Erbschaftssteuer: Ministerpräsident Kretschmann: Höchste Zeit für eine verfassungskonforme Einigung; Handwerkskammer: Betriebe im Land brauchen Rechtssicherheit; IHK setzt auf Unterstützung von Kretschmann

Ministerpräsident Kretschmann: Höchste Zeit für eine verfassungskonforme Einigung, die Generationenwechsel der mittelständischen und familiengefährdeten Unternehmen im Land nicht gefährdet

Zur Einigung von CDU, CSU und SPD über eine Reform der Erbschaftsteuer, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer an diesem Montag (20 Juni 2016) in einer gemeinsamen Erklärung veröffentlicht haben, stellt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fest:

„Es war höchste Zeit für eine Einigung. Nicht nur, weil das Bundesverfassungsgericht eine Reform bis Ende Juni 2016 gefordert hatte – der Bundesrat hatte bis Ende September 2015 seine Hausaufgaben gemacht, indem der seinerzeit ausführlich zum Entwurf Stellung bezogen hatte. Auch die baden-württembergischen Unternehmen und unsere Steuerverwaltung müssen endlich wissen, was auf sie zukommt. Sie brauchen Planungs- und Rechtssicherheit. Wichtig war daher, dass die Bundeskoalition jetzt einen Kompromiss gefunden hat. Eine nähere Prüfung kann allerdings erst erfolgen, wenn der Gesetzentwurf vorliegt.

Baden-Württemberg hat sich von Beginn des Gesetzgebungsverfahrens für eine verfassungsfeste Reform eingesetzt, die gleichzeitig den Generationenwechsel der vielen mittelständischen und familiengeführten Betrieben in Baden-Württemberg nicht gefährdet.“
Betriebe im Land brauchen Rechtssicherheit

„Wir hoffen auf Rechtssicherheit“, sagte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold zur heutigen Einigung der Berliner Koalition zur Erbschaftsteuer. Der Kompromiss dürfe nicht zum Spielball parteipolitischer Profilierungsversuche werden.

Für kleine Betriebe bis maximal fünf Beschäftigte sind besonders niedrige bürokratische Belastungen vorgesehen. Reichhold: „Solche Betriebe müssen für die Steuerverschonung keinen Arbeitsplatzerhalt nachweisen.“ Im ursprünglichen Entwurf lag die Grenze bei drei Beschäftigten.

Reichhold begrüßte dies einerseits als Baustein des angestrebten Bürokratieabbaus für Betriebe. Der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) befürchtet jedoch auf der anderen Seite Mehrbelastungen im Handwerk, weil Verschärfungen im Bereich des Verwaltungsvermögens drohen. Rund 18.000 Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg planen ihre Nachfolge: „Sie sind auf Rechtssicherheit angewiesen.“ Die Regierungskoalition im Bund habe im Bundesrat keine Mehrheit. Es komme deshalb nun auch auf die Stimme der grün-schwarzen Landesregierung an. Das Handwerk mahnt alle Parteien, an einem Strick zu ziehen.

IHK begrüßt Ende der Hängepartie – Fichtner setzt auf Unterstützung von Kretschmann im Bundesrat

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart begrüßt, dass die Familienunternehmen mit dem heute vorgelegten Kompromiss zur Reform der Erbschaftssteuer bald Rechtssicherheit haben. „Diese Hängepartie ist sehr kontraproduktiv für die strategische Nachfolgeplanung in vielen unserer Betriebe“, betont IHK Präsident Georg Fichtner. Jetzt gehe es darum, dass der Bundesrat dem Kompromiss rasch zustimmt. Hier setzt Fichtner auf die Zustimmung der grün-schwarzen Landesregierung und insbesondere darauf, dass Ministerpräsident Kretschmann im Lager der Länder mit grüner Regierungsbeteiligung für Zustimmung wirbt.

Laut Fichtner enthält der heutige Vorschlag von CDU, CSU und SPD im Gegensatz zu früheren Festlegungen eine Reihe von Verbesserungen. Das schematisierte, so genannte vereinfachte Bewertungsverfahren habe jetzt realistische Wertansätze. Die andauernde Niedrigzinsphase habe dazu geführt, dass im vereinfachten Ertragswertverfahren derzeit der Kapitalisierungsfaktor, der multipliziert mit dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag den Unternehmenswert ergibt, bei 17,86 liegt. Jetzt werde der Faktor auf 10 bis maximal 12,5 abgesenkt.

Als weitere Verbesserungen sieht Fichtner, dass Besonderheiten der Familienunternehmen bei der Wertermittlung berücksichtigt werden. Gesellschaftsverträge in den Familienunternehmen sehen regelmäßig vor, dass die Anteile nur innerhalb der Familie oder zu bestimmten Wertansätzen veräußert werden dürfen. Das schränkt den Wert erheblich ein, da die Anteile nicht frei am Markt verkauft werden können. Diese Einschränkungen werden jetzt bereits bei der Bewertung der Anteile durch einen Abschlag von 30 Prozent berücksichtigt. „Es freut mich, dass die Politik diese IHK-Forderung aufgegriffen hat“, so Fichtner.

Zudem spiele jetzt die Lohnsumme als Voraussetzung für die erbschaftsteuerliche Vergünstigungen erst bei mehr als fünf Beschäftigten eine Rolle. Vorher lag die Grenze bei drei Beschäftigten. „Davon können vor allem die vielen IHK-zugehörigen Kleinstbetriebe profitieren“, so der IHK-Präsident.

Kritisch sieht der IHK-Präsident, dass künftig die für den laufenden Betrieb nötigen Finanzmittel nur noch zu 15 Prozent zum begünstigten Vermögen gerechnet werden. Bisher habe die Regierungskoalition eine 20-Prozent-Grenze in Aussicht gestellt.

Zudem sei die langfristige Auswirkung der künftigen Regeln auf Substanz und Arbeitsplatzangebot der Familienbetrieb noch nicht abzusehen. Hier habe die Finanzverwaltung die verantwortungsvolle Aufgabe, das neue Erbschaftsrecht für Unternehmen und ihre Beschäftigten in die Praxis umzusetzen.

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