württemberg deutlich zu erhöhen, bewerten wir positiv. Denn unsere öffentlichen Forschungseinrichtungen sind ein wichtiger „Innovations-Pfeiler“. Die IHKs weisen bereits seit einigen Jahren darauf hin, dass es finanziellen Nachholbedarf gibt“, erklärte Wolfgang Grenke.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag fordert schon länger die Schließung der Förderlücke zwischen den Innovationsgutscheinen für kleine und mittlere Unternehmen des Landes und dem ZIM-Programm des Bundes bei der Innovationsfinanzierung für Unternehmen. Grenke unterstreicht: „Es ist gut für unsere KMU, dass die Landespolitik sich dies nun konkret vornimmt.“
„Wie unsere aktuellen BWIHK-Zahlen zeigen, halten Unternehmen die steuerliche Forschungsförderung, die seit Anfang des Jahres zusätzlich greift, als Standortfaktor für ebenso wichtig, wie die bewährte Zuschussförderung. Deshalb wünschen wir uns, dass sich das Land beim Bund weiter dafür einsetzt, die bislang vorgesehene maximale Fördersumme von 500.000 Euro pro Wirtschaftsjahr zu erhöhen. Denn sie beschränkt die Anreizwirkung gerade bei größeren Unternehmen.“, führt Wolfgang Grenke weiter aus.
Eine aktuelle BWIHK-Untersuchung hat ermittelt, dass ein Teil der hiesigen FuE-aktiven Unternehmen andere Länder/Regionen bei den Standortfaktoren für Forschung und Entwicklung (FuE) zum Teil besser aufgestellt sieht als Baden-Württemberg, etwa beim Angebot an Fachkräften. „Deshalb ist es richtig, dass die Innovationsstrategie des Landes die Themen Fachkräfte und berufliche Bildung deutlich berücksichtigt. Denn die Politik muss alle Anstrengung darauf verwenden, die Rahmenbedingungen für Innovationen weiter zu verbessern“, so Wolfgang Grenke. Neben dem Fachkräfteangebot gilt das zum Beispiel auch für die digitale Infrastruktur oder schnellere Zulassungs- und Genehmigungsverfahren. „Es dürfen sich hier im Vergleich mit anderen Ländern/Regionen keine nachteiligen Entwicklungen für das baden-württembergische Innovationssystem ergeben“, fordert BWIHK-Präsident Grenke.
Einen Fokus auf vielversprechende Zukunftsfelder wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zu legen, ist richtig. Gleiches gilt für das Thema Mobilität. Momentan konkurrieren weltweit Konzepte und Technologien. Präsident Grenke betont: „Für Baden-Württemberg als Mobilitäts- und Autoland ist Technologieoffenheit an dieser Stelle besonders wichtig. Ich bin überzeugt, dass neben batterie- und brennstoffzellenbasierter Elektromobilität Innovationen zur Optimierung von Verbrennungsmotoren und zur Erzeugung synthetischer Kraftstoffe für Baden-Württemberg auch in Zukunft von Bedeutung sind. Leider bleibt das Strategiepapier des Landes hierzu konkrete Aussagen schuldig. Eine zu einseitige Sichtweise könnte uns technologische Nachteile bescheren.“
Beim Zukunftsfeld Gesundheitswirtschaft sollte aus innovatorischer Sicht noch stärker als bisher auf die Medizintechnik gesetzt werden. „Baden-Württemberg hat in der Medizintechnik schon heute viele technologische Stärken. Wie sich die Landespolitik hier zukünftig konkret aufstellen will, bleibt im Strategiepapier ebenfalls offen“, stellt Wolfgang Grenke fest.
„Verwundert sind die IHKs, dass unsere Kernbranchen Automobil, Elektrotechnik und Maschinenbau in der Innovationsstrategie explizit kaum eine Rolle spielen. Und das, obwohl sie die wichtigsten Innovationstreiber im Land sind“, so Grenke weiter. Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg ist die Dominanz des Wirtschaftssektors bei Forschung und Entwicklung in Baden-Württemberg insbesondere auf den Kraftfahrzeugbau zurückzuführen. 2017 entfielen gut 54 % (12, 7 Mrd. Euro) der im Wirtschaftssektor in Baden-Württemberg investierten FuE-Aufwendungen (23,3 Mrd. Euro) allein auf diese Branche. Mit Anteilen von 11,8 % (rund 2,7 Mrd. Euro) und 9,5 % (rund 2,2 Mrd. Euro) folgen Elektrotechnik und Maschinenbau auf den Plätzen. Die Innovationsstärke zeigt sich auch bei den Patentanmeldungen. Die meisten Anmeldungen beim Deutschem Patent- und Markenamt stammten 2018 aus den drei oben genannten Branchen, aus denen mehrere baden-württembergische Unternehmen regelmäßig bundesweit zu den Top10 der größten Anmelder zählen.
Die Ergebnisse einer BWIHK-Umfrage zeigen, dass die Auslandsorientierung von FuE-aktiven Unternehmen vor allem bei den weniger „klassischen“ FuE-Arten zunimmt. Hierzu zählen unter anderem der Zukauf von etablierten Start-ups, die Gründung eigener Start-ups, aber auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Dienstleistungen. „Tendenziell muss für diese Arten von Forschung und Entwicklung davon ausgegangen werden, dass ein zukünftiger Aufwuchs an unternehmerischer FuE eher in anderen Ländern/Regionen und nicht so stark in Baden-Württemberg stattfindet. Dies sollte uns nachdenklich stimmen“, erklärt Wolfgang Grenke.
Umso wichtiger ist es, die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle entlang global ausgerichteter Wertschöpfungsketten in den identifizierten Zukunftsfeldern zu forcieren und die Rahmenbedingungen hierfür weiter zu verbessern, damit in Zukunft wieder mehr disruptive Innovationen aus Baden-Württemberg kommen. Das heißt auch, ein internationaler Blickwinkel gewinnt weiter an Bedeutung. „Leider lässt uns das Strategiepapier der Landespolitik im Unklaren darüber, welche Bedeutung das Thema neue Geschäftsmodelle in der Innovationspolitik zukünftig haben wird. Das angedachte ressortübergreifende Innovationslabor könnte ein geeigneter Ansatz sein, entsprechende technologiepolitische Maßnahmen zu entwickeln“, schlägt BWIHK-Präsident Grenke vor.
„Insgesamt kann die Innovationsstrategie des Landes eine Basis für die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für Innovationen in Baden-Württemberg sein. Aus BWIHK-Sicht bleibt aber Luft nach oben. Wichtig ist, die Strategie jetzt möglichst schnell zu konkretisieren und projektmäßig zu hinterlegen. Die IHKs bieten der Landespolitik hier weiterhin ihre Unterstützung an“, so Grenke abschließend.
Hintergrund:
Die baden-württembergischen IHKs unterstützen seit vielen Jahren mit ihren Technologie- und Innovationsberaterinnen/-beratern und Technologietransfermanagerinnen/-managern Unternehmen bei Innovationsthemen, beispielsweise durch persönliche Beratung, Vermittlung von Ansprech- und Kooperationspartnern in der Wissenschaft oder mit Informationsangeboten zu technologischen Trends und Entwicklungen.
Über die bei der IHK Karlsruhe verortete Federführung Technologie transportieren sie Erfahrungswerte an technologiepolitische Akteure und setzen sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Innovationen ein.
Mehrfach haben IHK-Untersuchungen aufgezeigt, dass die IHKs in Baden-Württemberg aus Sicht der Unternehmen die öffentlichen Transfereinrichtungen mit dem höchsten Nutzungsgrad sind. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen wenden sich an die IHK- Technologie- und Innovationsberatung.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag