„Die Gesundheit ist für die Deutschen ein sehr wichtiges, wenn nicht sogar das höchste Gut, wie auch Umfragen immer wieder bestätigen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) in Baden-Württemberg hat mit seinem umfassenden und ganzheitlichen Public-Health-Verständnis die Gesundheit der Bevölkerung im Blick. Dabei muss sich der ÖGD immer wieder enorm vielfältigen und neuen Themen annehmen – beispielsweise der Ansiedlung der tropischen Hyalomma-Zecke in Deutschland“, sagte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer bei der heutigen Vorstellung des Jahresberichts 2018 des Landesgesundheitsamtes (LGA). „Das LGA unterstützt als fachliche Leitstelle die 38 Gesundheitsämter im Land, die unter anderem Kinder vor ihrer Einschulung untersuchen und bei ansteckenden Erkrankungen wie Masern über die zu ergreifenden Maßnahmen entscheiden“, erklärte Reimer.
„Viele Aufgaben lassen sich nur in einem interdisziplinären fachlichen Netzwerk aus Expertinnen und Experten sowie Institutionen bewältigen“ ergänzte die Leiterin des Landesgesundheitsamtes, Dr. Karlin Stark und führte weiter aus: „Das LGA ist Bindeglied zwischen Gesundheitsbehörden, Politik und Wissenschaft. Es berät die Gesundheitsämter in den Stadt- und Landkreisen sowie andere Behörden und Institutionen zukunfts- und bürgerorientiert. So gibt das LGA auch Flyer und Broschüren heraus wie den im Januar veröffentlichten Leitfaden ‚Mutterschutz im Krankenhaus‘. Das LGA dokumentiert außerdem meldepflichtige Erkrankungen, erhebt den Impfstatus, bewertet Gesundheitsrisiken und stellt Berufskrankheiten fest.“
Tropische Hyalomma-Zecken auf dem Vormarsch?
Hyalomma-Zecken haben ein weites Verbreitungsgebiet. Dieses reicht von Südeuropa und Nordafrika bis zur Ukraine, Südrussland und den Mittleren Osten. In Mittel- und Nordeuropa kamen sie bisher nicht vor. Vor 2018 gab es in Deutschland nur einen Nachweis im Jahr 2015 und einen zweiten im Jahr 2016. 2018 waren es deutschlandweit deutlich mehr als 30 Funde der tropischen Zecken der Gattung Hyalomma, davon zwei in Baden-Württemberg. Im Jahr 2018 gab es mehr als 50 Beschreibungen und Nachweise. Die verfügbaren Zecken wurden auf das Vorhandensein des sogenannten CCHF-Virus (Erreger des gefährlichen Krim-Kongo-hämorrhagischen Fiebers) und Rickettsien untersucht. In keiner der Zecken konnte das CCHF-Virus nachgewiesen werden. Allerdings wurden in rund der Hälfte der untersuchten Zecken Rickettsia aeschlimannii gefunden. Bei Menschen verursachen Rickettsien unterschiedlichste Krankheitsbilder – beispielsweise Fleckfieber und Rickettsienpocken.
Die Hyalomma-Zecke ist größer als die heimischen Arten. Außerdem wartet sie nicht passiv, sondern sie kann Menschen und Tiere aktiv verfolgen. Heimische Arten, wie der sogenannte „gemeine Holzbock“ (Ixodes ricinus), eine Schildzecke, klettern in der Regel auf einen Grashalm oder ein Gebüsch und werden bei Kontakt mit einem Tier oder einem Mensch abgestreift.
Masern: bundeslandübergreifender Ausbruch sowie Masernimpfquoten
Masern sind extrem ansteckend. Die Krankheit wird in der Bevölkerung häufig unterschätzt, dabei kann sie schwerwiegende Folgen haben. Das Virus wird durch das Einatmen von Tröpfchen die Infizierte ausscheiden– etwa beim Sprechen, Husten oder Niesen – übertragen. Die Zeit von Ansteckung bis Erkrankung (Inkubationszeit) beträgt bei Masern etwa 14 Tage. Bereits drei bis vier Tage vor Ausbruch der Krankheit beginnen die Betroffenen den Erreger über die Schleimhäute und die Atmung auszuscheiden. Fast alle Menschen, die mit Masern-Infizierten Kontakt haben und nicht immun sind, stecken sich an. Masern-Erkrankungen verlaufen in der Regel mit hohem Fieber, Schnupfen, Bindehautentzündung und Husten. Masern-Viren haben die Eigenschaft das Immunsystem zu schwächen. Dadurch kann es zu Folgeinfektionen kommen: beispielweise Mittelohrentzündung, Hirnhautentzündung oder Lungenentzündung. Besonders schwer können Masern bei Säuglingen und Menschen mit Grunderkrankungen verlaufen.
Für das Jahr 2018 wurden in Baden-Württemberg 101 Masernfälle an das LGA übermittelt, hiervon erfüllten 89 Fälle die sogenannte Referenzdefinition (RD). 2019 wurden bisher 70 Fälle (62 mit erfüllter RD) in Baden-Württemberg übermittelt (Stand 5. Juli 2019). Der längste und größte Ausbruch im Jahr 2018 hielt 14 Wochen an und führte in Baden-Württemberg zu 40 Erkrankungsfällen. Primärfall des Ausbruchs war ein ungeimpfter Jugendlicher, der sich mit seiner Familie vier Wochen in Thailand aufhielt. Er erkrankte elf Tage nach Rückkehr und begab sich zwei Tage später in ärztliche Behandlung. Vier Geschwister des Jugendlichen und acht weitere ungeimpfte Personen, die sich zeitgleich in der Arztpraxis aufgehalten hatten, erkrankten – darunter eine Patientin aus einem benachbartem Landkreis. Der Masernausbruch hat eine bundeslandübergreifende Dimension, da Besucherinnen und Besucher aus Rheinland-Pfalz und Berlin angesteckt wurden.
Prävention internetbezogener Störungen
Die Nutzung von Internetanwendungen gehört für die meisten Menschen zum Alltag. Das Internet wird zur Kommunikation, zur Information, zum Spielen und zur Unterhaltung eingesetzt und eröffnet damit vielfältige Chancen und Möglichkeiten. Eine extensive Internet-Nutzung kann zur Entwicklung einer sogenannten internetbezogenen Störung führen. Alternativ wird von Onlinesucht, Internetabhängigkeit und pathologischem Internetgebrauch gesprochen. Darunter ist eine exzessive, sich weitgehend der Kontrolle entziehende Nutzung, die für Betroffene zu wiederholten negativen Konsequenzen und Funktionsbeeinträchtigungen führt, zu verstehen. Wichtig ist daher die Stärkung der Prävention internetbezogener Störungen.
Bei der Prävention internetbezogener Störungen steht die Sensibilisierung der Nutzerinnen und Nutzer für einen verantwortungsvollen, reflektierten Umgang mit Online-Medien im Vordergrund. Aus diesem Grunde beteiligt sich das LGA seit 2018 am Projekt ‚Net-Piloten‘ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und unterstützt dessen Umsetzung in Baden-Württemberg. Darüber hinaus hat das LGA 2019 – gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg in Kooperation mit der Landesstelle für Suchtfragen und dem Kommunalverband für Jugend und Soziales – eine Plakatkampagne zum Thema „Online-Pause“ für Eltern und Kinder gestartet. Die Aktion soll Eltern anregen über ihr eigenes Verhalten mit dem Handy beziehungsweise Smartphone in Gegenwart ihrer Kinder nachzudenken.
Erkenntnisse zur Motorik aus Einschulungsuntersuchung
Die Körpermotorik ist ein wesentliches Element der kindlichen Entwicklung. Die Chancen auf ein gesundes Aufwachsen sind nicht gleich verteilt: So sind Kinder aus sozial benachteiligten Familien häufiger motorisch auffällig, von Übergewicht betroffen und nehmen seltener an kostenlosen Früherkennungsuntersuchungen teil. Dies belegen auch Auswertungen der Einschulungsuntersuchungen in Baden-Württemberg, die auf rund einem Drittel der 90.000 untersuchten Kinder im Alter von vier und fünf Jahren aus dem Untersuchungsjahr 2016/2017 beruhen.
Große Unterschiede wurden zum Beispiel in der Körpermotorik deutlich: Insgesamt wurde bei jedem vierten Kind (27 Prozent) im Alter von fünf Jahren körpermotorische Auffälligkeiten festgestellt. Während 22 Prozent der Kinder mit hohem Sozialstatus körpermotorisch auffällig waren, lag dieser Anteil bei Kindern mit niedrigem Sozialstatus bei 32 Prozent und damit um zehn Prozentpunkte höher.
Der LGA-Jahresbericht 2018 kann im Internet auf der LGA-Seite unter Eingabe des Webcodes „222“ unter „Suche“ und auf der Seite des Regierungspräsidiums Stuttgart unter www.rp-stuttgart.de abgerufen werden. Sie können den Jahresbericht auch hier herunterladen.
PM Regierungspräsidium Stuttgart