Es gibt sie, die Wildnisgebiete. Doch lediglich auf 0,62 Prozent der Flächen in Deutschland. Mehr als zwei Prozent könnten es sein. Das ist das Ergebnis der ersten bundesweiten Wildnisbilanzierung, die die Heinz Sielmann Stiftung, die Naturstiftung David und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt heute veröffentlicht haben. Als Teil der Initiative „Wildnis in Deutschland” betont der NABU die besondere Bedeutung von Wildnisgebieten für Mensch, Natur und Wissenschaft.
Nur zwei Wildnisgebiete im Südwesten
Selbst im dichtbesiedelten Baden-Württemberg finden sich, dank des Nationalparks und eines knapp 500 Hektar großen Bannwaldgebietes im Biosphärengebiet Schwarzwald, größere unzerschnittene Wildnisgebiete. Doch diese zwei Diamanten sind aktuell die einzigen. Für NABU-Naturschutzexpertin Ingrid Eberhardt-Schad zeigt die Bilanz, wie dringlich der Zusammenschluss der beiden Nationalparkhälften benötigt wird: „In Wildnisgebieten wie dem Nationalpark Schwarzwald hat die Natur wieder Raum und Zeit, sich aus eigener Kraft zu entwickeln. Eine große Mehrheit der Menschen in unserem Land wünscht sich mehr Wildnis vor der eigenen Haustür. Sie ist nicht nur ein Ort für Naherholung und Naturerlebnisse, sondern kann auch dem natürlichen Wasserhaushalt und als Kohlenstoffspeicher im Kampf gegen die Klimakrise dienen. Nicht zuletzt ist sie für Forschung und Wissenschaft ein spannendes Echtzeit-Labor, das zeigt, wie sich Natur unter den aktuellen Bedingungen ohne menschliche Steuerung entwickelt.”
Hintergrund:
Die Bundesregierung möchte in ihrer Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt auf mindestens zwei Prozent der Landfläche Deutschlands Wildnis entstehen lassen. Laut NABU tragen Bund und Länder daher eine besondere Verantwortung, das Potenzial ihrer eigenen Flächen zu nutzen. Neben den Kernzonen von Nationalparken und einigen großen Naturschutzgebieten ist Wildnis mittlerweile auch auf Flächen der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe zu finden. Die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe setzt sich aktiv für mehr Wildnis in Deutschland ein, indem sie Flächen für die natürliche Entwicklung sichert. Weitere Informationen
Wildnisgebiete sind ausreichend große und weitgehend unzerschnittene, dauerhaft nutzungsfreie Gebiete. Neben natürlichen Lebensräumen kann Wildnis auch auf stark vom Menschen geprägten Flächen entstehen – wie beispielsweise ehemaligen Bergbau- und Militärflächen. Damit sich natürliche Prozesse in ihren vielfältigen Ausprägungen wirksam entfalten können und Konflikte mit der angrenzenden Kulturlandschaft minimiert werden, bedarf es möglichst großer und zusammenhängender Gebiete. Als Untergrenze für großflächige Wildnisgebiete haben Bund und Länder einen Flächenumfang von 1.000 Hektar definiert (500 Hektar bei Auen, Mooren, Küsten und Seen).
Weitere Infos zur Initiative „Wildnis in Deutschland“ (https://wildnisindeutschland.de) und zur Studie (https://wildnisindeutschland.de/wildnisbilanzierungsstudie/).
Wildnis liegt im Trend: In einer Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) sagen knapp zwei Drittel (61 Prozent) der erwachsenen Bevölkerung, dass es noch mehr Wildnis in Deutschland geben sollte (2013: 42 Prozent). Zur Studie „Naturbewusstsein 2023“ des Bundesamts für Naturschutz.
Weitere Infos zum Nationalpark Schwarzwald
PM NABU Baden-Württemberg