Nach Suizid in Abschiebungshaft Pforzheim – Flüchtlingsrat BW fordert migrationspolitischen Kurswechsel und bessere Haftbedingungen

Anfang November hat sich ein Mann in der Abschiebungshaft Pforzheim das Leben genommen. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ist bestürzt über dieses traurige Ereignis und fordert einen Kurswechsel in der Migrationspolitik. Kurzfristig müssen wenigstens die Lebensbedingungen in der Abschiebungshaft Pforzheim verbessert werden, insbesondere was die medizinische Versorgung von psychisch erkrankten Menschen betrifft.

Es ist wenig bekannt über den Mann, dessen Leben am 03. November 2025 in der Abschiebungshaft Pforzheim ein Ende nahm – welche Träume er hatte, ob er Familienangehörige hinterlässt oder was letztendlich genau dazu geführt hat, dass Suizid für ihn zum letzten Ausweg wurde. Was bekannt ist: Die letzten Tage seines Lebens hat der Mann inhaftiert verbracht. In Abschiebungshaftanstalten werden Menschen festgehalten, nicht etwa, weil sie strafrechtlich verurteilt worden wären, sondern um die Durchführung ihrer Abschiebung zu erleichtern.

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg nimmt den Tod dieses Mannes zum Anlass, um ganz grundsätzliche Kritik an einer migrationspolitischen Debatte zu üben, in der Abschiebungen häufig als Erfolge verkauft werden: „Abschiebungen bedeuten, dass Menschen gegen ihren Willen aus Deutschland entfernt werden, weil sie durch alle aufenthaltsrechtlichen Raster gefallen sind. Wir dürfen niemals vergessen, dass hinter jeder Abschiebung ein Einzelschicksal steht. Menschen haben panische Angst vor Abschiebungen, die für sie einen Akt der Gewalt darstellen, die ihre Pläne brutal durchkreuzen, manchmal ihr Leben in Gefahr bringen“, so Anja Bartel vom Flüchtlingsrat.

Auch das Instrument der Abschiebungshaft gerät immer wieder in Kritik, stellt eine Freiheitsentziehung doch einen tiefgreifenden Eingriff in die Grundrechte dar. In Baden-Württemberg kritisiert der Flüchtlingsrat schon seit Jahren die Lebensbedingungen in der Abschiebungshafteinrichtung Pforzheim. Insbesondere was die medizinische Versorgung von psychisch erkrankten Insassen betrifft, beklagt der Verein katastrophale Zustände: „Tatsächlich werden Menschen, die Suizidgedanken äußern, in der Abschiebungshaft regelmäßig in eine Isolationszelle gesteckt, den sogenannten Bunker, in dem sie zum Teil tagelang verharren müssen. Dass das kein adäquater Umgang mit Selbstmordgedanken ist, steht außer Frage“, kommentiert Bartel weiter.

Neben einem verbesserten Zugang zu medizinischer Versorgung fordert der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg die Landesregierung außerdem zu einer angemessenen Aufarbeitung des Suizids auf: „Es ist ein Mensch gestorben. Die Behörden und das Justizministerium dürfen nicht einfach so zum Tagesgeschäft zurückkehren. Vielmehr muss genau untersucht werden, wie es in diesem Fall so weit kommen konnte und welche präventiven Maßnahmen ergriffen werden müssen, um weitere Selbstmorde zu verhindern“, so Bartel abschließend.

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg engagiert sich als gemeinnütziger Verein in ganz Baden-Württemberg für geflüchtete Menschen. Wir unterstützen durch Beratungen und Schulungen, stellen umfassende Informationen zur sozialen und rechtlichen Situation in Baden-Württemberg zur Verfügung und informieren über die Asyl- und Migrationspolitik. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Gespräche mit der Politik sowie gesellschaftlichen Gruppierungen setzen wir uns für die Rechte Geflüchteter und für eine menschliche Flüchtlingspolitik in Baden-Württemberg ein. Auf Bundesebene arbeitet der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg eng mit Pro Asyl und den anderen Landesflüchtlingsräten zusammen.

 

PM FLÜCHTLINGSRAT BADEN-WÜRTTEMBERG e.V.

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