In Baden‑Württemberg wurden im Verlauf des vergangenen Jahres 17 546 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert. Damit ist nach Angaben des Statistischen Landesamtes die Zahl der eingebürgerten Personen gegenüber dem Vorjahr um gut 4 Prozent angestiegen. Die Einbürgerungszahl lag somit im Südwesten so hoch wie seit dem Jahr 2003 nicht mehr. Gegenüber dem Jahr 2000 haben sich die Einbürgerungen allerdings um 40 Prozent verringert1
Jede fünfte Einbürgerung von türkischen Staatsangehörigen
Im vergangenen Jahr wurden in Baden‑Württemberg Ausländer aus insgesamt 143 Nationen eingebürgert. Mit Abstand am häufigsten – wie bereits in den Jahren zuvor – haben Türken (3 369) die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; jede fünfte Einbürgerung betraf damit Personen mit einer türkischen Staatsangehörigkeit. An zweiter Stelle folgen Einbürgerungen von Staatsangehörigen der Republik Kosovo (1 376), gefolgt von Staatsangehörigen Kroatiens (1 128). Unter den 15 Herkunftsstaaten mit der höchsten Zahl an Einbürgerungen waren neben 12 europäischen auch 2 asiatische Staaten – Irak und Iran – sowie Brasilien vertreten.
Hohe Einbürgerungsquote bei Irakern und Iranern
Dass Mitbürger aus der Türkei – absolut betrachtet – in Baden‑Württemberg am häufigsten eingebürgert werden, überrascht wenig, weil diese die größte ausländische Bevölkerungsgruppe bilden. Wird deshalb die Zahl der eingebürgerten Personen auf die jeweilige Bevölkerungsgruppe bezogen, so ergibt sich ein anderes Bild: Die Einbürgerungsquote der türkischen Bevölkerung lag im vergangenen Jahr bei 1,3 Prozent und damit nur geringfügig über derjenigen der Ausländer insgesamt (1,2 Prozent). Deutlich höher war die Einbürgerungsquote insbesondere bei Personen mit einer irakischen oder iranischen Staatsangehörigkeit mit jeweils rund 5 Prozent (Schaubild 3). Sehr gering war dagegen die Quote vor allem bei Staatsangehörigen aus dem EU-Mitgliedsstaat Italien (0,5 Prozent).
Mehr als die Hälfte der Eingebürgerten erhält doppelte Staatsbürgerschaft
Die Gründe für das unterschiedliche Einbürgerungsverhalten sind vielfältig. Entscheidend für die niedrige Quote bei Menschen aus EU-Staaten dürfte sein, dass diese auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft weitgehend den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt sind. Daneben spielt sicherlich auch die Frage eine Rolle, ob beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die frühere Staatsangehörigkeit beibehalten werden kann. Dies war nach Angaben des Statistischen Landesamts im Jahr 2015 immerhin bei über der Hälfte der Einbürgerungen der Fall (58 Prozent).2 Allerdings gab es je nach Herkunftsland erhebliche Unterschiede: So mussten beispielsweise bei den Eingebürgerten aus der Türkei und aus der Ukraine jeweils über 90 Prozent ihre frühere Staatsangehörigkeit aufgeben, während Eingebürgerte unter anderem aus Afghanistan und aus Syrien zu 100 Prozent ihre bisherige Staatsbürgerschaft behalten konnten.
Höchste Einbürgerungsquote im Stadtkreis Heidelberg
In den letzten Jahren ist bezüglich der Einbürgerungszahlen ein insgesamt positiver Trend zu beobachten. Dies gilt für die große Mehrzahl der Stadt- und Landkreise im Südwesten. Allerdings zeigen sich bei der Einbürgerungsquote, also bei der Zahl der Einbürgerungen bezogen auf die jeweilige Zahl der ausländischen Bevölkerung, weiterhin deutliche regionale Unterschiede: Am höchsten lag diese Quote zuletzt im Stadtkreis Heidelberg sowie in den Landkreisen Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald und Konstanz, wo im Zeitraum 2011 bis 2015 immerhin jeweils rund 8 Prozent der Ausländer eingebürgert wurden. Dagegen lag diese Quote im Enzkreis sowie im Stadtkreis Baden-Baden mit jeweils 4 Prozent lediglich halb so hoch.
Bewertung der Kreisergebnisse
Die Aussagekraft der berechneten regionalen Einbürgerungsquoten ist allerdings begrenzt und stellt allenfalls eine Momentaufnahme des regionalen Einbürgerungsverhaltens dar. Denn bereits temporär schwankende Bearbeitungskapazitäten in den kommunalen Stellen für die Einbürgerungsanträge können hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Allerdings gibt es Hinweise, dass regionale Unterschiede im Einbürgerungsverhalten nicht allein auf unsystematische Gründe zurückzuführen sind, sondern auch im Zusammenhang mit divergierende Bevölkerungsstrukturen zu sehen sind; so kam eine Studie3 zum Ergebnis, dass
die Einbürgerungsquote in Kreisen mit einem höheren Ausländeranteil tendenziell niedriger liegt;
in Kreisen mit einer hohen Anzahl an Einbürgerungen zu einer höheren Einbürgerungsquote führt – wohl weil Einbürgerungen »üblich« sind und verwaltungstechnisch häufig vollzogen werden;
ein Anstieg des Anteils von EU-Bürgern an der ausländischen Bevölkerung zu einer geringeren Einbürgerungsquote führt;
eine hohe Zahl an Behördenaktivitäten im Hinblick auf mögliche Einbürgerungen, insbesondere Informationsveranstaltungen, eine höhere Einbürgerungsquote bewirkt.
1 Bei diesem Zeitvergleich ist aber zu berücksichtigen, dass die Einbürgerungszahlen in den Jahren 2000 und 2001 „überhöht“ waren, weil in diesen beiden Jahren ein Teil der Einbürgerungen nach einer Übergangsregelung für Kinder vollzogen wurden, bei der nur bis zum 31.12.2000 Anträge gestellt werden konnten.
2 Grundsätzlich müssen Ausländer beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ihre bisherige aufgeben. Allerdings gibt es Gründe, nach denen das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht erlaubt, dass jemand neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt. So kann unter anderem dann die bisherige Staatsangehörigkeit beibehalten werden, wenn dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile entstehen, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen.
3 Vgl. Der Weg zum Pass – Baden‑Württembergische Erfahrungen mit Einbürgerungsprozessen, herausgegeben vom Ministerium für Integration Baden‑Württemberg, 2013, S. 10 ff. sowie S. 43.
Tabelle 1
Einbürgerungen in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000 | ||||
Jahr | Einbürgerungen insgesamt | Davon | ||
Männer | Frauen | Minderjährige | ||
2000 | 29.071 | 11.071 | 9.041 | 8.959 |
2001 | 28.112 | 8.831 | 8.694 | 10.587 |
2002 | 22.868 | 8.714 | 8.804 | 5.350 |
2003 | 19.454 | 7.898 | 7.811 | 3.745 |
2004 | 16.068 | 6.724 | 6.730 | 2.614 |
2005 | 15.024 | 6.281 | 6.534 | 2.209 |
2006 | 14.271 | 5.928 | 6.351 | 1.992 |
2007 | 12.972 | 5.251 | 6.039 | 1.682 |
2008 | 11.281 | 4.550 | 5.170 | 1.561 |
2009 | 12.212 | 4.909 | 5.530 | 1.773 |
2010 | 12.778 | 5.262 | 5.845 | 1.671 |
2011 | 14.223 | 5.799 | 6.602 | 1.822 |
2012 | 16.390 | 6.881 | 7.348 | 2.161 |
2013 | 16.062 | 6.696 | 7.413 | 1.953 |
2014 | 16.804 | 6.738 | 7.805 | 2.261 |
2015 | 17.546 | 6.799 | 8.235 | 2.512 |
Tabelle 2
Einbürgerungen und Einbürgerungsquote in Baden-Württemberg im Jahr 2015 nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten*) | |||
Staatsangehörigkeit | Einbürgerungen insgesamt | Einbürgerungsquote1) | |
*) Dargestellt sind die 15 Staatsangehörigkeiten mit den höchsten Einbürgerungszahlen.
1) Zahl der Einbürgerungen bezogen auf die jeweilige Staatsangehörigenzahl in Prozent. Quelle: Ausländerzentralregister. |
|||
Türkei | 3.369 | 1,3 | |
Kosovo | 1.376 | 2,9 | |
Kroatien | 1.128 | 1,4 | |
Italien | 869 | 0,5 | |
Griechenland | 813 | 1,1 | |
Rumänien | 735 | 0,9 | |
Polen | 665 | 0,9 | |
Irak | 594 | 5,3 | |
Ukraine | 476 | 3,4 | |
Bosnien und Herzegowina | 375 | 1,1 | |
Serbien | 342 | 0,8 | |
Russische Föderation | 309 | 1,1 | |
Iran, Islam. Republik | 260 | 4,6 | |
Bulgarien | 259 | 1,0 | |
Brasilien | 230 | 3,6 | |
alle Staatsangehörigkeiten | 17.546 | 1,2 |
Tabelle 3
Einbürgerungen in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 2011 bis 2015 | ||||||
Stadtkreis (SKR), Landkreis (LKR) |
Einbürgerungen | Einbürgerungsquote | ||||
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2011 – 20151) | |
Anzahl | Prozent | |||||
1) Einbürgerungen bezogen auf die Zahl der Ausländer insgesamt.
2) Aufgrund einer Systemumstellung konnten im Hohenlohekreis ein Teil der Einbürgerungen des Jahres 2013 erst in 2014 berücksichtigt werden. Quelle: Ausländerzentralregister. |
||||||
Stuttgart (SKR) | 1.748 | 1.747 | 1.612 | 1.697 | 2.072 | 6,6 |
Böblingen LKR) | 654 | 688 | 650 | 766 | 838 | 6,4 |
Esslingen (LKR) | 834 | 984 | 977 | 1.014 | 1.091 | 6,7 |
Göppingen (LKR) | 359 | 442 | 402 | 420 | 360 | 6,2 |
Ludwigsburg (LKR) | 850 | 996 | 883 | 913 | 890 | 5,8 |
Rems-Murr-Kreis (LKR) | 580 | 633 | 636 | 665 | 658 | 5,8 |
Heilbronn (SKR) | 216 | 355 | 321 | 409 | 412 | 6,6 |
Heilbronn (LKR) | 427 | 412 | 446 | 463 | 476 | 6,2 |
Hohenlohekreis (LKR)2) | 51 | 92 | 52 | 121 | 63 | 5,2 |
Schwäbisch Hall (LKR) | 151 | 185 | 172 | 210 | 181 | 6,6 |
Main-Tauber-Kreis (LKR) | 98 | 83 | 87 | 67 | 135 | 7,0 |
Heidenheim (LKR) | 169 | 214 | 184 | 148 | 138 | 6,4 |
Ostalbkreis (LKR) | 361 | 391 | 329 | 317 | 334 | 6,8 |
Baden-Baden (SKR) | 59 | 49 | 53 | 77 | 71 | 4,2 |
Karlsruhe (SKR) | 309 | 387 | 563 | 756 | 787 | 6,2 |
Karlsruhe (LKR) | 324 | 372 | 409 | 383 | 452 | 4,6 |
Rastatt (LKR) | 207 | 228 | 246 | 264 | 297 | 5,6 |
Heidelberg (SKR) | 333 | 425 | 366 | 389 | 396 | 8,3 |
Mannheim (SKR) | 615 | 850 | 943 | 949 | 907 | 6,3 |
Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) | 113 | 134 | 130 | 105 | 61 | 5,8 |
Rhein-Neckar-Kreis (LKR) | 735 | 767 | 736 | 751 | 730 | 7,0 |
Pforzheim (SKR) | 254 | 331 | 346 | 306 | 287 | 6,5 |
Calw (LKR) | 145 | 148 | 161 | 189 | 223 | 4,9 |
Enzkreis (LKR) | 119 | 172 | 169 | 163 | 185 | 4,0 |
Freudenstadt (LKR) | 85 | 102 | 97 | 119 | 151 | 5,7 |
Freiburg im Breisgau (SKR) | 280 | 425 | 515 | 457 | 414 | 7,0 |
Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) | 269 | 285 | 304 | 268 | 312 | 7,7 |
Emmendingen (LKR) | 173 | 199 | 193 | 132 | 173 | 7,7 |
Ortenaukreis (LKR) | 327 | 335 | 311 | 342 | 353 | 5,1 |
Rottweil (LKR) | 126 | 100 | 81 | 147 | 171 | 6,0 |
Schwarzwald-Baar-Kreis (LKR) | 227 | 257 | 254 | 269 | 251 | 5,5 |
Tuttlingen (LKR) | 209 | 202 | 176 | 249 | 229 | 7,1 |
Konstanz (LKR) | 445 | 531 | 482 | 482 | 453 | 7,7 |
Lörrach (LKR) | 362 | 344 | 337 | 322 | 335 | 6,5 |
Waldshut (LKR) | 216 | 238 | 236 | 253 | 290 | 7,2 |
Reutlingen (LKR) | 383 | 443 | 423 | 465 | 479 | 6,5 |
Tübingen (LKR) | 263 | 360 | 347 | 355 | 456 | 7,4 |
Zollernalbkreis (LKR) | 177 | 170 | 155 | 168 | 195 | 4,9 |
Ulm (SKR) | 192 | 338 | 291 | 297 | 294 | 6,8 |
Alb-Donau-Kreis (LKR) | 103 | 180 | 163 | 176 | 169 | 4,6 |
Biberach (LKR) | 101 | 156 | 163 | 152 | 142 | 6,1 |
Bodenseekreis (LKR) | 219 | 258 | 280 | 224 | 243 | 5,7 |
Ravensburg (LKR) | 276 | 297 | 302 | 294 | 284 | 6,7 |
Sigmaringen (LKR) | 79 | 85 | 79 | 91 | 108 | 4,7 |
Herausgegeben vom Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg.