Notfallpatienten sollen Schweregrad ihrer Beschwerden selbst einschätzen

Aktuell lässt sich aus zahlreichen persönlichen Gesprächen, als auch aus eigenen Erfahrungen ableiten, dass das Eintreten eines medizinischen Notfalles oftmals zu Reaktionen führt, die man bei Patienten und Umfeld durchaus als hilflos bezeichnen kann. Auch erwachsene Menschen, die sonst privat und beruflich stabil im Leben stehen treffen Maßnahmen die rational nicht nachvollziehbar sind.

Doch wenn es nach den Vorstellung aus der Politik, oder denen mancher Entscheidungsträger Kassenärztlicher Vereinigungen geht, dann sollen Notfallpatienten den Schweregrad ihrer Erkrankungen / Verletzungen selbst einschätzen, und sich dann an die richtige Versorgungsstelle wenden, ansonsten sollen Strafmaßnahmen in Form von Zuzahlungen drohen , so z.B. nach Aufsuchen einer zentralen Notaufnahme in Kliniken, und wenn es sich im Nachhinein herausstellt, dass eine solche Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen nicht gerechtfertigt war.

Solche oder vergleichbare Aussagen waren in den letzten Wochen oftmals in den Medien, und sorgen für große Verwunderung.

Als Rettungsfachkraft mit vierzig Dienstjahren, und 5000 Fortbildungsstunden, sind mir die akuten Ausnahmelagen an Notfallorten bestens bekannt. Die psychische Verfassung der Notfallpatienten ist oftmals den Ausnahmelagen angemessen. Man kann von alten und kranken Menschen, aber auch von Menschen mit eingeschränkter mentaler Fitness nicht erwarten, dass diese in der Lage sind, von ihnen als Bedrohungslage empfundene gesundheitlichen Beeinträchtigungen Ersteinschätzen zu können. Auch erwachsene Menschen, die sonst privat und beruflich stabil im Leben stehen treffen Maßnahmen die rational nicht nachvollziehbar sind.

Ich bin mehr als entsetzt, und es muss die berechtigte Frage gestattet sein, ob man mit solchen „Werbewirksamen“ Maßnahmen ggf. von Entscheidungsträgern selbst geschaffenen Missständen im Gesundheitswesen ablenken will.

Wenn Kostenträger und Politik verpflichtet sind, verantwortungsbewusst mit den Geldern der Versicherten umzugehen, dann sind diese erst recht verpflichtet, verantwortungsbewusst für die Bereitstellung funktionierender Systeme zum Erhaltung der Gesundheit und des Lebens der Versicherten zu sorgen. Die aktuellen Vorstöße dagegen sorgen für deutlich wahrnehmbare Verunsicherungen bei den Menschen, und es könnte zu weiteren Verlagerungen auf die Rettungsdienste kommen.

Dennoch – eine zeitnahe Notfalldiagnose, nebst Notfalltherapie am Notfallort kann Leben retten. Deshalb empfehle ich bei einem akuten medizinischen Notfall, den sofortigen Rettungsdienst – Notruf 112 Die ggf. zeitaufwendige Suche nach Hausarzt oder ärztlichem Notdienst,ist in akuten medizinischen Ausnahmelagen nicht unbedingt erforderlich.

Alfred Brandner

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