Zum ersten Mal wurde der Inklusionspreis 2015 und dann alle zwei Jahre verliehen. Da es pandemiebedingt letztes Jahr keine Ausschreibung gab, war es erfreulich, dass die Auslobung in diesem Jahr stattfand und sich neun Organisationen mit tollen Projekten der inklusiven Freizeitgestaltung beworben haben. Die Auswahl der Jury, die Mitte April tagte, fiel nicht leicht, da alle Bewerbungen als unterstützende und nachahmenswerte Projekte befunden wurden. Verschiedene Kriterien waren ausschlaggebend für die Auswahl der Preisträger: Nachhaltigkeit, landkreisweite Auswirkungen oder die besondere Idee und das ehrenamtliche Engagement sind nur einige davon.
Die neun Bewerbungen waren folgende (in alphabetischer Reihenfolge):
- Arbeits- und Lebensgemeinschaft Bad Boll mit dem Projekt „Inklusive Theaterwerkstatt“
- Behindertensportgemeinschaft Göppingen 1952 e.V. mit dem Projekt „Hilfe für ukrainische Kinder und Jugendliche“
- Bodelschwingh-Schule SBBZ mit den Förderschwerpunkten geistige und körperlich-motorische Entwicklung mit dem Projekt „Brücken bauen – Inklusive Freizeitgestaltung in Angeboten der offenen Jugendarbeit in Göppingen“
- CVJM Ebersbach mit dem Projekt „Gemischtes, inklusives Sommerzeltlager für Kinder der 4.-7. Klasse“
- Evangelische Akademie Bad Boll mit dem Projekt „Ferienwoche kreativ 2022 – Eintauchen ins Leben!“
- Landschule Bad Boll-Eckwälden e. V. mit dem Projekt „Inklusive Ferienfreizeiten auf der Jugendfarm“
- TSV Bad Boll e.V. mit dem Projekt „Einführung einer inklusiven Radsportgruppe“
- TV Altenstadt 1873 e.V. mit dem Projekt „Inklusiver Begegnungs- und Bewegungspark an der Fils“
- Viadukt – Hilfe für psychisch Kranke e.V. mit dem Projekt „PAN – Das Leben ist ein Abenteuer“
Am Mittwoch, 04. Mai 2022 waren die Preisträger eingeladen ihre Urkunden und Preise in Form von symbolischen Schecks im Rahmen einer Verleihungsfeier im Hohenstaufensaal des Landratsamtes entgegenzunehmen. Landrat Edgar Wolff machte gleich zu Beginn seines Grußwortes klar, dass die Inklusion ein wichtiger Baustein des gesellschaftlichen Zusammenhalts darstellt und im Vorwort des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention so beschrieben wird: „Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle Menschen mitmachen können. Niemand ist perfekt, das wissen wir. Aber in jedem Menschen stecken viele Fähigkeiten und Fertigkeiten. Diese Talente wollen wir entdecken, fördern und einfordern, denn unsere Gesellschaft will und braucht die Beiträge aller.“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft. Der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, Seite 3). Herr Landrat Wolff beschrieb: „Der Landkreis ist als zuständiger Planungsträger dafür verantwortlich, dass die Angebote der Behindertenhilfe bedarfsgerecht ausgebaut werden. Im Sinne der Weiterentwicklung von Inklusion weist der Teilhabeplan des Landkreises ausdrücklich darauf hin, dass Menschen mit Behinderung der Weg geebnet werden soll, soweit nur irgend möglich, an vorhandenen allgemeinen und inklusiven Angeboten für Freizeit, Bildung und Urlaub teilnehmen zu können.“ Er bedankte sich bei allen Akteuren, die ehrenamtlich und hauptamtlich dazu beitragen, dass dieses Ziel erreicht wird, egal ob sie sich hier beworben haben oder nicht, jedes Engagement sei wichtig. Ein weiterer Dank ging an die Hohenstaufenstiftung, die nicht nur den Inklusionspreis zu 2/3 stiftet, sondern viele weitere Projekte fördert. Herr Dr. Grebner nahm den Gedanken von Herrn Landrat Wolff auf und unterstrich die Notwendigkeit von inklusiven Freizeitangeboten. Er machte darauf aufmerksam, dass man sich als Organisation jederzeit mit einem guten und gesellschaftsrelevanten Projekt bei der Hohenstaufenstiftung bewerben könne, auch wenn der Inklusionspreis nur alle zwei Jahre ausgeschrieben wird. Dieser Rhythmus fördert die Besonderheit des Preises.
Es folgte die Verleihung der Preise, sowie die Vorstellung der Preisträger.
Der dritte Platz mit einem Preisgeld von 500 € wurde dem TV Altenstadt 1873 e.V. mit dem Projekt „Inklusiver Begegnungs- und Bewegungspark an der Fils“ verliehen.
Die offizielle Eröffnung des Begegnungs- und Bewegungsparks in Altenstadt lag erst wenige Tage zurück (01.05.2022). Das Projekt wurde federführend vom TV Altenstadt geleitet und hat noch sechs weitere Partner: Den Stadtbehindertenring Geislingen „STeiGle“, den Stadtjugendring Geislingen, den Skatepark Geislingen, den Jugendgemeinderat Geislingen, den Kreisjugendring Göppingen und die Samariterstiftung Altenstadt.
Frank Schäffner, stellvertretender Vorsitzender vom TV Altenstadt 1873 e.V. betonte: „Groß und Klein, Alt und Jung, Menschen mit und ohne Handicap werden hier zur gemeinsamen Bewegung durch besondere Sportgeräte animiert und begegnen sich dabei!“ Bereits in der Planungs- und Bauphase waren unterschiedliche Menschen beteiligt und gefragt. Planungen für zukünftige Sportangebote oder Seminare gibt es auch schon. Auch dafür hat die Jury des Inklusionspreises entschieden, dieses Projekt zu unterstützen: Um einen Anreiz und Hilfestellung zur Fortführung des Projektes zu geben.
Der zweite Platz mit einem Preisgeld von 1000 € wurde an den Verein Viadukt – Hilfe für psychisch Kranke mit dem Projekt „PAN – das Leben ist ein Abenteuer“ verliehen.
Seit dem Jahr 2019 gibt es beim Verein Viadukt dieses Projekt. Zwei Studenten der Sozialen Arbeit, Ina Schraml und Sandro Rotelli, die das Projekt bei Viadukt betreuen, erläuterten: „Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend aufgrund von traumatischen Ereignissen, sozialer Benachteiligung oder Suchterkrankungen wenige Erfahrungen in der Freizeitgestaltung sammeln konnten, wird hier eine Tür geöffnet und es sind sogar schon Freundschaften entstanden, Telefonnummern wurden ausgetauscht.“
Die Betreuerinnen und Betreuer helfen Freizeitaktivitäten in und um Göppingen kennenzulernen und neue Dinge auszuprobieren. Dieses Projekt befand die Jury als sehr nachhaltig, da es zu dem bereits Genannten auch auf lokale Vereine und Gruppen zurückgreift, Kooperationen entstehen und so bestehende Strukturen inklusiv genutzt und erweitert werden. Die Inklusion von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder Suchterkrankung ist ein wichtiges Thema, das hier angegangen wird. Damit leistet Viadukt einen besonderen Beitrag um 18-30-jährige Erwachsene mit diesem Hintergrund wieder in das „normale“ Leben zu integrieren, Neues zu entdecken und Freundschaften zu knüpfen.
Der erste Platz mit einem Preisgeld von 1500 € ging dieses Jahr an den CVJM Ebersbach/Fils e.V. mit dem Projekt „Gemischtes, inklusives Sommerzeltlager für Kinder der 4.-7. Klasse“.
Im Jahr 1997, also vor 25 Jahren, haben zum ersten Mal – auf Initiative eines ehrenamtlichen Mitarbeiters– Kinder mit Handicap auf einem Sommerzeltlager beim CVJM Ebersbach/ Fils teilgenommen. Landrat Wolff betonte in seiner Laudatio: „Viele von uns können sich das nicht vorstellen: Zelte, Wiese, spartanische Sanitäranlagen, eine Küche im Zelt, bis zu 80 Kinder und mittendrin ein Mädchen im Rollstuhl oder ein Junge mit Down-Syndrom. Doch es ist möglich und machbar – und das sehr erfolgreich!“
Jedes Jahr sind zwei bis fünf Kinder mit Handicap auf dem Sommerzeltlager dabei, jeweils ein ehrenamtlicher Mitarbeiter ist für das Kind mit geistiger oder körperlicher Behinderung verantwortlich. Das gesamte Zeltlager wird von Ehrenamtlichen konzipiert, geplant und durchgeführt und findet auf wechselnden Zeltplätzen statt. Auf-merksamkeit, Respekt und die wertschätzende Begleitung Einzelner werden als zentrale Aufgabe der Mitarbeitenden gesehen. Die pädagogische Zielsetzung beinhaltet Begegnung, gemeinsames Erleben und selbstverständliches Miteinander-Umgehen. Durch die zweiwöchige Erfahrung des inklusiven Miteinanders der Freizeitgestaltung von Kindern und auch der ehrenamtlichen Mitarbeiter werden Vorurteile abgebaut und neue Freundschaften aufgebaut.
Hans-Peter Goblirsch, Vorsitzender des CVJM Ebersbach/Fils, berichtete anhand von vielen Impressionen von der Wichtigkeit und Besonderheit der gemeinsamen Erlebnisse wie Sing- und Geschichtenrunden am Lagerfeuer, Bastelangeboten, Geländespielen und die Bewältigung besonderer Herausforderungen. So zeigte er ein Bild, wie ein Junge im Rollstuhl, an daran angebrachten Seilen, von anderen Kindern einen Berg hinaufgezogen wurde. „Die Aufgabe war erst erfüllt, wenn alle oben am Berg angekommen waren“, erklärte der langjährige Zeltlagerleiter dem staunenden Publikum.
Die Nachhaltigkeit des Projekts zeigt sich nicht nur in der regelmäßigen Beständigkeit, sondern auch in der Besetzung des Mitarbeiterteams. Als Premiere war im vergangenen Jahr ein junger Mann mit Down-Syndrom als Mitarbeiter im Küchen- und Spülteam im Einsatz, der selbst 4 Jahre lang als Teilnehmer auf dem Zeltlager mit dabei war. Dieses Projekt zeigt: Inklusion mit Teilhabe und Teilgabe ist möglich und trägt Früchte.
Herr Landrat Wolff gratulierte nochmals zum Schluss allen diesjährigen Preisträgern im Namen der Hohenstaufenstiftung und des Landkreises Göppingen, wünschte allen Projekten weiterhin gutes Gelingen und lud alle zu einem Glas Sekt und leckerem Fingerfood ein, mit dem dieser feierliche Anlass in geselliger Runde seinen Abschluss fand.
PM Landratsamt Göppingen Kreissozialamt Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung