Baden-Württemberg und Bayern beherbergen rund 90 Prozent der Steinkrebsvorkommen in Deutschland. „Für uns in Baden-Württemberg geht daraus eine besondere Verantwortung zum Schutz dieser kleinen und bedeutsamen Krebsart hervor. Der Schutz des Steinkrebses ist uns ein großes Anliegen“, erklärte Regierungspräsident Wolfgang Reimer anlässlich der Vorstellung der Studie zur Wirksamkeit der ersten in Baden-Württemberg realisierten Krebssperren, die heute veröffentlicht wurde.
Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) ist Baden-Württembergs kleinste einheimische Krebsart. Er spielt als Allesfresser und Verwerter praktisch jeder organischen Substanz eine wichtige Rolle im Gefüge eines intakten ökologischen Gewässersystems. Über tausende von Jahren war der für aquatische Ökosysteme sehr bedeutsame Steinkrebs in weiten Teilen Baden-Württembergs flächendeckend verbreitet. Seit mehreren Jahren ist ein dramatischer Rückgang der Steinkrebsvorkommen zu verzeichnen. Viele lokale Populationen sind bereits unwiederbringlich erloschen. Sein Erhaltungszustand wird als „ungünstig-schlecht“ eingeschätzt.
Ursachen für diese Entwicklung sind Lebensraumverlust und Gewässerverschmutzungen. „Die Hauptursache für das Verschwinden unseres Steinkrebses ist die Infektion mit der Krebspest. Die Krebspest ist eine durch nicht einheimische Krebse eingeschleppte Seuche, die für alle unsere heimischen Krebsarten in jedem Fall tödlich ausgeht. Sie führt somit unweigerlich zum vollständigen Verlust der heimischen (Stein-)Krebspopulationen in unseren Gewässersystemen“, so Reimer. Besonders bedrohlich für den Steinkrebs ist die Invasion durch den nordamerikanischen Signalkrebs. Er besetzt den gleichen Lebensraum wie der Steinkrebs und überträgt die Krebspest – ist selbst aber wenig anfällig für sie.
Die derzeit einzige erfolgversprechende Strategie zum Schutz der Steinkrebse ist die Errichtung sogenannter Krebssperren. Gemeint sind damit Vorrichtungen, die für Flusskrebse nicht passierbar sind und daher invasiven Krebsarten – und somit auch der Krebspest – den Zugang zu den Lebensräumen des Steinkrebses verwehren. Solche Sperren wurden 2014 zum ersten Mal in Baden-Württemberg realisiert – und zwar im Oberlauf der Bottwar im Landkreis Ludwigsburg.
Die Wirksamkeit dieser Krebssperren hat der Landesfischereiverband Baden-Württemberg in enger Zusammenarbeit mit der Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Stuttgart untersuchen lassen. Die wesentlichen Erkenntnisse der Studie sind:
- Keine der untersuchten Sperren konnte von Flusskrebsen überwunden werden
- Es wurde ein intakter Steinkrebsbestand oberhalb der Krebssperren gefunden
- Im Vergleichsgewässer ohne Krebssperren wurde ein vollständiger Verlust der Steinkrebse festgestellt
Thomas Wahl, Präsident des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg e.V., sagte: „Wir freuen uns, mit den Krebssperren ein Mittel gefunden zu haben, um die letzten Steinkrebsvorkommen wirkungsvoll zu schützen. Gemeinsam mit den Behörden werden wir uns dieser Aufgabe stellen.“
„Mein Dank gilt dem Landesfischereiverband Baden-Württemberg für eine gute und enge Zusammenarbeit“, so Reimer abschließend.
Hintergrundinformationen:
Drei Jahre nach ihrer Errichtung im Jahr 2014 hat der Landesfischereiverband Baden-Württemberg in enger Zusammenarbeit mit der Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Stuttgart die Wirksamkeit dieser Krebssperren in der nun veröffentlichten Broschüre untersuchen lassen. Die zum größten Teil aus Mitteln der Fischereiabgabe finanzierte Studie macht zum einen das Schicksal des Steinkrebses bei Untätigkeit oder verzögertem Handeln klar, zeigt auf der anderen Seite auch Wege für einen erfolgreichen und langfristigen Schutz von Steinkrebspopulationen auf.
Die Borschüre ist unter https://www.lfvbw.de/2-uncategorised/1470-artenschutz-durch-krebssperren abrufbar.
PM Regierungspräsidium Stuttgart