Ein besonderes Beispiel der digitalen Mitgestaltung ist die OpenStreetMap (abgekürzt: OSM). Am Wochenende ist Heidelberg das Zentrum der OSM-Community. Vom 21. bis zum 23. September kommen rund 500 Mapper aus der ganzen Welt in der Universitätsstadt am Neckar zusammen, um sich im Rahmen der jährlichen internationalen Konferenz „State of the Map“ (SotM) über die Weiterentwicklung des digitalen Kartenwerks auszutauschen. Denn ausschließlich Ehrenamtliche entwickeln die Karte im Rahmen einer weltweiten Community weiter.
Guillaume Rischard, Mapper bei OpenStreetMap: „Vor 15 Jahren gab es für digitale Geräte nur sehr teure Kartendaten, die aber meist veraltet, unvollständig und in ihrer Nutzung rechtlich stark eingeschränkt waren. Da haben wir die Karten selbst gemacht. OpenStreetMap ist eine stille und nützliche digitale Revolution der Bürger.“
Die internationale OpenStreetMap Community besteht aus Mappern (die die Daten erfassen) und Entwicklern (die passende freie Software entwickeln). Die diesjährige Konferenz wird an der Universität Heidelberg veranstaltet, welche die Veranstaltung unterstützt – auch die Forschung untersucht die Möglichkeiten und Herausforderung nutzergenerierter Geodaten. Die Zahl und Bandbreite der Nutzer wächst ständig. Dazu zählen: die öffentliche Hand, Nicht-Regierungs-Organisationen oder namhafte Firmen wie Facebook und Microsoft. Im Umfeld der Konferenz finden weitere Treffen statt, etwa „HOT Summit“ des Humanitarian OpenStreetMap Teams (HOT). Dort sind vor allem Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz oder Ärzte ohne Grenzen vertreten, die aktuelle Geodaten und Karten für Ihre Arbeit in Entwicklungsländern benötigen.
Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg ist Platin Sponsor der Veranstaltung. Verkehrsminister Winfried Hermann, MdL, war bei der Konferenzeröffnung mit einer Videobotschaft präsent. Er sieht in dem Projekt große Chancen: „OpenStreetMap ist eine Karte von Bürgerinnen und Bürgern für Bürgerinnen und Bürger. Diese Karte ist nicht nur sehr genau und zuverlässig, sondern auch ein zutiefst demokratisches Projekt: Es dient nicht der effizienten Gewinnerzielung, sondern ist eine gesellschaftliche Initiative auf breiten Schultern – ein Stück öffentliche, digitale Infrastruktur. Nachhaltige Mobilität und frei verfügbare Daten passen sehr gut zusammen. Open Data fördert Innovation und hilft, digitale Monopole zu verhindern.“
Landeseinrichtungen wie die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg oder die Landesstelle für Straßentechnik beteiligten sich an der Konferenz. Verschiedene digitale Mobilitätslösungen des Landes Baden-Württemberg bauen auf OSM auf. Der Radroutenplaner Baden-Württemberg beispielsweise nutzt OSM als Hintergrundkarte. In der elektronischen Fahrplanauskunft (EFA-BW) wird das Wegenetz der offenen Karte für Reiseauskünfte verwendet, um Bürgerinnen und Bürgern die gesamte Mobilitätskette zu beschreiben, OSM liefert zudem den Kartenhintergrund. Ferner beteiligt sich die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) aktiv an der Pflege und weiteren Verbesserung von OSM. Die Tochtergesellschaft des Landes wird der OpenStreetMap-Community Daten und Fotos von allen Haltestellen und Bahnhöfen bereitstellen, um den mobilen Nutzern bessere Orientierung zu ermöglichen.
Joachim Kast, Aktiver bei OpenStreetMap: „Freie Projekte benötigen auch freie Daten. Allerdings ist die Nutzung offener Geodaten sehr komplex. In Deutschland ist das Vermessungs- und Geoinformationswesen Ländersache. Daher ist das Engagement der Landesregierung von Baden-Württemberg sehr zu begrüßen. Gemeinsam geht es leichter.“
Auf der Konferenz „State of the Map“ werden dieses Jahr viele aktuelle Entwicklungen besprochen, etwa in Bezug auf die globalen OpenStreetMap Daten, das umfangreiche technologische Ökosystem der Software, zukunftsträchtige methodischen Fortschritte sowie das Dauerthema Open Data und Lizenzen. Oft sind bestehende Lizenzen anderer Anbieter und der öffentlichen Hand nicht kompatibel mit der Open-StreetMap-Lizenz, was die Nutzung in vielen interessanten Anwendungsfällen erschwert
oder gar verhindert. Hierdurch entsteht durch nicht ausgeschöpfte Potentiale auch ein volkswirtschaftlicher Schaden, der durch bessere Zusammenarbeit aller Akteure vermindert werden könnte.
Informationen zu OpenStreetMap:
OpenStreetMap ist ein im Jahr 2004 gegründetes Projekt mit dem Ziel, eine Kartengrundlage für digitale Anwendungen von der Stadtplanung bis zur Navigation zur Verfügung zu stellen. Erster Mapper war Steve Coast, der im Vereinigten Königreich vor 15 Jahren begann, eigene Karten zu erstellen. Die Mitglieder der OpenStreetMap Community sammeln weltweit Daten über Straßen, Flüsse, Wälder, Häuser sowie wichtige Daten mit Mobilitätsbezug wie etwa Straßen, Bahnstrecken, Haltepunkte
oder Elektrotankstellen. Die Freiwilligen beteiligen sich am sogenannten Mapping, in dem sie mit einem GPS-Gerät Kartendaten erfassen und bei OpenStreetMap eingeben. Andere zeichnen dafür zugelassene Luftbilder ab und vervollständigen die Daten vor Ort. Ebenso sind Programmierer gefragt, um an der zentralen Datenbank, an den Editoren, an der Software, die die Karten zeichnet, oder an Hilfsprogrammen mitzuwirken. Weil die Daten selbständig von der Community erhoben werden und nicht aus existierenden Karten übernommen werden, hat OpenStreetMap alle Rechte daran. Die Karte darf jeder, ob Privatleute, Vereine, Firmen oder Institutionen, lizenzkostenfrei einsetzen und weiterverarbeiten. OpenStreetMap beendet die Abhängigkeit von den Anbietern proprietärer Daten und setzt dem reinen Konsumieren kreative Aktivität entgegen. Durch die Zusammenarbeit der Projektmitglieder entsteht eine freie Geodatenbank, die unter www.openstreetmap.org weltweit allen Menschen zur Verfügung steht – lizenzkostenfrei für jedermann verfügbar, auch zur kommerziellen Anwendung.
In Deutschland trifft sich die OpenStreetMap-Community auch auf regionaler Ebene. Das jährliche Treffen findet im Rahmen der FOSSGIS statt. Der FOSSGIS e.V. ist als deutscher Ableger der OpenStreetMap Foundation anerkannt.
PM Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg