Rettungsfachkraft will nicht länger schweigend zusehen. Sind die Sensationsgier und Schaulust die Ursache dafür, dass selbst Kinder sterben müssen ?

Eigene Beobachtungen und entsprechende Recherchen bestätigen einen Sachverhalt, der rational nicht nachvollziehbar ist.

Schaulustige mit der Gier nach Sensationen behindern zunehmend die Arbeit von Rettungsdiensten und Feuerwehren. Schwarze Rauchwolken und die Sondersignale der Einsatzfahrzeuge dienen den Sensationslüsternen als Wegweiser. Zudem kann man regelmäßig feststellen, dass Einsatzfahrzeuge gar als „Lotsen“ genutzt werden. „Interessierte“ Verkehrsteilnehmer schließen sich einfach an und fahren mit zum Einsatzort. In kürzester Zeit sind Straßen, Wege und Felder um die Einsatzorte dicht bevölkert. Aber dem nicht genug, selbst Anfahrtswege werden verstellt, und somit das zeitgerechte Eintreffen der Rettungskräfte verhindert.

Aus Sachsen – Anhalt kommt die Meldung, dass bei einem Brand zwei Kinder gestorben sind – Gaffer behinderten die Rettung. Feuerwehrleute fanden ein neunjähriges Mädchen und einen vierjährigen Jungen tot in einer brennenden Wohnung. Die drei anderen Kinder retteten sich selbst über das Dach auf ein Hinterhaus. Das Feuer brach gegen 23.20 Uhr im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Innenstadt aus. Mehr als 100 Schaulustige auf der Straße behinderten nach Aussagen der Polizei die Feuerwehrkräfte bei der Rettung. Die Polizeibeamten mussten Verstärkung anfordern, um die Schaulustigen im vorherrschenden Chaos von den Rettungskräften fernzuhalten.

Schaulustige amüsieren sich am Einsatzort, an einem im Vollbrand stehenden Stallgebäude, am erschreckten und panischen Verhalten der in letzter Minute, dem Feuer entflohenen Rinder. Dass die nun unberechenbaren Tiere, Feuerwehrangehörige und andere Helfer umrennen scheint die Stimmung zu heben. Das in hellen Flammen stehende Gebäude, bereitet den „Zuschauern“ sichtlich Freude. Das einstürzende Dach löst Jubelstürme aus. Die Stimmung am Unglücksort gleicht der auf einem Volksfest.

Gelegentlich werden Feuerwehrangehörige, die sich Zutritt zum Einsatzort verschaffen wollen angegriffen.

Es gibt gesicherte Erkenntnisse darüber, dass an Einsatzorten, wo Menschen in psychischer Ausnahmesituation damit drohen, von Hausdächern oder Brücken zu springen, diese von Schaulustigen mit lauten Rufen zur Ausübung des angedrohten Suizids regelrecht dazu aufgefordert werden. (springen, springen, springen)

Und nun die Steigerung der Brisanz. Medien berichteten darüber, dass Millionen Menschen einem Suizidenten im Internet, bei dessen grausamen Todeskampf zugeschaut hätten. Erst nachdem von der Web – Kamera keine Lebenszeichen mehr gesendet wurden, hatten einige der vielen „Todeszeugen“ die Polizei verständigt.

Bei Verkehrsunfällen konnte man schon beobachten, dass Eltern kleine Kinder auf die Schultern nahmen, so dass diese das Einsatzgeschehen besser verfolgen konnten. Gelegentlich wird um die besten Plätze gerungen.

Action ist gefragt. Die „Gaffer“ kennen keine Hemmungen und trampeln mit den Füßen in die Notfallkoffern der Einsatzkräfte.

Die Polizei muss Rettungsfachkräfte regelmäßig unterstützen. Gaffer werden gelegentlich unter Androhung von Zwangsmaßnahmen von Einsatzstellen verdrängt.

Da die Sensationsgier mancher Zeitgenossen, ich neige dazu, diese als regelrechte „Gailheit“ zu bezeichnen, offensichtlich und in beängstigender Form ständig zunimmt, stellt sich die berechtigte Frage nach der tatsächlichen Motivation dieser Zielgruppe der „Schaulustigen“. Was zieht diese Leute, die keine offiziellen Medienvertreter sind, in großer Anzahl zu den Notfallstellen. Sind die vielfältigen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung ausgelaugt? Benötigt man Gesprächsstoff um jeden Preis um dann Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen als dankbare Zuhörer zu finden? Was läuft in den Köpfen dieser Menschen ab?

Fakt ist, dieses Verhalten gibt reichlich Grund zur Sorge. Polizei, Feuerwehr- und Rettungsfachkräfte, haben oftmals allergrößte Schwierigkeiten „Notfall – Touristen“ von den Notfallstellen fernzuhalten. Sie stoßen auf Widerwillen und Unverständnis. Und gelegentlich werden Einsatzkräfte dann auch noch geschlagen!

Aber nicht nur Retter werden behindert. Die Schaulustigen bringen sich, die Einsatzkräfte und Umfeld oftmals auch in Situationen der akuten Lebensgefahr. An einer Einsatzstelle, konnte ich beobachten, wie sich einer der Gaffer, welcher sich inmitten des Geschehens befand, direkt neben einem beschädigten Flüssiggastanker, genussvoll eine Zigarette entzündete, um dann tief inhalierend die Brandbekämpfung verfolgte.

Lösungsansätze sind gefragt. Ich sehe mich nicht autorisiert die Frage nach eventuell krankhafter Motivation der Schaulustigen beantworten zu können. Fachkräfte aus der Wissenschaft müssten sich einbringen.

 

Alfred Brandner, Schwäbisch Gmünd

 

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